Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus
ihn auftreiben und sah, wie beim Erkalten des Reifens sich alle Fugen der Kübelwand schlössen. Aber Eva hatte an dem Kübel noch immer keine Freude; er war viel zu plump und zu schwer.
Der Bau der Wasserleitung war schwieriger, als Peter gedacht hatte. Drei Wochen brauchte er, bis er quer über die Steinschlaglehne eine Rinne angelegt und die Leitungsrohre aus hohlen Baumstämmen bis in die Nähe des Hausteiches geführt hatte. In einer mondhellen Nacht, während Eva schlief, vollendete Peter sein Werk. Als die Familie am nächsten Morgen vor dem Haus beim Frühmahl saß, hob Hansl den rechten Zeigefinger. Horch! hieß das. Mit offenem Munde lauschte er hinüber zum Teich und schaute bald Eva, bald Peter an, der ein Schmunzeln nicht unterdrücken konnte. Eva sah nach, was denn da rieselte. Ein Wasserstrahl aus dem Baumrohr! Eva trat einen Schritt näher und sah die lange, schnurgerade gemauerte Rinne, Peters heimliches Werk, von ihm ersonnen und geschaffen, damit ihr das Wasserschleppen erspart werde. Sprachlos vor Freude faßte sie seine rissige, schwielige Rechte und zog sie an ihre Brust. Dann schlang sie die Arme um seinen Hals und küßte ihn auf Mund und Wangen. Keine Mühe scheuen, wenn es gilt, dem andern eine Plage zu ersparen – das war die rechte Liebe.
Gärten
Peter wollte die Bewässerungsrinnen zu allen Beeten führen, Eva aber wehrte sich dagegen. Ihre Pfade und der breite Mittelweg sollten trocken bleiben. Sie half ihm, als er in der linken, unteren Ecke des Gartens ein zweites Sammelbecken anlegte, zu dem das Wasser vom oberen Teich in einer stufenförmig angelegten Steinrinne niederrieseln sollte. Daß die Leitung offen mitten durch den Ziegengarten führte, machte das Wasser zum Trinken unbrauchbar. Der Sonne preisgegeben, kam es beim Haus lau und schal an. Das mußte anders werden! Peter überließ die Gartenarbeiten wieder seiner Frau und deckte im Verlauf einer Woche die Wasserrinne mit Glimmerschiefer und Rasenflözen zu. Für die Geißen, die bisher aus der offenen Rinne getrunken hatten, mauerte er in der Nähe der Futterraufe ein Becken aus, das aus einem Spalt der Leitung gespeist wurde. Munter plätschernd rann das Wasser von Stufe zu Stufe und belebte die Stille des Gartens. Sogar nach regenlosen Wochen, als Gras und Kräuter der Halden gelb wurden, stand in Evas Garten das Gemüse üppig. Der Moorbach wurde ja von den Schmelzwassern hochgelegener Firne und Gletscher gespeist, und so tat die Wasserleitung in der Zeit der Dürre ihren Dienst.
An einem sonnigen Mittag stand Peter mit seiner Frau am unteren Teich und bewunderte die schwimmenden, üppigen Blattsterne der Wassernüsse, die Eva dort angesiedelt hatte, und das auf derselben Bodenstufe hüfthoch stehende Schwadengras. Plötzlich drang vom Hausteich her ein heftiges Plätschern herüber und gleichzeitig ein durchdringender Schrei! Peter raste zurück, Eva mit flatternden Haaren ihm nach. Sie fanden Hansl zappelnd im seichten Wasser, Kopf unten, Beine oben. Nach dem ersten Schrecken erschien ihnen der Unfall als großes Glück. Wieder hatten sie den Trost: »Gut, daß es jetzt geschehen ist und nicht ein andermal, es hätte schlimmer ausgehen können.« Nun, da Hansl ins Wasser gefallen war, wurde es höchste Zeit, einen Schutz um die beiden Teiche zu schaffen. Noch in derselben Woche pflanzte Peter ringsherum daumenstarke Weidenruten, deren Seitenzweige er untereinander verband; als Zugang setzte er Gittertüren ein.
Noch war Hansls unfreiwilliges Bad nicht vergessen, als ein anderes Ereignis seine Eltern erschreckte. Eva kniete vor ihrem Maßliebchenbeet und schnitt von den starken Mutterstöcken die zarten Jungstauden aus, die sie mit Blättern der Wegwarte, des Spitzwegerichs und mit Schwadenkorn zu einem Mus kochen wollte, als Hansl, den sie auf dem Mittelweg in die Sonne gesetzt hatte, durch sein lautes »Nini, nini!« ihre Aufmerksamkeit erregte. Den Blicken des Kindes folgend, gewahrte sie mitten unter den blühenden Möhrenstauden eine grüne Eidechse, während von einem Baumstrunk aus eine Sandotter auf das schreckgelähmte Tierchen starrte. Da schleuderte Eva ihr Grabmesser blitzschnell nach dem zusammengerollten Leib der Schlange und heftete ihn am Holze fest; dann hob sie ihr Kind auf, ihr Herz pochte zum Zerspringen. Mein Gott, wenn's da oben Schlangen gibt!
Hastig suchte sie Peter in der Höhle auf und berichtete von der neuen Gefahr. Er legte den Hammer weg, nahm Eva das Kind ab und schritt mit ihm
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