Die Hosen Des Herrn Von Bredow
wo ich zuletzt gewesen bin. Was sagt denn die Brigitte zu?«
»I nu, was wird sie sagen. 'Ne Stiege Gänse haben in den Rauchfang gehängt. Die Agnes haben wir nach Spandow gebracht.«
»Die Agnes, ach das liebe Kind!«
»Die wird fromm werden. Nu schlachten wir auch bald die Schweine.«
»Bin doch kurios zu wissen, wie's daheim geht.« Damit war Herr Götz aufgestanden, und der eine Fuß saß schon im Steigbügel. »Wie lange bin ich denn eigentlich fort, Kaspar?«
»In einer Stunde sind wir zu Haus, Herr!«
»In einer Stunde, kurios!« sagte Herr Gottfried, und saß nun ganz im Sattel. »Viele Stunden, die machen einen Tag, und viele Tage einen Monat, und viele Monate ein Jahr, und was machen nun viele Jahre! 'S ist doch kurios, Kaspar, wenn man so das denkt. Manchmal ist mir doch, als wären viele Jahre nur wie eine Stunde, und dann ist mir wieder, als wäre eine Stunde wie viele Jahre.«
Dem treuen Knecht war recht bang zu Muthe, als sie so neben einander, der Herr ritt und er kutschirte. Daß der Herr ihn nicht geprügelt hatte, das war schon sonderbar. Und jetzt ritt er so versenkt in sich und dachte, und dachte laut. Der Knecht dachte, ach wenn's mit dem guten Herrn zu Ende ginge!
Da sah Herr Gottfried plötzlich seine Handschuhe an und steckte den Daumen in den Mund und schüttelte den Kopf: »Kaspar, Kaspar! mir fällt was ein.«
»Das auch noch! da ist's richtig.« Kaspar wischte sich das Auge.
»'S ist richtig! Kaspar, 's kommt schlimme Zeit.«
»I, warum nicht gar! Die Kraniche flogen ja über unser Haus.«
»Krieg, Aufstand giebt's, sie rüsten, ich muß mit. Ach, nu kommt das Alles raus. – Wo waren wir doch die letzte Nacht? – Richtig, richtig! Die blanken Schwerter kreuzweis über den Bechern. Der Todtenkopf auf dem Tisch. Der Köpkin hielt meinen Arm, als ich schwor. Der Wulf, der konnte nicht mehr stehen, da biß er in den Handschuh, daß er sich's entsänne, wenn er aufwachte. Ich biß auch. – Ja ja, 's ist Alles so.«
»Hab auch von gehört, sie sind wolfstoll um den Lindenberg. – Ihr müßt also auch mit, wenn's losgeht?«
»Mit!«
»Der Kurfürst ist ein starker Herr. Wer ihn anbellt, den beißt er.«
»Sie werden auch beißen.« Die kriegerischen Gedanken schienen sich in dem Ritter zu sammeln.
»Unter Wölfen muß man mit heulen. Na, vielleicht kommt's nicht dazu.«
Der Ritter stützte das Kinn mit der Hand: »Vielleicht! Wollen ihn beim Freigericht verklagen, daß er einen Edelmann darum – Wenn das es auf sich nimmt – sonst, sonst Kaspar, da werden wir die Knochen rühren müssen, da wird's Ernst werden. Alle Heiligen, da dürfen wir nicht mehr schlafen. Kaspar, verstehst Du mich; das dürfen wir der Frau nicht sagen.«
Einundzwanzigstes Kapitel.
Jochimken hüte Di!
»Ich stach in ein Wespennest. Ich weiß es. Heran! Hier ist mein Arm, hier meine Brust, mein Gesicht ist frei. Ich will ihnen auch in's Gesicht sehen. Warum haben sie nicht den Muth! Was schwirrt es wie Käfer in der dunstigen Luft! Ihre Väter haben es doch gewagt, es galt eine große Frage. Gott entschied für meine Väter. Warum geht ihnen der Athem ihrer störrigen Vorfahren aus? Es muß schlechter um ihr Bewußtsein stehen als um ihr Recht.«
So sprach der Kurfürst und ging mit hastigen Schritten auf und ab. Er war allein; der Kammerdiener, der die Lichter angezündet, eilte, daß er wieder hinauskam. Der Fürst liebte Niemand um sich in dieser Stunde.
Aber noch eben hatten die Bürgermeister der beiden Städte und einige Rathsherrn im Zimmer gestanden.
»Auch diese Bürgerherren, ich will es glauben, sie lieben mich; ich that ihnen ja noch nichts, wie meine Vorfahren, aber warum denn nicht heraus mit der Sprache! Warum diese dunkeln, Ungewissen, scheuen Andeutungen? Fahre ich mit einer Frage, einem Wort, einem Blick drein, stäubt's auseinander wie der Rauch vor'm Winde, und erstarrte Ehrfurcht zittert vor mir, der das Wort im Munde gefror; sie wissen nichts.«
– »Wenn sie auch wüßten, der Muth ging ihnen aus. – Auch für ihren Fürsten, weil er gegen ihn ausgegangen? Haben so die trägen Jahre gezehrt, hat so das Fett sie eingeschüchtert. Allmächtiger Gott, ich weiß es ja, daß ich eine große Sendung übernahm, dieses verwüstete Land zu sittigen, daß ich tief einschneiden muß in das Fleisch, Wunden giebt es. Hat die alte Wüstheit ein Recht für sich, warum tritt sie nicht auf, warum fischt sie nicht offen, Mann gegen Mann mir gegenüber. Ich liebe einen tüchtigen
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