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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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erregte ihn. Er dachte an die Reise, die er am nächsten Nachmittag antreten wollte. Seine Frau dachte, er bliebe drei Tage in Charlotte. Cahoon und Konsorten glaubten, er würde nach dem Frühstück nach Asheville zurückfliegen. Beide hatten keine Ahnung.
    Während die Familienangehörigen aus dem fernen Los Angeles und New York mit dem Flugzeug anreisten, widmeten sich Chief Hammer und ihre Söhne als Hinterbliebene der traurigen Aufgabe, Schränke und Schubladen durchzugehen, um Seths Kleidung und andere persönliche Dinge zu ordnen, untereinander aufzuteilen oder wegzugeben. Hammer konnte das Bett ihres verstorbenen Mannes nicht ansehen. Hier hatte der Alptraum seinen Anfang genommen. Hier hatte er sich betrunken und anschließend seinen Phantasien hingegeben, wie er sie diesmal wirklich verletzen könnte. Nun, es ist dir gelungen, Seth. Das hast du dir fein ausgedacht, ging es Hammer durch den Kopf. Sie legte Hemden, Shorts und Unterwäsche, durchweg Größe XXXL, sowie Socken für die Heilsarmee zusammen und verpackte sie in Tüten.
    Sie machten keine Pläne, was mit Seths Wertgegenständen geschehen sollte, seinen vier Rolex-Armbanduhren, dem Trauring, der ihm schon seit über zehn Jahren nicht mehr gepaßt hatte, der Sammlung alter goldener Uhren aus dem Besitz seines Großvaters, dem Jaguar und ganz zu schweigen den Aktien und dem Bargeld. All diese Dinge waren Hammer völlig gleichgültig, und sie war eigentlich darauf gefaßt, daß er sie in seinem Testament ein letztes Mal zum Narren halten würde. Sie war nie materialistisch gewesen und wollte auch jetzt nicht damit beginnen.
    »Ich kenne seine Angelegenheiten nicht im Detail«, erklärte sie ihren Söhnen, denen sie auch gleichgültig waren. »Typisch«, sagte Jude und legte den nächsten Anzug zusammen, den er von einem Bügel genommen hatte. »Man sollte meinen, er hätte mit dir über sein Testament gesprochen, Mom.«
    »Das ist zum Teil meine Schuld.« Sie schob eine Schublade zu und fragte sich, wie sie das alles hier allein überstanden hätte. »Ich habe ihn nie danach gefragt.«
    »Du hättest nicht danach fragen müssen«, meinte Jude vorwurfsvoll. »Eigentlich gehört es doch zum Zusammenleben zweier Menschen, daß man die wichtigen Dinge miteinander teilt, oder? Wie bei dir, du hättest vielleicht für die Zukunft planen können für den Fall, daß ihm etwas zustieße. Was bei seiner zerrütteten Gesundheit ja durchaus im Bereich des Möglichen lag.«
    »Ich habe meine Zukunft selbst geplant.« Hammer sah sich im Zimmer um und wußte, daß sie bis auf das kleinste Stäubchen alles daraus entfernen mußte. »Ich stehe ganz gut auf meinen eigenen Füßen.«
    Randy war jünger und aufbrausender. In seinen Augen war sein Vater ein verwöhnter, selbstsüchtiger Neurotiker gewesen, den andere kaum über das hinaus interessierten, was sie ihm in seinem sinnlosen, gierigen Leben nutzen konnten. Besonders aufgebracht war Randy über die Art, wie er seine Mutter behandelt hatte. Sie hätte jemanden verdient, der sie für ihre Güte liebte und für ihren Mut bewunderte. Er ging zu ihr und schlang die Arme um sie. Sie legte gerade ein T-Shirt mit Key-West-Aufdruck zusammen. Seth hatte es bei einem ihrer seltenen gemeinsamen Urlaube gekauft.
    »Bitte nicht.« Sanft schob sie ihren Sohn von sich, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Komm doch für eine Weile zu uns nach L.A.«, meinte er zärtlich und ließ sie nicht los.
    Sie schüttelte den Kopf und widmete sich wieder ihrer Tätigkeit. Sie war entschlossen, alles, was sie an Seth erinnern konnte, so schnell wie möglich aus dem Haus zu verbannen, damit das Leben für sie weitergehen konnte.
    »Das beste für mich ist meine Arbeit«, sagte sie. »Außerdem gibt es einige Probleme zu lösen.«
    »Es gibt immer irgendwelche Probleme, Mom«, sagte Jude. »Wir würden uns sehr freuen, wenn du nach New York kämest.«
    »Weißt du etwas von diesem Phi-Beta-Kappa-Symbol an einer Kette?« Randy hielt es hoch. »Es lag in der Bibel, hinten in dieser Schublade.«
    Wie versteinert blickte Hammer auf die Halskette. Der Anhänger gehörte ihr, er stammte von der Bostoner Universität, wo sie vier sehr anregende Studienjahre verbracht und als eine der Besten ihres Jahrgangs in den beiden Hauptfächern Strafrecht und Kriminalgeschichte abgeschlossen hatte. Diese beiden Gebiete gehörten für sie untrennbar zusammen. Hammer kam nicht gerade aus einer privilegierten Gesellschaftsschicht, und es war auch nicht

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