Die Hoehle
unsichtbar. Doch wir existieren. Dein Bewusstsein wird dies nicht verstehen.«
L angsam aber sicher ereilte John das Gefühl, er würde durchdrehen. So musste sich ein Irrer fühlen, wenn er plötzlich Stimmen hört und nicht weiß, wo sie herkommen. Man redet mit ihnen, sie antworten, dennoch ist niemand anwesend, den man sieht.
Vielleicht bietet die Höhle nicht genügend Sauerstoff, um einen Menschen ausreichend zu versorgen. Womöglich atme ich Kohlenmonoxid oder ein anderes ungesundes Gas ein und bin komplett berauscht. Vielleicht strömen hier unten in der Höhle irgendwelche betäubenden Gase aus der Erde, die mich dazu bringen, dermaßen wirr zu denken , dachte er. Aber diese Fantasien begannen ihm zu gefallen. Er ließ sich von ihnen einspinnen und umgarnen. John wehrte sich nun nicht mehr gegen seine Traumgedanken. Eine Frage blieb nur offen: Warum konnte er einerseits denken, ohne dass er Antworten bekam und andererseits seine Gedanken nutzen, um mit jemandem zu reden? Befanden sich in seinem Kopf zwei Welten? War er schizophren?
Auf der Suche nach dem Ausgang
Verzweifelt suchten Carla und Franklyn den Weg zum Au sgang der Höhle. Leider bemühten sie sich vergeblich, denn sie hatten nicht den geringsten Anhaltspunkt entdeckt, welchen Weg sie einschlagen mussten. Die Taschenlampe half ihnen nun auch nicht mehr weiter, sie zeigte noch nicht einmal mehr das müdeste Glimmen. Die beiden waren ausschließlich darauf angewiesen, sich mit ihren Händen an den Felswänden entlang zu tasten. Mit den Füßen befühlten sie zudem den Fußboden, um nicht über herausragende Unebenheiten zu stolpern oder in Löcher zu treten.
»G ut, dass es hier keine Spinnen oder sonstigen unangenehmen Krabbeltiere gibt, die uns über die Hände laufen«, sagte Carla, um Franklyn zu beruhigen. Sie überspielte ihre aufsteigende Panik in Perfektion.
»Carla, ich habe eine verdammte Angst in diesem dunklen Rattenloch«, wimmerte Franklyn. »Ich habe das Gefühl, wir kommen hier nie wieder raus. Und wo ist John? Wo steckt dieser Idiot? Er hat uns hier unten allein gelassen !«
»Hey, Franklyn«, sagte Carla in bestimm endem Ton und ergriff Franklyns Arme. »Beruhige dich. Du darfst jetzt nicht in Panik geraten. Das wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte. Wir müssen einen absolut kühlen Kopf behalten, ansonsten laufen wir Amok. Uns kann hier unten nicht viel passieren. Wir können uns überall entlang tasten. Schlimmstenfalls können wir uns eine Beule am Kopf einfangen, falls wir mit unseren dicken Schädeln gegen eine Wand laufen. Du kannst dich sicher erinnern, dass der Weg keine unangenehmen Überraschungen barg. Es gibt keine Abgründe, keine Felsspalten, keine Stolperfallen. Erinnerst du dich?«, beruhigte ihn Carla. Doch ihre Stimme klang ebenfalls massiv von Angst gezeichnet.
»Ich wette mit dir um alles in der Welt, dass John diesen Unsinn inszeniert hat! Sicher will er uns quälen. Er beobachtet uns vermutlich seit geraumer Zeit mit einer Infrarotkamera oder so etwas Ähnlichem und macht sich über uns lustig.«
Franklyn beruhigte die Stimme seiner Freundin nur geringfügig, denn seine innere Unruhe und Angst konnte er nicht mehr im Zaum halten – Angst schürt Misstrauen. Dabei dachte er nicht darüber nach, dass John gar nicht im Besitz einer Infrarotkamera oder eines ähnlichen Nachtsichtgerätes war. Das rationale Denken versagte bei ihm vollends. Wenn er im Besitz eines derartigen Werkzeugs wäre, hätte er dieses sicher nicht ungesehen in diese Höhle schmuggeln können, ohne Carlas oder Franklyn Aufmerksamkeit zu erregen. Doch logisches Denken war zurzeit für beide ein Fremdwort.
»Ich versuche cool zu bleiben, okay«, sagte Franklyn mit zit triger Stimme. »Erzähl ihm aber bitte nicht, dass ich mir gerade in die Hose mache. Wenn er das erfährt, werde ich den Rest des Urlaubs von ihm verspottet! Er wird immer wieder Salz in diese Wunde streuen.«
»Keine Sorge, so etwaas erlebst du nicht, wenn du mit mir unterwegs bist. So gut müsstest du mich mittlerweile kennen«, antwortete Carla. »Warum sollte ich dir so etwas antun? Sag mal, hast du dir wirklich gerade in die Hose gemacht?«
Die beiden hielten sich aneinander fest, damit si e sich nicht verlieren konnten.
»Nein, nicht wirklich, aber es fehlt nicht mehr viel .«
»Ich wollte schon sagen, ich hatte nämlich gerade den Ei ndruck, als würde ein scharfer, unangenehmer Geruch von dir aufsteigen. Oder war das deine Nervosität, die dir
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