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Die Hölle lacht

Titel: Die Hölle lacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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verächtliche Miene schien mir zu sagen, wenn ich, sein Richter, gezwungen wäre, meinen Worten mit der Tat Ausdruck zu verleihen, statt mich hinter dem Gesetz zu verschanzen, würde er mich ganz klein und meinen Richterspruch zu hohlen Worten machen.
    Danach war ich nicht mehr derselbe. Ich begann zu trinken. Ich wurde so mürrisch, dass meine dritte Frau mich verließ. Von da ab wurde ich der Sklave meiner Arbeit. Oh, gewiss, ich versuchte meinen Mut in Übungskämpfen zu beweisen, aber damit wollte ich nur mir selbst etwas vormachen. Ich führte zwar die Klinge, doch mein Herz war nicht bei der Sache. Immer wieder ließ ich es zu, dass mein Gegner mich mit der stumpfen Spitze berührte. Hätten wir ernsthaft gekämpft, wäre ich schon nach dem ersten Stichwechsel ein toter Mann gewesen. Wisst Ihr, was das für ein Gefühl ist, Sonja? Wisst Ihr, wie es ist, wenn das jüngere Ich einen aus tiefer Seele bemitleidet?
    Von da an war ich nicht mehr besser als all die Hofgecken. Am Hof gefallen meine kleinen Späße und gewinnenden Bonmots, aber ich selbst empfinde nur Verachtung für mich. Wenn ich bloß noch einen guten Streich mit dem Schwert führen könnte …«
    Er ließ den Satz unbeendet und starrte vor sich hin. Sonja beobachtete ihn.
    Die Geräusche der sich zum Aufbruch bereitmachenden Soldaten waren in der Stille zu hören. Irgendwo in der Dämmerung um sie knurrten zwei Hunde und balgten sich um ein Stück Fleisch. Eine Trompete schmetterte, als müsse sie Tote aufwecken.
    »Schwertkampf ist nicht alles«, sagte Sonja nach einer Weile. »Ich lebe von meinem Schwert, gewiss, und ich bin geschickt damit – ich weiß auch, dass in meiner Welt das Schwert als Wertmesser für einen Menschen genommen wird. Doch ebenso weiß ich, dass in anderen Welten das Schwert gar nichts bedeutet. In einigen gilt nur der Geist, der Verstand; unter den Dichtern ist es das Herz; und bei den Seeleuten die Fähigkeit, gut mit Segel und Steuer umzugehen. Manchmal stoßen diese Welten zusammen. Es gab Zeiten – wenn ich die Stimme eines guten Dichters hörte, oder die klangvollen Töne aufwühlender Musik –, da empfand ich meine Fähigkeit als unbedeutend, ja als nutzlos. Auf die gleiche Weise, dessen bin ich sicher, hat Eure Stimme der Gerechtigkeit mehr Gewicht als die Taten oder Untaten von Schurken, die mit der Klinge umzugehen verstehen. Doch wo diese Welten sich treffen, ist graues Niemandsland. Ich habe gegen die Gesetze verstoßen, aber ich war auch schon Dichterin. Ihr, Eurerseits, habt gewiss schon Dinge getan, die in einer anderen Welt als Verbrechen erachtet würden. Ich glaube, Ihr grübelt viel zu sehr über etwas, das von weit geringerer Bedeutung ist, als Ihr meint. Ihr wünscht Euch etwas, oder vielmehr, Ihr wünscht es Euch zurück, und so nimmt es für Euch gewaltige Maße an. Aber überlegt doch: damals, als Ihr es hattet, habt Ihr da auch nur einen zweiten Gedanken daran verschwendet?«
    Desmos blickte sie nicht an. »Heute Vormittag hättet Ihr leicht das Leben verlieren können. Ich war nicht imstand, Euch zu helfen, als Ihr Hilfe brauchtet. Hätte ich eine Schwertspitze an Eurer Kehle gesehen, wäre ich nicht fähig gewesen, meine Klinge zu Eurer Verteidigung zu heben.«
    »Ich glaube an Bestimmung«, sagte Sonja. »Ich weiß, dass ich meine Bestimmung erfüllen muss, und ich weiß, dass ich von etwas, das aus der Welt jenseits der unseren stammt, berührt wurde. Ich habe heute überlebt, und Ihr ebenfalls. Heute war keine Prüfung, aber wenn Ihr Euch der Prüfung stellen müsst, Desmos, werdet Ihr es wissen. Danach erst dürft Ihr Euch loben oder verdammen, je nachdem, wie Ihr sie bestanden habt. Lernt bis dahin, mit Euch zu leben. Segelt Ihr mit uns?«
    »Ja, ich muss.« Sein Ton änderte sich. »Mein Bruder ist auf dem Schiff, Sonja. Auf der Niros. «
    Sonja blickte ihn überrascht an. »Das wisst Ihr? Habt Ihr ihn gesehen?«
    »Ich sah ein Gesicht während des Kampfes, das ich für seines hielt. Heute Abend, vor dem Essen, fühlte ich mich so erschöpft, dass ich mich niederlegte und in einen Halbschlaf fiel. Ich träumte, ihn wieder zu sehen, meinen Bruder Betos – er war finster, grausam, und er wollte mich töten. Ich sah, wie er mich beobachtete, als ich mich in diesen Winkel des Decks verkrochen hatte, und ich wusste, dass er weit schlimmere Vergeltung genommen hatte, indem er mich in meiner Hilflosigkeit sah, als er sie hätte nehmen können, indem er mir die Kehle durchschnitt.« Desmos rang

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