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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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und war ein alter Mann gewesen. Dennoch schockierte es Raymond immer, wenn er erlebte, dass auch Menschen starben, die nicht im Krieg waren.
    »Dann ist mein Bruder nach Hause gekommen, nehme ich an?«, fragte er schließlich.
    Die Wache schüttelte den Kopf. »Wir haben ihm sofort einen Boten geschickt. Aber der hat ihn wohl nicht rechtzeitig erreicht. Wer kann wissen, wo der Hof sich gerade aufhält.«
    »Hm«, machte Raymond, drückte Daniel die Zügel in die Hand und trat aus dem Torhaus in den sonnigen Hof. Jeder seiner Schritte wirbelte eine kleine Staubwolke auf, und das Gras war in der Sommerhitze braun geworden. Die einsame Birke, die den Sandplatz überschattete, wirkte schlaff und durstig.
    Vor der Kapelle drängten sich viele Menschen, Edelleute und Bauern – Tristan Fitzalan war auf der Burg, im Dorf und im Gestüt gleichermaßen beliebt gewesen. Raymond trat zögernd näher, nickte jenen zu, die ihn grüßten, und stand schließlich vor der Witwe. »Elizabeth. Es tut mir Leid.«
    Sie war eine Dame vom alten Schlage und zeigte sich gefasst. Dankbar nahm sie den Arm, den er ihr reichte, und so gingen sie vor dem Sarg zu dem kleinen Kirchhof hinter dem Gotteshaus.
    Zu Raymonds Überraschung war es ein fremder Priester, der den Trauerzug anführte, ein hochgewachsener Kerl Anfang dreißig mit den eleganten Gewändern eines Hofgeistlichen und den geröteten Wangen eines Bauern. Raymond lauschte ihm aufmerksam. Er hatte fast alles vergessen, was er als Junge im Lateinunterricht gelernt hatte, doch aus den geschliffenen Formulierungen, die er hier und da verstand,schloss er, dass dieser Mann aus Oxford oder aus Cambridge kommen musste. Was hast du mir da ins Haus geholt, John?, überlegte er verdrießlich. Aber diese wie auch alle anderen Fragen mussten warten, bis der gute, alte Fitzalan anständig unter die Erde gebracht war. Also legte Raymond die Hand auf den sonnenwarmen Grabstein seines Vaters und fasste sich in Geduld.
    Nachdem der Friedhof sich geleert hatte, war es der Geistliche selbst, der zu Raymond trat und sich verneigte. »Willkommen zu Hause, Mylord.«
    »Kennen wir uns?«, fragte Raymond argwöhnisch.
    »Zumindest kenne ich Euch. Mein Name ist Alexander Neville.«
    Wenigstens ein Lancastrianer, fuhr es Raymond durch den Kopf. »Ihr seid mit dem Earl of Westmoreland verwandt?«, vergewisserte er sich.
    Vater Alexander nickte. »Ich war der Beichtvater des Duke of Exeter, Sir.«
    »Oh«, war alles, was Raymond dazu einfiel. Der wackere Exeter mit dem Rauschebart war vor zwei Jahren im Winter gestorben. Noch ein Freund, den Raymond schmerzlich vermisste. Es deprimierte ihn, dass ihre Zahl ständig zunahm, und erinnerte ihn daran, dass er selbst die Fünfzig bereits überschritten hatte.
    »Was hat Euch ausgerechnet nach Waringham verschlagen? Nicht gerade ein steiler Aufstieg, oder?«
    Der Priester hob gleichmütig die Schultern. »Ich wollte nicht zurück an die Universität, wo man heutzutage gar zu schnell ein Ketzer genannt wird, wenn man es wagt, den eigenen Kopf zu gebrauchen. So war ich dankbar, als Euer Bruder mir hier eine Stellung anbot, und ich habe meine Entscheidung noch keinen Tag bereut.«
    »Wirklich nicht? Waringham muss Euch eintönig erscheinen.«
    »Im Gegenteil, Mylord. Es ist ein guter, gottgefälliger Ort, und wenn mich gelegentlich die Gier nach einem gelehrtenDisput überkommt, gehe ich auf ein Bier ins Dorf zu Vater Egmund. Wir sind …« Er lächelte fast schelmisch, »Brüder im Geiste, wenn Ihr so wollt.«
    Lollarden, alle beide, argwöhnte Raymond, oder zumindest nicht weit davon entfernt. Trotzdem war er erleichtert. John hatte gut gewählt, erkannte er. Nicht, dass ihn das wunderte. Er strich ein letztes Mal über den moosbewachsenen Grabstein und wandte sich dann ab. »Gegen ein Bier hätte ich gerade auch nichts. Staubig auf der Straße.«
    Alexander schlenderte neben ihm her. »Hattet Ihr eine gute Überfahrt?«
    Raymond verzog das Gesicht zu einer Grimasse des Widerwillens. »Erinnert mich bloß nicht. Ich werde seekrank, Vater. Je älter ich werde, desto schlimmer wird es. Dieses Mal musste ich eine Nacht in Dover in einem Gasthaus bleiben, weil ich nicht weiterreiten konnte.«
    »Oh, das kenne ich«, rief Alexander mitfühlend aus. »Jedes Mal, wenn Exeter mich mit auf den Kontinent nahm, war ich sicher, mein letztes Stündlein hätte geschlagen.«
    Der Mann wird immer besser, dachte Raymond. Sein Leben lang hatte er für seine Seekrankheit viel Spott

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