Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Himmel und Hölle, hast Du nicht ein Recht, oder wenn Du nicht, hatten's Deine Väter nicht, haben sie's nicht ein Mal geübt, daß der Krämer dort seine Waaren auslud, daß er in jenem Kruge trinken mußte, daß der Schiffer dort anlegte, daß die Wallfahrter da singen mußten. Strengtet Ihr Alle, strengten wir Alle unseren Grips an, da kämen Rechte zusammen wie Sand am Meere, und zweifelt Ihr dran, daß sie übertreten werden? Da zugeschlagen, da Euch in Besitz gesetzt, und wenn die Kerle schreien, wir wieder! Wenn der ganze Adel zugleich den Mund aufthäte, was müßte das für ein Geschrei geben. Wenn Ihr klug wärt, nähmt Ihr Pfaffen, Gelehrte dazu – es giebt überall solche Gesellen von der Feder, die Euch für eine Bratwurst aus dem verräucherten Pergament beweisen, was Ihr bewiesen haben wollt. Da denn gepocht, ihm das Gewissen heiß gemacht. Solche verräucherte Scharteken mit alten Satzungen und Gerechtigkeiten sind ihm ein Spielzeug: er dünkt sich was darauf, sie zu schützen und zu bewahren. Das Eisen geschmiedet, so lange es warm ist. Hier hilft uns seine Jugend. Er muß nicht zur Ruhe kommen vor lauter Klagen und Beschwerden. Er muß so eingeheizt werden, daß er nicht aus und ein weis, daß er links und rechts ausschlägt. In der Wuth schlägt man falsch; das giebt uns immer neue Waffen. Am Ende verwirrt, gescholten, mißverstanden, läßt er Alles gehen, wie es ist, und mehr brauchen wir nicht. Dann ist das Regiment wieder in unseren Händen, wie es sein müßte von Gott und Rechtswegen in der Mark Brandenburg.«
Der Herr von Lindenberg war aufgestanden, und that einen vollen Zug aus der Kanne. Peter Melchior kraute sich im Kopf und schiene schlau nach dem Redner und den beiden andern.
»Donnerwetter!« schmunzelte seine Zunge, als schwelgte seine Einbildungskraft in Zuständen, die nur in der Märchenwelt Wahrheit sind.
»Ach Ihr seid alle zu träg«, fuhr der Redner fort. »Ihr schickt Euch nicht in die Zeit, Ihr lernt nichts von der Zeit. Wozu hat Euch Gott ein Maul gegeben, daß Ihr Andere klagen laßt! Wo soll er Respect bekommen vor dem Adel. Ich allein kann's nicht alles einfädeln, die Zunge wird mir trocken, der Rücken krumm und steif zugleich. Statt daß ich angreifen dürfte, wenn im Euch hinter mir habe, muß ich in einem fort Euch entschuldigen. Da geht dem besten Mann der Muth aus: und ein Höllendienst ist's, der Hofdienst, bei solchem! Wünschte, ich wäre auch, wie der Wilkin Lüderitz, verfehmt; da könnte ich mich ein Mal erholen.«
Es trat eine Pause ein.
»Schade!« sagte Peter Melchior.
»Was?«
»Ich meine den Hedderich! Es muß eine Lust sein, solch ein fettes Schwein in den Graben zu werfen.«
»Um diese Jungen thut's mir leid«, fuhr der Gast, auf- und abgehend, fort. »An uns Alten ist nichts mehr gelegen, wir nehmen unsere Schande mit in's Grab. Aber der Aufwuchs, was soll daraus werden! Wo sollen sie ihre Sporen verdienen? Tourniere kommen ab, Fehden giebt's nicht mehr, wenn man nicht für einen Fürsten, oder gegen die Türken seinen Leib zerhacken läßt. Absagen soll Keiner mehr dem Andern. Die goldene Zeit bricht an für die Feigheit; die Federfüchse werden Helden werden. Und das nennen sie Recht und Gerechtigkeit! Wo sollen die Jungen fühlen lernen, daß sie frei sind, daß adlig Blut in ihren Adern fließt! Nicht mal 'nen Zeitvertreib gönnt man ihnen. – Wo zog der Hedderich hin?«
»Nach Brandenburg«, sprach rasch Hans Jochem. »Er hatte zween alte Gäule, die ziehen im Sande nicht schnell.«
»Hört das junge Füllen. Möchte durch den Stall brechen auf die Nachtweide,« lachte Peter Melchior.
»Was seht Ihr mich an?« fragte der Gast.
»Ich meinte nur, Herr von Lindenberg –«
»Pst! keinen Namen.«
»Probiren wir's? 'Nen Spaß. Nur daß die Jungen nicht aus der Art schlagen.«
Der Ritter blickte die Vettern an: »Sind die schon mal ausgeritten?«
Beide senkten die Köpfe.
Der Gast war an's Fenster getreten und hatte hinausgeschaut: »'S ist wie Maienluft.«
Peter Melchior hauchte in die Hand: »Gen Brandenburg? Ich weiß den Weg.«
Lindenberg hatte sich wieder in den Lehnsessel geworfen: »'S ist nicht meine Art, das hab' ich schon gesagt; aber weiß der Geier, es prickelt mir in den Fingern und saust in den Ohren.«
»Man muß sich solche Gelegenheiten nicht entgehen lassen, und Ihr bedürft einer Erholung, Herr von Lindenberg«, fiel der Andere ein. »Ist ja der Lumpenkerl noch nicht mal bestraft von wegen all dem Tand. Ich
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