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Die Hüter der Nacht

Titel: Die Hüter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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wutentbrannt und stürmte los, bis Ben ihm den Weg versperrte.
    Danielle hatte sich nicht von der Stelle gerührt. »Erzählen Sie mir von meinem Vater. Von dem Geld … die ganze Geschichte. Die Wahrheit.«
    »Ihr Vater hat mir das Leben gerettet.« Hessler holte tief Atem. »Das war der wirkliche Beginn der Geschichte …«

84.
    »Im Krieg von 1956«, fuhr Hessler fort, »waren wir beide in derselben geheimen Abteilung, die durch den Sinai geschickt wurde, um Ägypten zu infiltrieren und Nasser gefangen zu nehmen. Es war ein kühner Plan, die erste Unternehmung, die aus der Haganah-Rebelleneinheit und der noch militanteren Irgun hervorgegangen waren. Wir waren seit Monaten gedrillt und ausgebildet worden. Niemand außer ein paar Ausgewählten beim Militär und der Regierung wussten von der Einheit oder dem Plan. Aus keiner militärischen Akte würde hervorgehen, dass wir unsere ursprünglichen Einheiten verlassen oder dass die Mitglieder unserer Kommandoeinheit einander gekannt hatten.
    Unsere Mission scheiterte kläglich, als wir auf eine ägyptische Patrouille stießen. Schlechtes Timing, Zufall, ein Versagen des Nachrichtendienstes – der Grund spielt keine Rolle. Die gesamte ägyptische Patrouille, fast vierzig Mann, wurde niedergemetzelt. Auch darüber gibt es keine Akte. Acht Männer unseres zwölfköpfigen Trupps fielen auf der Stelle, zwei wurden tödlich verwundet. Nur zwei Mann kamen schwer verwundet mit dem Leben davon. Der eine war ich, der andere Ihr Vater, Pakad, der mich buchstäblich auf dem Rücken aus der Wüste trug.«
    Paul Hessler stieß ein tiefes, lang gezogenes Seufzen aus.
    »Unzählige Male flehte ich Ihren Vater an, mich zurückzulassen. Aber stur, wie er war, wollte er nichts davon hören. Tage später wurden wir beide von einem israelischen Hubschrauber entdeckt, dessen Mannschaft auf einem Erkundungsflug war. Wir wurden gerettet.
    Ich selbst kann mich an diese letzten Stunden nicht erinnern. Ihr Vater erzählte mir später davon. Aber an diesem Tag schwor ich, ihm irgendwie gutzumachen, was er für mich getan hatte. Jahre später hatte ich endlich die finanziellen Mittel, um meinen Schwur zu erfüllen. Ich ging mit einem Scheck in der Brieftasche zu Ihrem Elternhaus in Israel. Unsere damalige Mission, Nasser als Geisel zu nehmen, war so geheim gewesen, dass wir uns in all den Jahren danach nicht gesehen hatten. Beim Anblick Ihres Vaters wurde mir klar, wie viel älter wir beide geworden waren. An diesem Tag lernte ich Sie kennen. Ihr Vater stellte uns vor, aber ich nehme an, Sie erinnern sich nicht mehr daran.
    Ihr Vater wollte das Geld natürlich nicht annehmen. Wir trennten uns als Freunde, die sich wieder treffen wollten – mehr nicht. Doch als ich in die Vereinigten Staaten zurückkehrte, eröffnete ich ein Konto auf den Namen Ihres Vaters und zahlte das Geld ein – in der Hoffnung, dass er sich eines Tages vielleicht anders besinnen würde.«
    Hesslers Stimme wurde weicher.
    »Ich erfuhr von seinem Tod, nachdem die Beerdigung bereits stattgefunden hatte und überlegte, wie ich Ihnen von dem Geld erzählen konnte, das jetzt Ihnen gehört. Über eine Million Dollar, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Was war davor?«
    »Wovor?«
    »Vor dem Sinai, vor den Haganah. Ich spreche von Deutschland.«
    Hessler schüttelte den Kopf. »Wir begegneten uns nur einmal vor dem Krieg von '56. Das war 1947 in einem Flüchtlingslager. Dann kamen wir an Bord desselben Schiffes nach Palästina.«
    Danielle wandte sich um und blickte Mundt an.
    »Er lügt«, behauptete der hünenhafte Mann. »Sag ihr die Wahrheit.«
    »Das habe ich.«
    Mundt schob sich an Ben vorbei, die Pistole fest umklammert. »Du hast dein Leben lang gelogen!«
    »Die meiste Zeit, ja. Aber nicht in dieser Sache.«
    »Ich habe gesehen, wo du Hessler begraben hast.«
    Hessler runzelte die Stirn, stemmte sich hoch und starrte Mundt verwirrt an. »Das ist unmöglich. Niemand hat seine Leiche jemals gefunden. Da bin ich mir sicher.«
    »Du hast ihm deine Uniform und den Mantel angezogen …«
    »Die Uniform und den Mantel?«
    »… und ihn dann erschossen.«
    »Erschossen?« Paul Hessler war fassungslos. Benommen schaute er Ben an. »Bitte, sagen Sie mir, wovon dieser Mann redet … Irgendjemand muss es mir sagen.«
    »Ich bin der Sohn, den du verlassen hast, verdammt!«
    Mit einem einzigen schnellen Sprung war Mundt bei Hessler, bevor Ben oder Danielle eingreifen konnten. Er packte Hessler am Jackettaufschlag und knallte

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