Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
ihnen aus den Mündern, gelblich und geschwollen. Viele bluteten oder hatten sich mit zuckenden Kiefern die Zungen ganz abgebissen. Vor den Augen der vier Gefährten verkrampfte sich einer der Männer so heftig, als hätte man ihm eine Klinge in den Leib gerammt. Seine Zähne klapperten heftig aufeinander, und ein Stück seiner geschwollenen Zunge fiel auf den Boden, wo sie noch zweimal zuckte, bevor sie schließlich in einer Blutpfütze zur Ruhe kam.
»Urthet«, stellte Seilloah nüchtern fest, während sie das Gemetzel betrachtete.
»Wie bitte?«, erkundigte sich Corvis heiser. Hatten sie den Krieg etwa schon verloren, bevor er richtig angefangen hatte?
»Urthet. Es ist ein seltenes Kraut und äußerst gefährlich.« Sie ging bereits zum Tresen, schnappte sich einen großen Krug und füllte ihn mit Wein aus einem Fass.
»Seilloah, das dürfte wohl kaum der richtige Moment sein, um …«, begann Davro.
»Ich kann einige dieser Männer retten. Sie müssen sich flach hinlegen und ausstrecken. Man muss sie warm halten und etwas zwischen die Zähne stecken, damit sie sich nicht noch weitere Stücke von den Zungen abbeißen.«
»Losalis«, befahl Corvis augenblicklich. »Nimm dir so viele Männer, wie du brauchst.«
»Sofort, Mylord.«
Noch bevor der Kommandant die Tür des Schankraums erreicht hatte, erreichten ihn Seilloahs Worte. »Du wirst vermutlich noch mehr Opfer in den Straßen entdecken. In kleinen Dosen verabreicht kann Urthet stundenlang im Körper verweilen, bevor es Wirkung zeigt. Jeder, der in den letzten zwölf Stunden hier etwas getrunken hat, ist gefährdet. Wenn du deine Männer sammelst, bring die anderen Opfer hierher, denn wenn ich selbst nach ihnen suchen muss, werden wir sie niemals rechtzeitig finden.«
Der Krieger nickte einmal kurz und verschwand. Selbst im Schankraum konnten sie hören, wie seine tiefe Stimme durch die Ortschaft hallte und die Soldaten sich um ihn scharten.
»Corvis«, erklärte Seilloah brüsk, während sie verschiedene getrocknete Kräuter in den Krug rieb, »komm her.«
»Dieser Mistkerl hatte nie vor, uns anzugreifen«, knurrte der Kriegsfürst, während er näher trat. »Diese hinterhältige Aktion hier war von Anfang an sein Plan. Wenn wir die Wälder durchsuchen, finden wir wahrscheinlich heraus, dass seine Männer in Wirklichkeit gar keine Bäume gefällt haben, wie wir zu hören glaubten. Das alles war bloß ein verfluchtes Ablenkungsmanöver.«
»Schön. Jetzt hör mir mal zu. Diese Angelegenheit erfordert noch etwas, worum du dich persönlich kümmern musst.«
»Das verheißt nichts Gutes. Was brauchst du?«
»Audriss hat Urthet aus einem ganz bestimmten Grund verwendet«, erklärte sie, während sie den rasch immer zähflüssiger werdenden Trunk mit einem handlichen Löffel umrührte. »Und zwar, weil es angeblich kein Gegenmittel gibt. Bei einigen Leuten dauert es durchaus länger als bei anderen, aber wenn man erst einmal eine entsprechende Dosis zu sich genommen hat, ist die Wirkung dieses Giftes immer tödlich.«
Corvis gefror fast das Blut in den Adern. »Aber du kannst ihnen doch helfen?«, fragte er fast flehentlich.
»Nein, Corvis. Ich sitze hier mitten in einer Taverne mit sterbenden Männern und rühre in einem Krug mit vergiftetem Wein, weil ich mich unbedingt beschäftigen möchte. Es gibt ein Gegenmittel gegen Urthet, von dem jedoch nur sehr wenige Leute wissen. Um es zu brauen, benötigt man sehr viele Kräuter und Pulver und nicht gerade wenig Magie. Aber es bedarf auch einer kleinen Menge von Urthet selbst.«
»Irgendwann wirst du mir erklären müssen, wie man ein Gift benutzt, um ein anderes Gift unschädlich zu machen.«
»Irgendwann, aber nicht jetzt. Das Problem ist, wie ich bereits sagte, dass dieses Urthet so selten ist. Ich habe keins.«
»Was willst du dann …?«
Seilloah sprach sehr langsam und deutlich. »Du musst jeden in dieser Taverne finden, der nicht mehr gerettet werden kann, also alle, die schon tot sind. Dann schaffst du sie in eines der Hinterzimmer und bringst mir ihr Blut. Und zwar so viel, wie du nur kannst.«
Trotz all der Schrecken, die er gesehen hatte, trotz all der Gräuel, die er selbst angerichtet hatte, wurde Corvis blass. »Seilloah, ich …«
»Tu es, oder Audriss hat bereits gewonnen.«
Er gehorchte. Mit Hilfe etlicher Söldner brachte er Dutzende aufgeblähter Leichname in den größten Lagerraum der Lüsternen Fee . Nachdem er die Männer wieder weggeschickt hatte, damit sie den anderen
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