Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
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»Weißt du was«, gab Corvis widerwillig zu, »da könntest du ausnahmsweise mal recht haben.«
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»Du hast gar kein Herz, Khanda.«
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»Khanda vermutet«, setzte der Kriegsfürst die anderen ins Bild, »dass Rheah erst von dem Buch erfahren hat, nachdem ich verschwunden bin. Möglicherweise hat sie erst danach bemerkt, dass ihr etwas Wichtiges durch die Lappen gegangen ist.« Corvis’ Miene verfinsterte sich. »Nicht, dass es wirklich eine Rolle spielte, nachdem sie es letztlich dann doch erfahren hat. Wenn jemand in diesem ganzen verdammten Königreich in der Lage ist, diesen Schlüssel aufzuspüren«, erklärte er, »dann Rheah.«
Losalis kniff die Augen zusammen. »Gibt es einen Grund zu glauben, dass Audriss dies nicht ebenfalls gelingen könnte?«
»Wohl kaum«, antwortete Corvis. »Wir sind bisher davon ausgegangen, dass Audriss Zugang zu denselben Informationen hat wie wir, wenn nicht sogar zu mehr. Daher sehe ich keinen Grund, warum er nicht ebenfalls zu denselben Schlussfolgerungen gekommen sein könnte.«
»Dann wissen wir also, wohin er jetzt geht? Mir scheint, die entscheidende Frage lautet jetzt: Was können wir dagegen unternehmen?«
Unglücklicherweise und obwohl er sich sehnlichst etwas anderes wünschte, wusste Corvis sehr genau, was er dagegen unternehmen konnte.
18
Rheah Vhoune schritt durch die zerstörten Straßen von Denathere, aber sie nahm das Werk der Zerstörung nicht wahr; ihre Ohren blendeten das Stöhnen der Verletzten sowie die Schreie der Trauernden und Verzweifelten fast komplett aus. Der Rauch in der Luft hüllte sie zwar ein, doch ihre Magie hielt ihn auf Abstand. Der Schmutz der Gassen waberte über ihre Stiefel und sank dann unverrichteter Dinge wieder zu Boden, ohne etwas zu finden, woran er hätte haften können.
Während die von Asche überzogenen Ziegelsteine über ihr aufragten und gelegentliche Geräusche von letzten Scharmützeln von weit her zu ihr herüberdrangen, konzentrierte sie sich auf das Gespräch, das Nathaniel Espa und sie vorhin mit dem jungen Regenten geführt hatten. Selbstverständlich war es zu erwarten gewesen, dass er verzweifelt war, ja, es war sogar nachvollziehbar angesichts des ungeheuren Schadens, den Imphallions zweitgrößte Stadt davongetragen hatte, und der frustrierenden Flucht von Corvis Rebaine, der diese Zerstörung herbeigeführt hatte. Trotzdem mussten sie Lorum im Auge behalten und dafür sorgen, dass er genügend Zeit hatte, um sich zu erholen, bevor er eine Dummheit beging. Außerdem hatte sie auch nicht unbegrenzt Zeit. In dem Moment, da sich die Gilden neu formierten, sich ihre Unabhängigkeit vom Regenten bestätigen ließen und alles neu aufzubauen begannen, war die Zeit für ihren Schachzug gekommen. Dann konnte sie dafür sorgen, dass ihre eigenen Träume Früchte trugen. War sie zu sehr mit Lorum beschäftigt, würde die beste Gelegenheit an ihr vorbeigaloppieren wie ein wildes Pferd und sie in einer Staubwolke zurücklassen.
Doch schon bald kehrten ihre Gedanken zurück zu der Gesellschaft, die sie zu schaffen suchte, zu den Angelegenheiten der Politik, der Regierung und des Krieges. Erneut, wie so oft in den letzten Stunden, fragte sie sich, was Corvis Rebaine sich wohl dabei gedacht hatte. Warum hatte der Schrecken des Ostens zugelassen, dass er in dieser Stadt eingekesselt wurde, nicht einmal auf halbem Weg zu seinem Ziel? Und dann stand Rheah Vhoune plötzlich, ohne die geringste Überraschung – obwohl sie sich nicht daran erinnern konnte, sich dieses Ziel ausgesucht zu haben – vor Denatheres gewaltiger Halle der Zusammenkunft.
Ohne die Soldaten des Königs und die Söldner der Gilden auch nur eines Blickes zu würdigen, die, mehrere Stunden, nachdem sich Rebaines Streitkräfte so gut wie aufgelöst hatten und Denathere zurückerobert worden war, immer noch die Flure und Kammern der Halle auf der Suche nach Leichen oder Überlebenden durchkämmten, schritt Rheah durch die Gänge. Mit ihren weichen Stiefeln machte sie so gut wie kein Geräusch auf den blutverschmierten Teppichen, in den steinernen Hallen und auf den blutigen Schwellen. Eine Treppe, von deren Existenz sie schon lange gewusst hatte, die sie jedoch nie hatte benutzen müssen, führte sie hinab in die tiefsten Keller unter
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