Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
folgte. Das Blut sickerte in seine Hose, durchnässte sie und hinterließ eine Spur auf dem Boden. Und mit jedem Schritt pumpte die Wunde mehr Lebenskraft aus ihm heraus.
»Pa, bitte! Du musst dich wehren! Bitte lass nicht zu, dass ich das tue«, jammerte Mellorin.
Aber er konnte es nicht. Erneut stieß der Dolch zu, und Spalter wirbelte aus einer gebrochenen, blutenden Hand durch den Raum.
»Glaubst du, ich habe vielleicht sogar das Glück«, fragte Khanda, während er eine Wurzel von Seilloah mit der bloßen Handkante durchtrennte, »sie geschwängert zu haben? Wenn ja, Corvis, dann erlaubst du uns hoffentlich, dem Kind deinen Namen zu geben. Schließlich warst du es, der uns zusammengeführt hat.«
Corvis stieß unverständliche, fast animalische Laute aus. Die Adern in seinem Hals und auf seiner Stirn traten hervor, Speichel tropfte aus seinen Mundwinkeln. Irrial war wieder aufgesprungen und versuchte, das Mädchen zu erreichen, um irgendetwas zu tun, aber sie humpelte so stark, dass sie kaum gehen konnte. Ganz sicher würde sie weder Corvis erreichen, der mühsam zurückwich, noch Mellorin, die gnadenlos
vorrückte. Selbst Salia Mavere, so schien es, versuchte ihnen jetzt zu helfen, aber auch sie konnte nur kriechen und stolpern, während sie versuchte, irgendetwas Nützliches zu tun.
Mellorin kam näher, ihr Dolch blitzte auf …
Trotz seiner glühenden Wut, trotz der ständigen Schläge und Stöße gegen ein Ziel, das all seinen Bemühungen mit unmenschlicher Anmut auswich, gelang es Jassion, aus dem Augenwinkel zu verfolgen, was mit den anderen passierte. Er sah, wie der Schrecken des Ostens zum Rückzug gezwungen wurde, sah, wie das Blut aus seiner Seite quoll, und tief in seiner Seele frohlockte er. Ganz gleich, welche Bedrohung Khanda darstellte, durch Rebaines Tod würden zahllose Missetaten geahndet. Ganz gleich was der Kriegsfürst und Seilloah geplant hatten, er konnte mit Kralles Hilfe ebenso viel ausrichten. Die Zeit war endlich gekommen, um Rache für Denathere zu nehmen, für ganz Imphallion, für den kleinen Jungen Jassion und für seine Schwester Tyannon, die von seiner Seite gerissen worden war.
Doch als er Kralle schwang, sah er seine Schwester vor sich, nicht als das kleine Mädchen von damals, sondern so wie vor wenigen Monaten, als er sie zum ersten Mal in seinem Leben als Erwachsener getroffen hatte. Er sah ihr Gesicht, wie sie ihn eindringlich anstarrte, und er sah auch Mellorins Augen, die voller Entsetzen waren, als sie ihre ersten unfreiwilligen Schritte machte, auf Rebaine zu.
Er wusste, dass keine der Frauen, dass im Grunde niemand aus seiner Familie mit dem würde leben können, was sie im Begriff war zu tun.
Da gab Jassion, Baron von Braetlyn, seinen Kampf gegen Khanda auf, um das Leben des Schreckens des Ostens zu retten – und damit die Seele von dessen Tochter.
»Irrial! Fang!«
Corvis hörte den Ruf, dann sah er, wie Jassion auf ihn zurannte und Kralle der humpelnden Baroness beim Näherkommen zuwarf. Der Abstand zwischen ihnen war nicht besonders groß, aber die Trümmer unter seinen Füßen verlangsamten seine Schritte, und Mellorins Dolch hob sich noch höher.
Er wirbelte durch die Luft und … erstarrte.
Der Stahl glänzte, schien in dem flackernden Licht der Feuer zu tanzen. Nur wenige Zentimeter trennten den Vater von der Tochter, und der alte Kriegsfürst wusste, dass er längst hätte tot sein sollen.
Mellorins Klinge zitterte, ebenso wie ihre Hand und ihr ganzer Körper, während Muskeln und Fleisch gegeneinander kämpften. Ihre spröden Lippen rissen auf und fingen an zu bluten, so fest presste das Mädchen sie zusammen. Sie schrie auf, und Corvis wusste nicht, ob es vor Schmerz oder vor Wut war, doch dann bewegte sie sich wieder, war erneut Sklavin von Khandas Willen.
Aber mit diesem einen Moment der Rebellion hatte sie die wenigen Sekunden herausgeschunden, die Jassion benötigte. Sie hörte seine Schritte, wandte sich ihrem angreifenden Onkel zu und stieß mit der bösartigen Waffe nach ihm.
Jassion versuchte gar nicht erst, den Schlag abzufangen. Er drehte sich zur Seite, so dass der Dolch über seine gepanzerten Rippen glitt, und zuckte vor Schmerz zusammen, als einige der Kettenglieder sich teilten. Dann jedoch prallte er gegen seine Nichte, und der Schwung riss sie beide zu Boden. Er lag auf ihr, hielt sie mit seinem massigen Körper niedergedrückt und bemühte sich, sie an den Handgelenken zu packen. Er sah, wie Hoffnung in ihrem Gesicht
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