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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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er sicher auf beiden Füßen landete.
    Chinon erteilte ein paar Befehle, dann wurde John vorwärts gezerrt. Schließlich betraten sie ein Gebäude, kamen an eine Treppe, und zwei der Ritter packten John links und rechts und zerrten ihn hinauf. Ein paar Mal strauchelte er, aber sie ließen ihn nicht los. Halb führten, halb schleiften sie ihn nach oben, dann ging es einen endlosen Korridor entlang und durch eine Tür.
    Ein unvermittelter Stoß in die Nierengegend ließ Johnschlitternd auf den Knien landen, und endlich, endlich verschwand die Binde von seinen Augen.
    Blinzelnd hob er den Kopf. Nach drei Tagen Finsternis blendeten die vier Kerzen in seinem Blickfeld ihn, als sei jede einzelne hell wie die Sommersonne. Doch allmählich gewöhnten seine Augen sich an das Licht. Er erkannte einen schweren Tisch, auf welchem die Kerzen in silbernen Leuchtern standen. Hinter dem Tisch ragte ein prächtiger, brokatgepolsterter Sessel auf, aus dem sich nun ein sehr junger Mann erhob. Er umrundete den Tisch langsam, schien sich mit einer Hand auf die Platte zu stützen, und blieb vor ihnen stehen.
    Victor de Chinon und seine beiden Gefährten beugten das Knie vor dem Jüngling. »Ich bringe Euch einen Engländer, mon prince «, erklärte Chinon. »Er war als Harrys Bote unterwegs zu Eurem Cousin Burgund. Er gehört zum Kreis der engsten Vertrauten des englischen Emporkömmlings, der sich König schimpft. Gewiss hat er Euch Wertvolles mitzuteilen, wenn man ihn ein bisschen ermuntert.«
    John schauderte ob des diebischen Vergnügens in Chinons Stimme, sah aber weiterhin den jungen Mann an, den Chinon Prinz genannt hatte. Nie im Leben hatte John eine Kreatur gesehen, die weniger prinzlich wirkte: Der Jüngling war klein und dicklich, das kurze, dunkle Haar eigentümlich schütter für einen so jungen Menschen, die Haut teigig und schlaff. Violette Schatten lagen unter den Augen, die John klein und verschlagen vorkamen. Die Lippen wirkten weich und feucht, das Kinn schwach. Mit hängenden Schultern und auffallend x-beinig stand der Prinz da und schaute unbewegt auf John hinab. Er blinzelte mehrfach, was vermutlich daran lag, dass er kurzsichtig war, doch es wirkte dümmlich.
    Das also ist Charles de Valois, der Dauphin, dachte John fassungslos. Wäre er ihm vor einer Woche begegnet, hätte John diesen Prinzen bedauert, dem die Natur so übel mitgespielt hatte. Welch eine Bürde musste es sein, wenn ein jeder auf den ersten Blick erkennen konnte, dass man der Rolle, in die man hineingeboren war, niemals gewachsen sein würde. Wenn mander wandelnde Beweis für den Niedergang seines Geschlechts war. Doch die vergangenen drei Tage hatten Johns Hass auf alle Franzosen aufs Neue geschürt, sodass der Dauphin nicht sein Mitgefühl weckte, sondern nur seine Verachtung.
    »War er … allein?«, fragte der Prinz. Die Stimme war überraschend tief, doch er klang gehemmt. Es war nicht wirklich ein Stottern, aber auch nicht weit davon entfernt.
    »Nur in Begleitung eines Dieners, mon prince . Den haben wir laufen lassen.«
    Gut, dass Tudor das nicht hört, dachte John und musste sich ein bissiges Lächeln verkneifen.
    Der Blick der kleinen Augen richtete sich auf ihn. »Wer seid Ihr?«
    »John of Waringham, Euer Gnaden.«
    »Ich kenne diesen Namen. Ein Graf, nicht wahr?«
    John schüttelte den Kopf. »Das ist mein Bruder. Er ist der Vertraute des Königs, ich bin nur ein gewöhnlicher Soldat. Aber wenn Ihr meinem Bruder einen Boten schicken wollt, wird er ein Lösegeld für mich zahlen.« Ich weiß zwar nicht, wovon, fügte er in Gedanken hinzu, aber er wird es irgendwie beschaffen.
    Der Dauphin winkte desinteressiert ab. »Und wenn Ihr nur ein gewöhnlicher Soldat seid, wie kam es, dass Harry ausgerechnet Euch für seine inoffizielle kleine Gesandtschaft auswählte?«
    »Weil ich Französisch spreche. Das ist unter Engländern nicht mehr sehr üblich.«
    Prinz Charles verzog die Mundwinkel zu einem geisterhaften Lächeln. »Ihr meint, Sie hassen unsere Sprache, weil wir Eure Feinde sind. Wie lautete Harrys Nachricht an Jean von Burgund?«
    »Ich habe keine Ahnung, Euer Gnaden. Es war ein Schreiben, dessen Inhalt mir nicht bekannt war. Der Mann, den Chinon für meinen Diener hielt, ist ein walisischer Edelmann. Er trug den Brief.«
    Der Dauphin betrachtete ihn ausdruckslos. Lange. Johnfühlte einen eisigen Schauer auf dem Rücken, denn er ahnte plötzlich, dass dieser Prinz nicht so schwächlich war, wie man auf den ersten Blick meinte. Eine

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