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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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keinen Freund! – Lindenberg, dein Tod ist gerächt. So schnell hast du Recht gewonnen. Ein Fürst, der Niemand mehr traut als sich, ist dem Gesindel anheimgefallen, sprachst du. – Ich traue ja Niemand mehr – sie Alle schleichen, Alle nur der Widerhall meiner Worte. Und wenn sie stumm sind, auf welchen langen Leichenzug verbrecherischer Gedanken muß ich lauschen! – Du klagst mich an. Hörst du auch meine Klage. – Aber ich hätte milder sein können gegen mich, ich hätte mich selbst täuschen sollen, daß mir die süße Melodie deiner Worte länger vor den Ohren klänge! Deine That hätte ich gut machen können, nur um dich mir zu retten. Du warst ja nicht mehr gefährlich. Die Spieluhr, die mir vor den Ohren summt, belügt mich ja nicht. Sie singt, wie ich sie stimmte. Und ist es denn ein Verbrechen, einer Lüge horchen, die uns nicht mehr täuschen kann? Sind sie immer Gift? Vielleicht wohlthätiges Gift, Balsam auf verharschende Wunden, die unter der rauhen Hand der Wahrheit wieder aufgehen und von Neuem bluten. Allmächtiger Gott, was ist die Wahrheit, nach der wir ringen?«
    Er schauderte zusammen: »Wenn ich ihnen allen in's Herz schaute, ihre Gedanken vor mir lägen wie ein offenes Buch! – Bewahre mich der Herr vor dem Entsetzlichen. Wir hätten in diesem unruhevollen Leben keinen ruhigen Augenblick. Geharnischt müßte ich mich auf mein Lager werfen, und wenn ich aufspränge, das Richtschwert zücken! Wohlthätiger Nebel, den er über unsre Augen goß, nur so viel Licht uns schenkend, als wir ertragen mögen! Ja was die Sterne uns vertrauen, das ist wahr. Darin zu lesen vergönnte er aber nur Wenigen und Weniges. Das andere ist Spiel! Ich haßte das Spiel, und doch – ich wollte, daß es mehr Spiel gäbe, mehr süße liebliche Täuschung, nur auf Augenblicke die Wirklichkeit zu vergessen.«
    Die ungeputzten Kerzen brannten nur dunkel. Es war todtenstill. Von den Thürmen schlug es Mitternacht. Der Fürst lag zurückgelehnt in seinem Stuhle.
    »Es ist zu spät, es ist geschehen,« murmelten seine Lippen sein Auge schloß sich, aber vor dem inneren traten die Gestalten auf, die ihn allnächtlich heimsuchten. Seine Brust bebte, sein Arm hob sich etwas, die Hand preßte sich krampfhaft zusammen. Er sah den Geist des Ritters, die Wendeltreppe kam er herauf, er schritt durch den langen Gang. »Warum, warum immer mit den hohlen Augen, Lindenberg! Klagst du die Raben an oder mich? Dein Auge war so glänzend. Ich riß es dir ja nicht aus. Was schleichst du wie auf Diebessohlen! Was stehst du an der Thür?«
    Die Erscheinung verschwand nicht. Es war ein etwas Mehr als die Vision, die aufgeregten Sinne wurden thätig. Er hob sich, auf die Armlehne gestützt, wie ein Lauschender. Plötzlich ein Schrei, er sprang auf:
    »Maria Joseph, was ist das?«
    Joachim riß die Augen auf. Er hörte deutlich einen streichenden Ton an der Thür, ein Kratzen; dann ein Fall, wie ein leichter Körper auf den Fliesen des Bodens; dann Tritte, wie eines hastig Forteilenden. Er wollte nach der Klingelschnur greifen, das wäre zu spät worden. Den Armleuchter ergreifend, stürzte er nach der Thür und riß sie auf. Am Ende des langen Corridors verschwand die dunkle Gestalt. »Mörder!« wollte der Fürst rufen, die Stimme versagte ihm. – Das Licht der Kerzen beleuchtete etwas Weißes an der Nußbaumthür. Die Kreide, mit der die Schrift geschrieben, lag am Boden. An der Thüre standen die Worte:
     
    Joachimken! Joachimken hüte Di!
    Kriegen wi Di, so hangen wi Di!
     
    Unten stampfte ein Roß. Hufschlag durch das Portal. Er stürzte in das Zimmer zurück an's Fenster. Ueber die lange Brücke sprengten zwei Reiter. Von drüben kam eine fröhliche Gesellschaft von einem Schmause zurück. Bei dem Schein der Fackeln konnte er die Umrisse der einen Gestalt erkennen. Die Reiter mußten große Eil haben. So preschten sie durch die Gäste. Er hörte ihre Hufschläge klappern, die Oderberger Gasse entlang.
    Wenn der Kurfürst jetzt, da er nach der Schnur zur großen Glocke eilte, in den Spiegel gesehen, an dem er vorüberging, hätte er auch vor einem Gespenst erschrecken mögen. Ein so blasses Gesicht sah ihn mit starren Augen aus dem Glase an. Als die Glocke stürmte, durchschauerte es ihn bang. Seine Miene schien zu sprechen: »Wen wird sie rufen? Steh ich doch schon vielleicht allein?« – Die Edelknaben schliefen. Hatte man sogar vergessen die Wächter auf den Gang auszustellen, – Waren die Tritte, die jetzt den Corridor

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