Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus
nachdenklich dem Heim zu. Den Schlangenleib bedeckte er mit trockenem Fichtenreisig und zündete es an. In der nächsten Woche stöberte er mit Einäugels und Schnapps Hilfe in den hohlen Weiden am Moorbach zwei Igelfamilien auf, die er am Waldrand ansiedelte, wo noch viel angebranntes Holz lag. Nachts aber strolchten sie durch die ganze Sonnleiten. Das war ihr eine große Beruhigung; jetzt konnte Hansl, dem der kleine Hof allmählich zu eng wurde, ungefährdet auch im Garten spielen. Die Igel rotteten die Schlangenbrut aus. Eva nahm ihren Buben auch in den Geißengarten mit und bis zum Moorbach, wo sie noch spätblühende Dotterblumen und Vergißmeinnicht aushob, die sie am Rinnsal in ihrem Garten einpflanzte.
Indes war die Zeit der zweiten Heuernte gekommen. Peter hatte drei Heuhaufen geschichtet, als ein Wetter aufzog. Mitten in der Nacht entlud es sich mit solcher Heftigkeit, daß die Schläfer vom blauen Feuer der Blitze, vom Krachen, Knattern und Grollen naher und ferner Donnerschläge erwachten. Die Welt stand wie in Flammen, die Erde bebte. Hansl schrie, seine Eltern bangten, ob der Blitz ihre Hausfichte und ihr neues Heim verschonen werde. Eva zog den Docht ihrer Ampel vor den Ahnenbildern höher und begann in ihrer Angst laut zu beten. Dies beruhigte alle, und als der Regen auf das Dach trommelte, schliefen sie wieder ein. Am frühen Morgen entdeckte Peter, daß das abströmende Wasser einen Graben unter dem Gartenzaun gerissen hatte; aber dringlicher als die Ausbesserung des Schadens war ihm das Sammeln von Pilzen und Beerenfrüchten. Hansl mußte es sich gefallen lassen, daß er mit Bläff und den jungen Hunden in der Stube eingeschlossen wurde.
Ungesehen zog eine Bache mit sechs Frischlingen durch den Kastanienwald. Im Abflußgraben des unteren Teiches wühlend, entdeckte die Wildsau das Loch unter dem Zaun. Sie zwängte sich durch, und ihre Frischlinge folgten ihr; dann nahmen alle im unteren Teich ein Schlammbad, fraßen von den Wassernüssen die Blattsterne samt den Früchten, zerwühlten die Gemüsebeete und gelangten durch die offene Tür des oberen Zaunes in den Hof. Ein paar verstreute Kastanien vor der Türschwelle des Hauses entlockten der Bache ein behagliches Grunzen. Im Hause schlug Bläff an, die hohen Stimmen der Jungfüchse heulten dazwischen – es war ein ohrenzerreißendes Gezeter.
Vom Lärm gereizt, versuchte die Wildsau, mit ihren Hauern die Tür auszuheben. Da stürzte Peter in langen Sätzen herbei. Der Türrahmen ächzte, die Tür bog sich: die Bache zwängte ihren keilförmigen Kopf zwischen Schwelle und Tür. In die Stube eindringend, traf sie zunächst auf Bläff, die, sinnlos vor Angst, sich mit heiserem Gekläff ihr entgegenstellte. Ein Hauerstoß traf die Hündin, und im nächsten Augenblick starb sie unter den Füßen des gereizten Eindringlings. Da bohrte Peter der Wildsau die blanke Spitze seines Speeres hinter dem Schulterblatt tief in die Brust. Hellrotes Blut spritzte hochauf, und röchelnd blieb das Tier liegen. Nun drängte sich Eva an Peter vorbei in die Stube, riß ihren schreienden Buben vom Boden hoch und barg ihn an ihrer Brust. Peter stand wie angewurzelt vor dem gefällten Wild und starrte auf die tote Hündin. Was wäre aus dem Kinde geworden, wenn der Haushund sich der Bache nicht entgegengestellt hätte? Eva verließ mit Hansl die Stube und stand schluchzend im verwüsteten Garten; sie weinte der guten Bläff nach, und Hansl weinte, weil er die Mutter weinen sah. Als Peter ihr nachkam, küßte sie ihn, dann fragte sie: »Was tun wir mit den Frischlingen?« – »Aufziehen!« sagte er nur. Da führte Eva die zwei Milchziegen in den Geißengarten im Alten Steinschlag, und Peter brachte die Frischlinge einstweilen im Ziegenstall unter. Dann verrammelte er das Loch unter dem Gartenzaun mit Steinen. Beim ersten Fütterungsversuch drängten sich die jungen Schweinchen ängstlich in eine Ecke des Stalles und steckten die Köpfe zusammen. Aber schon am nächsten Morgen nahmen sie die Kastanien vom Boden auf, und bald fraßen sie aus der Hand.
Peter mußte jetzt unter dem Garten, wo der Teich seinen Abfluß hatte, einen »Saugarten« mit einem Unterschlupf anlegen und eine hüfthohe Mauer hochziehen. Ja, er wollte den ganzen Gemüsegarten mit einer solchen Mauer umhegen. Die Herbstfruchternte dehnte sich nun bis zum ersten Schneefall aus, denn die Schweine brauchten auch Winterfutter. Knapp bevor der Winter Ernst machte, war der Saugarten eingehegt. Die rechte
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