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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Widerstand, der meine eigene Kraft stählt, einen großen, ehrlichen, offenen Kampf, wo Gott entscheidet. Wenn sie siegten –«
    Er schwieg bei sich. Ob er sich doch nicht zutraute, wenn sie siegten, dem Gottesurtheil sich zu unterwerfen! Auch der Tapferste liebt es nicht besiegt zu werden.
    »Und auch das noch!« rief er, das fürstliche Siegel, das sein Wappen enthielt, auf einem Schreiben erbrechend, welches der Fourier hereingebracht. Der Brief war von seinem Oheim, dem Markgrafen Friedrich dem Aelteren von Baireuth.
    »Wieder Warnungen, Anmahnungen! – Ein Graf von Giech! – Herr Graf von Giech, Euren alten Adel, Euer schönes Stammschloß auf den fränkischen Bergen in Ehren, in Ehren auch den Botschafterposten meines erlauchten Ohms, aber ich werde mit Euch märkisch reden. Wenn mein Ohm, Euer Herr, als ich bei meines Vaters Tode ein Knabe war, mich für verständig genug hielt, daß ich das Regiment auch ohne Vormund führe, so erwägt, daß ich durch Jahre und Erfahrung älter ward und keinen Hofmeister aus der Fremde bedarf. – Er mag kommen, der Herr Graf von Giech!«
    Der Fürst warf das Schreiben auf den Tisch und sich in den Sessel. Seine Augen flogen durch das Dunkel des gewölbten Zimmers.
    »Wer hat mich angeklagt? Wer rief nach Franken um Hülfe? Der Brief ist stumm. Und wenn ich den Herrn Grafen fragen werde, wird er wie die Bürger antworten: ›Man sagt‹, ›man meint‹. O diese namenlosen Angeber, diese dunkle Macht des Gerichtes, diese Fledermäuse in dunstigen Gewölben! Alle sind es, aber Keiner. Sie grollen Alle, aber wen ich ansehe, warum zeigt mir denn Keiner die Zähne? – Warum verziehn sich die Runzeln in ein freundliches Grinsen, warum überstottern sie sich in Ehrfurchtsbetheuerungen! Es ist ja möglich, daß ich irrte, ich bin ein Mensch, jung; möglich, daß ich zu rasch gehandelt, mich hinreißen ließ – wenn sie Muth hätten, wenn ihre Sache gut wäre wie meine, warum ist denn nicht ein Einziger, der es wagt, mir vor die Stirn zu treten, der es ausspricht? Ich könnte zürnen, auffahren, strafen. Nun, wagt das Keiner um eine gute Sache! Wagt Keiner, sich selbst zu opfern, um was ihm heilig ist? – Ich will mit ihnen fertig werden, mit ihnen allen, ich allein!«
    Im Zimmer verbreitete der große schwarze, mit vielen künstlichen Figuren ausgelegte Ofen eine dunstende Wärme. Joachim riß das Fenster auf, um frische Luft zu schöpfen. Es kam auch da nichts Frisches herein. Ein Dampf lagerte über der Stadt, die Spree floß träg zu Füßen der Mauern, kaum daß ein Paar Sterne sich matt in ihrem schwarzen Wasser spiegelten. Wenige gingen über die Brücke. Nur drüben an dem sumpfigen Ufer hielt ein Mann mit zwei Reitpferden. Ein Anderer, in einen Mantel verhüllt, einen Federhut auf dem Kopf, sprach mit ihm. Dann schritt dieser über die Brücke nach dem Schlosse zu; nach einer Weile folgte ihm der Mann mit den beiden Pferden. Es schien dem Fürsten, als wenn er die Thiere vorsichtiger führte, als es sonst Art ist.
    Der Anhauch der Luft hatte sein Blut nicht erfrischt, als Joachim sich wieder an den Schreibtisch setzte. Er las, er schrieb, aber seine Gedanken flogen abwärts. Er dachte an seinen Oheim Friedrich, dessen Schreiben vor ihm lag. Wie glücklich war der in seinem glücklichen Oberlande, in den grünen Bergen, wo die muntern Bäche plätschern, die Tannen an den Abhängen rauschen, die Morgensonne die schönen Schlösser auf den Höhen anglüht. »Ach wären wir dort geblieben! Welche saure Arbeit wäre uns erspart!« – »Aber auch eine ehrenvolle Arbeit minder,« antwortete er sich und langte wieder aus dem Pult das Testament des Vaters. Er las es, und las es. »Ich arbeite ja nur in Deinem Dienst, auf Deinen Befehl.«
    Das Pergament war wieder verschlossen und Joachim schrieb und blätterte in den Schriften vor ihm, bis die dunkeln Gedanken abermals ihn zu übermannen schienen. Er legte die Feder weg und seinen Kopf in die Lehne.
    »Und gerade zum heiligen Weihnachtsfest! Ich hatte mich nimmer so gesehnt, es in stiller Weihe zu begehen, als dieses Jahr, um mich würdig vorzubereiten auf das große Werk in Frankfurt. Wenn nach Neujahr der Abt, mein Freund, wie er versprochen, kommt –«
    Er hielt sich das Gesicht mit beiden Händen:
    »Mein Freund! – Wer ist denn mein Freund! Der ist ein Freund meines Wissens, meines Strebens, der der Ehren, die ich ihm zuwende, der ein Hund an der Kette, der wedelt mich an aus Furcht, daß ich ihn schlage. – Ich habe

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