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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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strangulierten und dabei masturbierten. Die menschliche Kreativität war grenzenlos, und West kannte alle Varianten. Sie hatte einen Kugelschreiber herausgeholt und blätterte damit weitere Papiere durch. Zwar waren Geldangelegenheiten, Finanztransaktionen, Versicherungen und das ganze Bankwesen nicht gerade Wests Spezialgebiet, doch sie verstand genug davon, um einen möglichen Zweck von Mauneys Reisen zu erkennen. Ein wichtiger Fingerzeig war die Tatsache, daß er sich einen Decknamen zugelegt hatte. Ein Paß und ein Führerschein trugen den Namen Jack Morgan, zeigten jedoch die Fotos von Mauney. Im ganzen fanden sich acht Kreditkarten und zwei Scheckhefte, ausgestellt auf Mauney, beziehungsweise Morgan. Beide Männer schienen ein ausgeprägtes Interesse an Immobilienobjekten gehabt zu haben, insbesondere an einer Reihe von Hotels in Miami Beach. West hatte den Eindruck, Mauney habe geplant, an die hundert Millionen Dollar in diese alten pastellfarbenen Kästen zu investieren. Warum? Wer, zum Teufel, reiste heutzutage noch nach Miami Beach? West schwitzte auch hier schon in der feuchten Hitze. Sie blätterte weiter. Warum hatte Mauney diesen Abstecher nach Grand Cayman geplant, der Welthauptstadt der Geldwäscherei?
    »Großer Gott«, murmelte West. Grand Cayman. Der Name hatte drei Silben.
    Sie stand auf und ließ den Blick über die strahlende Skyline mit dem mächtigen, alles überragenden US Bank Corporate Center schweifen, an dessen Spitze das rote Blinklicht Hubschrauber und zu niedrig fliegende Flugzeuge vor Kollisionsgefahr warnte. Da ragte es empor, dieses Symbol wirtschaftlichen Erfolgs und der harten Arbeit, die viele Menschen dafür leisten mußten. Sie wurde ärgerlich. Wie viele andere Bürger dieser Stadt hatte auch West ihr Konto bei der US Bank. Auch ihre Ersparnisse lagen dort. Mit ihrer Hilfe hatte sie ihren Ford finanziert. Die Schalterangestellten waren immer freundlich und hilfsbereit. Am Ende ihres Arbeitstages gingen sie nach Hause und versuchten wie die meisten Menschen, irgendwie auszukommen. Und dann kam so ein Teppichhändler daher, betrog, unterschlug, fälschte Transaktionen, machte sich wie ein Bandit aus dem Staub und brachte einen unbescholtenen Wirtschaftszweig und seine Beschäftigten in Verruf. West winkte Hammer zu sich. »Sehen Sie sich das an«, sagte sie leise zu ihrer Vorgesetzten. Hammer hockte sich neben die offene Wagentür und ging die Papiere durch, ohne sie mit den Fingern zu berühren. Die meiste Zeit ihres Lebens hatte sie ihre Ersparnisse investiert. Sie hatte einen Blick für »kreatives Banking« und war erst geschockt, dann angewidert, als ihr die Wahrheit dämmerte. Wenn es im Moment auch noch nicht zweifelsfrei bewiesen war, stand, soweit sie erkennen konnte, Blair Mauney III hinter me hreren hundert Millionen Dollar Kredit, die der Dominion Tobacco gewährt worden waren. Die Dominion Tobacco ihrerseits schien mit einer Entwicklungsgruppe für Immobilienprojekte, der Southman Corporation in Grand Cayman, verknüpft zu sein. In Verbindung damit standen zahlreiche Nummernkonten, die untereinander nicht durch eine identische Identifikationsnummer verknüpft waren. Wiederholt tauchten verschiedene Telefonnummern aus Miami auf, aber statt Namen fanden sich nur unverständliche Initialen daneben. Erwähnt wurde verschiedentlich etwas, das sich US Choice nannte. »Was halten Sie davon?« flüsterte West.
    »Veruntreuung, um mal einen Anfang zu machen. Wir müssen all diese Unterlagen dem FBI übergeben. Die Squad Four soll sehen, was sie damit anfangen kann.«
    Dicht über ihnen kreiste der Hubschrauber des Nachrichtensenders. Die Leiche in ihrem Kokon wurde in den Krankenwagen geschoben.
    »Was ist mit Cahoon?« fragte West.
    Hammer holte tief Luft. Er tat ihr leid. Wie viele schlechte Nachrichten ertrug ein Mensch an einem Abend? »Ich werde ihn anrufen und ihm unseren Verdacht mitteilen«, sagte sie düster. »Sollen wir Mauneys Identität schon heute abend preisgeben?«
    »Ich würde sie lieber bis morgen zurückhalten.« Hammer sah zum Absperrband. »Ich glaube, Sie haben Besuch«, sagte sie.
    Brazil stand am Band und machte sich Notizen. Er war an diesem Abend in Zivil. Sein Gesicht verhärtete sich, als er Wests Blick begegnete und ihn erwiderte. Sie ging zu ihm. Beide traten ein Stück abseits von den anderen. Durch das Absperrband voneinander getrennt, blieben sie stehen.
    »Wir geben heute abend noch keinerlei Information heraus«, sagte sie.
    »Ich tue nur

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