Die Hosen Des Herrn Von Bredow
den verrosteten Harnisch. Er lehnte den Kopf hinaus und schlürfte die laue Nachtluft ein. Da kamen unversehens seine Finger unterm Brett zusammen, als wenn er sie falten wollte. Er erschrak fast: »Nein, Beten, das schickt sich nicht, jetzt nicht. Nachher!« –
Da er sich umwandte, stieß er mit dem Kopfe an das Schilfdach: »Das soll auch nicht mehr lange sein! Nachher!« – Er schwieg und tappte durch die dunkle Kammer nach der Thür. Draußen war es licht an der Lampe, die der alte Casper immer ansteckte, wenn sein Herr erwachen sollte.
Der schaute den Gerüsteten verwundert an, und seine Mienen gingen in ein Lächeln über. Eine Sturmhaube trug Hans Jürgen auf dem Kopf mit einem breiten Rand, und die beiden Flügel eines Habichts waren in den Kamm gesteckt. Der Harnisch war über einen verblichenen Wappenrock von blauer Farbe geschnallt, in dessen gesteppten Faltenwurf die Motten lange genistet zu haben schienen, und dazu klirrte ein schwerer Degen an seiner Seite.
»Na nu!« rief er ihn an. »Gegen wen ziehst Du aus?«
Hans Jürgen machte ein wichtig Gesicht: »Geb' dem Gast das Geleit.«
»Glaubte wenigstens, Du zögest gegen den Großtürken. Nun will ich Dir was sagen, Hans Jürgen. Wenn Du gegen den Türken ziehst, dann magst Du den Degen klappern lassen, aber wenn Du des Nachts ausreitest, trag' ihn sein unterm Arm. Noch etwas,« rief er ihm nach, »wenn's verkehrt geht, wundre Dich nicht, Du hast die Sturmhaube verkehrt aufgesetzt. Und wenn Dein Vater seeliger ausritt, ich meine, wie Du jetzt, dann zog er nicht seinen Wappenrock an, wie Du jetzt, sondern hing den schlechtesten Kittel um. Sieh Dich nur da im Schild an der Wand.«
Ein erster Blick, den Hans Jürgen auf das Schild that, zeigte ihm, daß der alte Knappe recht hatte. Er stülpte die Sturmhaube um und nahm den Degen unter den Arm.
Aber des Vaters Rock, den konnte er doch nicht mehr ausziehen.
»Ei die Nacht ist duster, Hans Jürgen,« lächelte der Alte, »und die Farbe ist ausgeblichen. Auch ist's lange her, daß der Rock geleuchtet auf der Straße, da kennt ihn wohl keiner mehr. Nun noch 'nen guten Rath auf den Weg: Laß Dich nicht bangen, sie thun keinen hangen, den sie nicht fangen. Sprich nicht, wo Du schlagen kannst, aber wo ein Anderer zuschlägt, brauchst Du nicht nachzuschlagen. Trau mehr auf Dein Gesicht, als wenn ein Anderer spricht. Beim Theilen, da mußt Du eilen. In der Noth ist ein gut Pferd besser, als ein guter Freund; und gute Freunde in der Haide bringen draußen manchem viel Leide. Viel Hunde sind des Hasen Tod, aber wenn Du des Nachts ausreitest, hüte Dich vorm Morgenroth.«
Hans Jürgen war längst die Treppe hinunter, als der Alte noch in seinem guten Rathe fortfuhr. Aber er sah ihm freundlich nach: »Wird schon was aus ihm werden. Ein gutes Pferd muß scharf zugeritten werden. Aber ohne solchen kleinen Spaß versauert er ja.«
Es war etwas los, das Alle wußten und keiner sprach es aus: nur Eine wußte es nicht. Bisweilen geht es in den Häusern zu, wie in den Schlössern der Könige. Was Alle wissen und sich zuflüstern und darüber lachen und sich freuen, weiß der Herr nicht, den es doch zunächst angeht, aber Niemand wagt es ihm zu sagen, weil sie ein böses Gesicht fürchten. Die Burgfrau, die sonst Alles sah und hörte, ja ihr entging nicht der stille Gedanke, der sich im Gesicht verrieth, heute sah sie nicht die emsige Geschäftigkeit, sie hörte nicht das Geflüster, und wenn sie sah und hörte, übersah sie's und überhörte es, denn ihre Gedanken waren anderswo.
Durch die Böden und Kammern war sie mit dem Schlüsselbund treppauf, treppab, rechts und links und hatte das eine noch nicht gefunden, was sie suchte. Und dreimal schon war sie wieder an dem Knecht Kaspar vorbeigestreift, und dreimal hatte er ihr zugerufen: »Gestrenge Frau, nun ist's bald Zeit.« War's die schwüle Luft, hatten die Unholde es ihr angethan? Sie fragte Niemanden, sie hätte sich ja selbst angeklagt, daß sie etwas vergessen, und gesehen hatte sie's doch, Stück für Stück war es durch ihre Hände gegangen, als sie abluden.
Da schlug sie plötzlich die Hände zusammen. Wie ein Blitz leuchtete es vor ihren Augen. Sie war auf der Gallerie nach dem Hofe. Die Pferde standen gesattelt, der fremde Herr ließ sich noch einen letzten Trunk reichen. Eine Fackel warf ihr ungewisses Licht auf die Gruppe. »Da steht er ja.« Hans Jürgen schlug seine Hand in die seiner Muhme, die sie ihm hinhielt. »Ich bringe Dir was mit
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