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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Mägden und Knechten zu, die ihm begegneten, und betrat den Wohnturm.
    Rose hatte offenbar beschlossen, dass heute genau der richtige Tag war, um die große Halle einer Grundreinigung zu unterziehen. Mit der tatkräftigen Unterstützung einiger junger Dinger aus dem Dorf hatte sie das Bodenstroh zusammengefegt und in den beiden Kaminen der Halle verbrannt. Frische Strohballen türmten sich in der Mitte des Raums. »Bringt das Stroh gleichmäßig aus«, befahl Rose. Sie hatte sich auf einen Schemel gestellt und dirigierte ihre Hilfsmannschaft aus luftigen Höhen. Um das Geschehen zu überblicken, hätte man annehmen können, aber Raymond wusste es besser: Man konnte keine große Halle ausfegen, ohne ein paar Ratten aufzuscheuchen, und Rose hatte eine Todesangst vor diesen allgegenwärtigen Plagegeistern – genau wie Raymond.
    »Und erst wenn der Staub sich gelegt hat, schrubbt ihr die Tische, ist das klar?« Energisch hatte sie die Hände in die Seiten gestemmt.
    Grinsend wandte Raymond sich ab, um die nächste Treppe zu erklimmen, doch er kollidierte mit einem jungen Mädchen und war im nächsten Moment von der Brust bis zu den Schuhspitzen durchnässt. Die leere Wasserschüssel landete scheppernd am Boden.
    Die junge Magd schlug die Hände vor den Mund. »O Jesus, Maria und Josef …« Ihre Augen waren weit aufgerissen vor Schreck, und sie wich zurück.
    Raymond packte sie am Arm. »Vorsicht. Fall nicht die Treppe runter.« Er zog sie aus der Gefahrenzone und ließ sie wieder los.
    »Was gibt es denn da vorne?«, rief Rose aus der Halle, stieg von ihrem Aussichtsposten herunter und kam zur Tür. Sie erfasste die Lage auf einen Blick und verpasste dem Mädchen eine schallende Ohrfeige. »Was fällt dir ein, seine Lordschaft zu begießen, du unglückseliges, nichtsnutziges Ding?«
    Sie hob die Hand wieder, aber Raymond stellte sich ritterlich vor die weinende Magd. »Lass gut sein, Rose. Ich sollte vielleicht ohnehin mal wieder baden …« Er stahl ihr den Lappen aus der Hand und tupfte sich nachlässig ab. Dann drückteer ihn ihr wieder in die Finger. »Siehst du? Fast nichts passiert.«
    »Wenn Ihr’s sagt, Mylord …« Rose schüttelte grinsend den Kopf und wandte sich ab. Über die Schulter schnauzte sie: »Hör auf zu flennen und geh neues Wasser holen, Mädchen.«
    »Ja, Rose.« Es klang erstickt.
    Raymond zwinkerte der kleinen Magd verschwörerisch zu. »Mach dir nichts daraus. Aller Anfang ist schwer. Du bist doch neu hier, nicht wahr?«
    Sie hielt den Kopf gesenkt und hob ihre Schüssel auf. »Ich arbeite normalerweise in der Küche, Mylord.«
    »Ah. Wie ist dein Name?«
    »Alys, Mylord.«
    Er verschränkte die Arme und lehnte sich an den Türrahmen. »Das ist aber hübsch. Schau mich doch mal an, Alys. Kein Grund, so schüchtern zu sein. Ich beiße nicht, weißt du.«
    Sie hob den Kopf. Immer noch schimmerten Tränen in ihren großen blauen Augen, hingen wie Tautropfen in den Wimpern, aber ein winziges Lächeln lauerte in den Mundwinkeln. Die Lippen waren von einem herrlichen Erdbeerrot und die Wangen so zart, dass Raymond untypisch poetische Gedanken von samtigen Rosenblättern und ähnlichem Unfug in den Sinn kamen.
    »Wie alt bist du denn?«
    »Zwölf, Mylord.«
    Das war ihm eigentlich eine Spur zu jung. Ganz gleich, was seine Feinde behaupteten, Raymond of Waringham war ein Mann mit Prinzipien. Aber der zutrauliche Blick dieser blauen Augen war eine große Versuchung.
    Mit Mühe riss er sich davon los. »Vermutlich besser, du machst dich wieder ans Werk, Alys, sonst kriegen wir beide Ärger mit Rose, hm?«
    Das ließ Alys sich nicht zweimal sagen. Sie knickste hastig und lief leichtfüßig die Treppe hinab.
    Mit einem verträumten Lächeln ging Raymond nach oben. Als er die oberste Stufe erreichte, sagte eine Stimme auf demdunklen Korridor: »Und ich dachte, du könntest nicht mehr tiefer sinken. Wie dumm von mir.«
    Raymond wandte der Stimme demonstrativ den Rücken zu. »Gott zum Gruße, liebste Gemahlin.« Damit betrat er das Wohngemach.
    Eugénie folgte ihm dicht auf den Fersen. Sie schloss die Tür und lehnte sich dagegen. Die Tür ächzte. Eugénie war fett geworden. »Hast du sie schon gehabt, Raymond? Die niedliche kleine Alys?«
    »Ich würde gerne mit dir darüber plaudern, wessen Abgrund der Hölle näher ist, deiner oder meiner, aber ich muss mich um die Bücher kümmern, Teuerste«, entgegnete er, ohne aufzuschauen. Er sah sie so selten wie möglich an. Ihm wurde übel von ihrem Anblick.

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