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Die Hüter der Nacht

Titel: Die Hüter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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ihn gegen die Felsenattrappe an der Seite des Wasserfalls. Der alte Mann stöhnte tief.
    »Du bist davongelaufen und hast dich nach dem Krieg nie gemeldet. Heute sehe ich dich, den eigenen Vater, zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht. Ich wusste nicht, was für ein Gefühl das sein würde. Jetzt weiß ich es.«
    Hesslers Blick spiegelte Furcht und Verwirrung wider, während er um Atem rang.
    »Meine Mutter und ich waren für dich gestorben«, fuhr Mundt fort. »Du musstest ja ein neues Leben anfangen. Du hast dich im Lager mit dem echten Hessler angefreundet, sodass du ihn umbringen und seine Stelle einnehmen konntest, als die Zeit reif war. Weiss hat dich dabei beobachtet. Weiss wusste alles!«
    »Weiss.« Paul Hessler schaffte es kaum, den Namen zu wiederholen.
    »Der Kommandant des Arbeitslager bei Lodz an der Straße nach Lecyca. Erinnerst du dich?«
    »Nein«, sagte Hessler und verzog das Gesicht, als er endlich wieder Luft bekam. Mit einem Mal wirkte er nicht mehr ängstlich. »Sie irren sich. Ich war überhaupt nicht in diesem Lager.«
    »Was?«
    Wieder stieß Hans Mundt den alten Mann grob gegen die Felsenattrappe des Wasserfalls, doch diesmal schien Hessler es gar nicht wahrzunehmen.
    »Ich bin nicht Karl Mundt«, sagte er.

85.
    »Nach all diesen Jahren weigerst du dich immer noch, dich zu mir zu bekennen!«
    Hessler wirkte jetzt ruhig und gefasst. »Weil ich nicht Ihr Vater bin. Ihr Vater ist tot. Das ist mir jetzt klar.«
    »Das glaube ich nicht, kein Wort davon!«, rief Mundt und hielt den Mann, den er für seinen Vater hielt, immer noch am Revers fest.
    »Ich zeige es Ihnen. Ich kann jedes meiner Worte beweisen. Ich kann beweisen, dass Karl Mundt tot ist.«
    Der hünenhafte Mann ließ ihn endlich los.
    Paul Hessler, immer noch gegen die Felsenattrappe gelehnt, wandte sich an Danielle. »Das mit Ihrem Baby tut mir Leid. Ich hoffe, ich kann Ihnen helfen.«
    »Wovon reden Sie?«
    »Sagen Sie es ihr, Inspector.«
    »Projekt vier-sechs-null«, begann Ben und wünschte sich, einen besseren Zeitpunkt für eine Erklärung wählen zu können. »Der Grund, weshalb diese vier Schüler in Israel und Palästina sterben mussten …«
    »Ich verstehe nicht.«
    Ben warf einen Blick zu Hessler, bevor er mit der Erklärung fortfuhr. »Ari Hessler befahl den Tod der Schüler, um eine medizinische Entdeckung geheim zu halten«, sagte er und fuhr fort, Projekt 4601 zu erläutern. Er legte in groben Zügen dar, dass es möglicherweise Danielles ungeborenes Kind retten konnte.
    Als Ben geendet hatte, war Danielle zuerst sprachlos; dann wandte sie sich wieder an Paul Hessler. »Das mit Ihrem Sohn tut mir Leid.«
    »Mir auch. Ich habe das Gefühl, ihn zweimal verloren zu haben. Aber es ist sein Name und meine Familie, die ich jetzt schützen muss, Pakad. Wenn Sie zustimmen, dass dies unter uns bleibt, wie Inspector Kamal es vorgeschlagen hat, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um zu helfen, Ihr Kind zu retten.«
    Danielle fühlte sich überwältigt von dieser Aussicht. Die plötzliche Rückkehr der Hoffnung nach einer Woche voller Qual ließ ihr Herz schneller schlagen. Dennoch fand sie den Gedanken unerträglich, kaltblütige Killer ungestraft davonkommen zu lassen. Aber was hatte ihr die Pflichterfüllung eingebracht außer einer Suspendierung durch einen hasserfüllten Vorgesetzten? Danielle hatte stets jede Anweisung ohne Frage oder Protest befolgt – und wie war sie behandelt worden?
    »Wann?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht. Ich werde unverzüglich Experten mit Ihrem Fall beauftragen. Wir können Ihnen noch heute Nacht in meinem Institut Blut abnehmen und mit der Prozedur beginnen. Es wird vielleicht Monate dauern. Möglicherweise ist es zu spät …«
    »Ich werde das Risiko eingehen. Je schneller wir anfangen, desto besser.«
    Paul Hessler blickte von Danielle zu Hans Mundt. »Sobald Sie alle die wahre Geschichte gehört haben.«
    Der Ford Explorer mit Anna Krieger hielt an einer Verkehrsampel in Sichtweite der Türme, als sie zwei dunkle Suburbans aus der privaten Tiefgarage auftauchen sah. Die stämmigen Sicherheitsleute zu beiden Seiten der Zufahrt sorgten dafür, dass sich die Fahrzeuge sicher in den Verkehr einfädeln konnten. Dann zogen die Männer sich zurück.
    Anna spürte ein Prickeln im Nacken; die feinen Härchen richteten sich auf wie bei einer Raubkatze, die Witterung aufgenommen hat.
    Konnte Paul Hessler in einem dieser Wagen sein? Warum sonst waren so viele Sicherheitsleute

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