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Die Hongkong-Papiere

Die Hongkong-Papiere

Titel: Die Hongkong-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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wollte der britische Gouverneur dort ein demokratisches Wahlsystem einführen, solange er noch dazu die Chance hatte. Offenbar war die chinesische Regierung in Peking darüber verärgert, was für Hongkong nichts Gutes bedeutete, wenn der Herr­ schaftswechsel stattfand.
     Er warf gelangweilt die Zeitung auf den Tisch, stand auf und ging nach draußen. Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und Father O’Brien erschien. »Ah, da sind Sie ja schon, Doktor. Ich habe für den armen Mann getan, was ich konnte, aber er macht es wohl nicht mehr lange. Er kommt aus den Highlands von Schottland, hätten Sie das gedacht? Seine Tochter ist mit einem Amerikaner verheiratet.«
     »Das ist interessant«, sagte Jackson. »Ich habe immer ge­ glaubt, alle Schotten seien Protestanten.«
     »Nicht in den Highlands«, sagte Father O’Brien zu ihm. »Die katholische Tradition ist dort sehr stark.« Er lächelte. »Aber ich muß mich wieder auf den Weg machen. Gute Nacht.«
     Jackson sah ihm nach, dann betrat er den Fahrstuhl und fuhr hinauf zum dritten Stock. Als er den Lift verließ, kam soeben Schwester Agnes, die Nachtschwester, aus Zimmer acht und ging zu ihrem Schreibtisch.
     Jackson machte sich durch ein Räuspern bemerkbar. »Ich habe gerade Father O’Brien gesehen. Er erzählte mir, Mr. Tanner sehe nicht sehr gut aus.«
     »Da ist seine Krankenkarte, Doktor. Chronische Bronchitis und schwere Emphyseme.«
     Jackson studierte die Aufzeichnungen. »Fassungsvermögen der Lungen nur zwölf Prozent, und der Blutdruck ist unglaub­ lich.«
     »Ich habe gerade seinen Herzschlag überprüft, Doktor. Sehr unregelmäßig.«
     »Sehen wir ihn uns mal an.«

    Jack Tanners Gesicht war eingefallen und bleich, das schüttere Haar schneeweiß. Die Augen waren geschlossen, während er in kurzen Stößen atmete und ein intervallartiges rasselndes Geräusch in seiner Kehle erzeugte.
     »Sauerstoff?« fragte Jackson.
     »Habe ich ihm vor einer Stunde verabreicht.«
     »Jawohl, aber eine Zigarette wollte sie mir nicht geben.« Jack Tanner schlug die Augen auf. »Ist das nicht furchtbar, Dok­ tor?«
     »Aber, aber, Mr. Tanner«, sagte Schwester Agnes in leicht tadelndem Ton. »Sie wissen, daß das nicht gestattet ist.«
     Jackson beugte sich über ihn, um die Schlauchverbindungen zu überprüfen, und bemerkte die Narbe auf der rechten Brustseite. »Ist das eine Schußverletzung?« fragte er.
     »Ja, das ist es. Ein Lungenschuß aus der Zeit, als ich beim Schottischen Hochlandregiment diente. Das war 1940 vor Dünkirchen. Ich wäre gestorben, wenn der Laird mich nicht rausgeholt hätte. Dabei war er selbst so schwer verwundet, daß er ein Auge verlor.«
     »Der Laird, sagen Sie?« Jacksons Interesse war plötzlich geweckt, aber Tanner begann so heftig zu husten, daß er fast in einen Krampf verfiel. Jackson griff nach der Sauerstoffmaske. »Atmen Sie ganz langsam und gleichmäßig. So ist es gut.« Er nahm die Maske nach einiger Zeit wieder weg, und Tanner lächelte matt. »Ich komme wieder«, versprach Jackson ihm und ging hinaus.
     »Sie sagten, seine Tochter wohnt in Queens?«
     »Das stimmt, Doktor.«
     »Dann sollten wir keine Zeit verlieren. Lassen Sie sie mit dem Taxi herholen, und setzen Sie die Kosten auf meine Rechnung. Ich glaube nicht, daß es mit ihm noch lange dauert. Ich gehe wieder zurück und leiste ihm Gesellschaft.«

    Jackson zog sich einen Stuhl heran. »Also, was haben Sie über den Laird erzählt?«
     »Das war Major lan Campbell, Militärverdienstkreuz, der tapferste Mann, den ich je kannte, Laird von Loch Dhu Castle im westlichen Hochland von Schottland, wie seine Vorfahren es schon seit Jahrhunderten gewesen waren.«
     »Loch Dhu?«
     »Das ist Gälisch. Der Schwarze See. Für uns, die wir dort aufwuchsen, war es immer der Ort der Dunklen Wasser.«
     »Demnach kannten Sie den Laird schon als Kind?«
     »Wir wuchsen zusammen auf. Lernten, wie man Moorhühner und Rehe schießt, und nirgendwo in der Welt konnte man besser angeln, und dann kam der Krieg. Wir hatten vorher beide in der Reserve gedient. Deshalb ging es gleich ab mit uns nach Frankreich.«
    »Das muß aufregend gewesen sein.«
     »Es wäre fast unser Ende gewesen. Nachher gaben sie dem Laird den Stabsjob bei Mountbatten. Sie haben schon mal von ihm gehört?«
     »Earl Mountbatten, den die IRA mit einer Bombe erwischt hat?«
     »Diese Schweine, nach allem, was er im Krieg geleistet hat. Er war der Oberkommandierende in Südostasien mit dem

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