Die Hölle lacht
fort. »Aber denk daran: ich werde dich töten. Ich hätte dich jetzt töten können, doch ich habe meine Gründe, noch eine Weile zu warten. Ich möchte, dass du Furcht verspürst, und das wirst du auch. Du wirst erfahren, wer ich bin und was ich bin – denn nicht länger bin ich ein einfacher Zauberer, sondern nun der Diener eines ungeheuerlichen Gottes.«
Er drehte sich um und schritt hinaus in die Dunkelheit.
Urdus starrte ihm nach, beobachtete ihn – verstört über seine Hilflosigkeit, darüber, dass schon eine leichte Berührung durch die Fingerspitzen des Shemiten ihn zur reglosen Statue gemacht hatte …
Als Athu weit genug vom Lager entfernt war und auch die Schlucht hinter sich hatte, hielt er im Schritt inne und sammelte sich – dann ließ er sich in die Luft tragen. Unbewegt schwebte er eine Weile über dem Boden, dann breitete er die Arme aus, stieg höher und ließ sich von der Windströmung treiben.
Eine größere Strecke konnte er auf diese Weise nicht zurücklegen, denn seine Kräfte waren nicht unbegrenzt. Jedenfalls aber würde er so schneller zum Fluss gelangen als zu Fuß …
Nur vage bemerkte er die Geschöpfe des Waldes, über die er dahinschwebte, denn er war tief in Gedanken versunken. Kleine Nachtvögel flatterten an ihm vorbei, hin und wieder vom Mondschein beleuchtet, wenn er durch die Wipfel drang. Dann wurde der Wald dichter, der Boden fiel allmählich ab, und er folgte ihm in gleich bleibender Höhe. Schließlich wandte seine Aufmerksamkeit sich wieder seiner Umwelt zu und er setzte auf dem Boden auf. Durch das Unterholz gelangte er ans Ufer des Shirki. In geringer Entfernung, etwas südlich von ihm, stand die aquilonische Galeere. Weit draußen in der Flussmitte trieb ein anderes Schiff dahin, offenbar ein Vergnügungsschiff wie es die Niros gewesen war, denn es war hell beleuchtet mit unzähligen Lampions. Athu verzog verächtlich das Gesicht, doch dann empfand er einen Augenblick fast Mitleid mit jenen, die die Wirklichkeit nicht kannten …
Er watete ein Stück in den Fluss hinaus, krempelte den rechten Ärmel hoch und steckte ihn bis zum Ellbogen in das Wasser.
Er nahm die Ausstrahlungen des Luxusschiffes auf, eindringlich und unverkennbar. Aber er spürte noch etwas, weiter nördlich – ein anderes Schiff, ungefähr eine Tagesreise entfernt, ein großes Schiff und bewaffnet. Das verriet ihm das Wasser.
Ein Schiff, das vielleicht aquilonische Truppen hier abgesetzt hatte?
Athu seufzte. Er nahm einen Schluck des Flusswassers, ehe er zum Ufer zurückkehrte. Wieder breitete er die Arme aus. Seine Füße hoben sich vom Boden und er schwebte inseleinwärts, dorthin, wo er in der Nacht gearbeitet hatte.
Eine Vorahnung weckte Aleil aus unruhigem Schlaf. Sie hatte sich ein Stück außerhalb des Lagers zur Ruhe gelegt. Sie dachte zuerst, die Schritte eines von Urdus’ Posten hätten sie geweckt, aber da sah sie, dass die nächsten sich ziemlich weit entfernt gerade miteinander unterhielten … …
Sie setzte sich auf, räkelte sich und schaute sich um. Ja, sie spürte etwas – vielleicht etwas, auf das ihr Hexensinn sie aufmerksam gemacht hatte. Sie erhob sich und ging, ohne dass die Wachen auf sie achteten, in Richtung Schlucht.
Am Rand zum Abhang stand jemand in der Dunkelheit. Der Größe und den breiten Schultern nach konnte es nur Urdus sein. Sie schlich sich an. Urdus stöhnte und senkte, wie mit größter Anstrengung, den linken Arm.
Nun räusperte sie sich, um sich bemerkbar zu machen, aber Urdus drehte sich nicht zu ihr um. Sie wunderte sich und machte einen kleinen Bogen, um sich ihm, der seitlich zum Abhang stand, von vorn zu nähern.
Urdus starrte ihr wild entgegen.
»Was hast du denn?« fragte sie ihn.
Offenbar vermochte der Riese ihr nicht zu antworten. Er stöhnte und bemühte sich, seinen Arm erneut zu bewegen.
Da verstand sie. »Ihr Götter!« hauchte sie. »Was hat Athu denn mit dir gemacht?«
Urdus’ Gesicht zuckte, als wollte er seiner Wut Ausdruck verleihen.
Aleil kicherte und fing laut zu lachen an. Sie spürte, wie Urdus’ Wut wuchs. Nun doch ein wenig verängstigt legte sie beide Hände auf den Mund, aber so ganz vermochte sie ihre Belustigung über Urdus’ missliche Lage nicht zu unterdrücken.
»Es war Athu, nicht wahr?« fragte sie und gab es auf, ihre Erheiterung verbergen zu wollen. »O du Narr! Du bildest dir ein, du könntest alles mit jedem machen. Du Narr! Hat Athu dich mit einem Fluch belegt?«
Sie hörte zu lachen auf,
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