Die Hölle lacht
mir sagen müssen, ehe wir an Bord kamen. Solange mein Schwert an meiner Seite hängt, befehlige ich das Schiff. Ist das klar?«
Otos kam nicht dazu zu antworten. Der Ausguck brüllte vom Mastkorb: »Schiff in Sicht! Galeere im Norden!«
Urdus warf die rotbraune Mähne zurück. »Kannst du sie erkennen?«
»Es ist ein aquilonisches Schiff – eine Militärgaleasse!«
»Verdammt!« tobte Otos. »Ich habe es ja gewusst! Wir hätten die Überlebenden verfolgen sollen. Jetzt haben sie uns das Militär auf den Hals gehetzt!«
Urdus wandte sich wieder ihm zu und hob eine Faust. »Du wirst gegen sie kämpfen! Ihr Hunde werdet alle gegen sie kämpfen!« Er sah die Würfel auf dem Deck und trat mit dem Fuß danach. »Und wenn wir sie geschlagen haben, könnt ihr wieder würfeln!«
Otos funkelte ihn an, schwieg jedoch.
»Und jetzt alle hinunter! Auf eure Posten!«
Sie gehorchten – einige eilig, andere widerstrebend und mit mürrischem Gesicht.
Aleil kam hoch, als die anderen gingen.
»Wo warst du?« fragte Urdus.
»Ich habe Luft geschnappt. Ich konnte nicht schlafen, es war so schwül …«
Er verzog das Gesicht, beachtete sie jedoch nicht weiter. Er schaute zum Ausguck hoch. »Wie sieht es aus?« rief er.
»Sie ist schnell! Sie wird uns bald eingeholt haben. Diese Hunde können sich vielleicht in die Riemen legen, wenn sie es wollen.«
Urdus knurrte, schob Aleil zur Seite und stieg zum Mitteldeck hinunter. Vor einem Mann blieb er stehen. Der Mann saß auf einem Fass und schnitzte in das Kirschholz eines Messergriffs zwei gegeneinander kämpfende Greife.
»Was ist mit dir?« fragte Urdus ihn.
Der Mann blickte hoch. Sein Gesicht war schmal, narbig und es wirkte verbittert. »Ich halte zu dir, Urdus, wie immer. Das weißt du doch. Zu lange schon will ich Aquilonier töten, als dass ich mich jetzt davor drückte.«
»Ja.« Urdus lächelte grimmig. »Du bist meine rechte Hand, Betos, und ich traue dir mehr als allen anderen. Bleib dieses eine Mal noch an meiner Seite.«
Der riesenhafte Vanir ging weiter. Betos beschäftigte sich wieder mit seiner Schnitzerei, die dadurch erschwert wurde, dass ihm zwei Finger der Linken fehlten.
5
Es gab ein aquilonisches Sprichwort: Selbst der flinkste Fuchs kann nicht den ganzen Tag unter der heißen Sonne laufen.
Das kam Oberst Hubarthis in den Sinn, als seine Galeere sich der Niros näherte. Ja, aber ein Fuchs würde davonlaufen, selbst wenn es keinen Sinn mehr hatte. Warum war dieses Schiff dann nahe des Westufers von Os Harku geblieben, statt stromabwärts zu fliehen? Der Wind wäre günstig dafür gewesen …
Die Sonne stand nun schon schräg am Himmel. Hubarthis und seine Männer auf dem Bug konnten sogar bereits das Glänzen des Schweißes auf den Gesichtern der Verbrecher sehen, die ihnen von Bord des gekaperten Schiffes aus entgegenblickten. Und sie sahen Urdus, den riesenhaften Vanir, der hochaufgerichtet und mit finsterem Gesicht auf dem Achterdeck der Niros stand und zu ihnen herüberstarrte.
Hubarthis gab ein Zeichen. »Bereitmachen!«, befahl er.
Seine Soldaten drängten sich gegen die Schandecks und standen dicht an dicht mit gezogenen Schwertern, gespannten Bogen oder erhobenen Streitäxten. Enterhaken wurden herbeigebracht. Diese Art von Taktik hatte Hubarthis noch nie zuvor angewandt – aber seines Wissens hatten auch nie zuvor Verbannte ein Schiff gekapert, um von der Insel zu fliehen. Er hatte Berichte über Schlachten auf dem Wasser gelesen und sich mit Männern unterhalten, die gegen Piraten auf Schiffen gekämpft hatten. Hubarthis fand das nicht gerade die Kampf form, die er vorziehen würde. Wie konnte man Schiffe so bewegen wie ein Pferd oder auch ein Batallion? Doch nun, da der Augenblick der Gegenüberstellung nahe rückte, wurde ihm bewusst, dass ihm diese strategische Herausforderung Spaß machte, und er bewunderte nun die Schiffsoffiziere, die imstande waren, auf diese Weise Krieg zu führen.
Er hob die Rechte.
Seine Soldaten machten sich zum ersten Schlag bereit. Bogen zielten, Schwerter zitterten aufgeregt. Ein paar Männer spuckten, sich Glück wünschend, in den Wind.
Sie hörten nur den Wind, der durch die Leinen der Niros pfiff und gegen ihre Stander und Segel peitschte. Der Gischt ihres Kielwassers spritzte in die Luft vor den Aquiloniern.
Sonja, Desmos und Tio standen hinter Hubarthis, und trugen stumm ihre blanken Klingen in der Hand.
Der Oberst hielt die erhobene Hand völlig ruhig. Die Goldstickerei auf seinem
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