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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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durchkreuzt, denn hätte sie nur ein paar Wochen mit ihrer Enthüllung gewartet, wäre Raymond vermutlich in die Falle getappt, von deren Existenz er nichts geahnt hatte. Ihm wurde ganz flau bei der Vorstellung, was geschehen wäre, wenn er Alys mit ins Heu genommen hätte, was natürlich seine Absicht gewesen war. Wie war es nur möglich, dass er nichts gespürt, dass kein Gefühl ihn gewarnt hatte?
    Rastlos erhob er sich und stiefelte in dem behaglichen, warmen Wohnraum auf und ab – die Bücher und alle guten Vorsätze vergessen. Plötzlich bedrückte ihn dieses alte Gemäuer, und er erwog, ein, zwei seiner Ritter ausfindig zu machen und zur Jagd zu reiten. Aber ihm fiel niemand ein, nach dessen Gesellschaft ihn gelüstete. Nur alte Männer lebten noch aufder Burg, die jungen Ritter waren alle im Krieg. Die vertrockneten Graubärte langweilten ihn, sie waren ihm zu ernst und tugendhaft. Er konnte Männer nicht ausstehen, die anfingen, moralische Predigten zu halten, wenn sie zu alt zum Sündigen wurden, und er wusste, er hätte Gott mindestens einmal täglich auf Knien danken sollen, dass wenigstens Daniel mit ihm nach Waringham zurückgekehrt war, der Einzige hier, der wirklich seine Sprache sprach …
    Es klopfte.
    »Was?«, fragte er barsch.
    Ein schlaksiger Knappe kam herein und meldete Sir Mortimer Dermond. Noch während der Junge sprach, trat der Gast ein und sah sich in dem vertrauten und doch ungeliebten Raum um.
    »Mortimer!« Raymond schloss seinen Stiefbruder mit untypischem Überschwang in die Arme. Zu dem Knappen sagte er: »Danke, mein Junge. Bring uns einen Krug vom Besten.«
    »Ja, Mylord.«
    Raymond und Mortimer setzten sich an den Tisch und betrachteten einander mit unverhohlener Neugier, wie Menschen es eben taten, die sich fast ihr ganzes Leben kannten, sich aber lange nicht gesehen hatten.
    »Ich hoffe, es ist keine Katastrophe, die dich herführt«, sagte Raymond schließlich. Er wusste, sein Stiefbruder mied Waringham.
    »Nein.« Mortimer schlug die langen Beine übereinander. »Ich komme aus Frankreich und bin auf dem Weg nach Hause. Aber da ich fast an deiner Tür vorbeikam, dachte ich, ich schaue herein und erzähle dir, was in der Welt draußen vorgeht.«
    »John schickt dich«, brummte Raymond verdrossen. »Du sollst nachsehen, ob ich vor Selbstmitleid zerfließe und Dummheiten mache.«
    Mortimer verzog amüsiert den Mund. »Nicht ganz. Er fragte lediglich, ob ich zufällig die Absicht habe, hier Halt zu machen.«
    »Was auf das Gleiche hinausläuft, nicht wahr? Er ist schlüpfrigwie ein Diplomat und sagt immer auf Umwegen, was er will. Das kommt vermutlich davon, wenn man jahrelang mit einem Mann wie Henry Beaufort zusammensteckt.«
    »Ich sehe jedenfalls, seine Sorgen – falls er sich welche macht – sind unbegründet.«
    »Überrascht?«, fragte Raymond.
    »Nein«, antwortete Mortimer wahrheitsgemäß. Er kannte Raymond vermutlich besser als irgendein anderer Mensch auf der Welt.
    Der Knappe kam zurück und brachte den Wein. Die beiden Männer schwiegen, bis sie wieder allein waren und getrunken hatten.
    Mortimer tat einen Seufzer des Wohlbehagens. »Ich wusste gar nicht, dass dein Keller solche Schätze birgt.«
    »Die letzten Fässer meines Vaters.«
    Mortimer verzog das Gesicht. »Trotzdem ein edler Tropfen.«
    Raymond lächelte vor sich hin. Die Kluft zwischen seinem Vater und Mortimer war tief, der Groll oft bitter gewesen, und trotzdem dachte Raymond voller Nostalgie daran zurück. »Ich wünschte so sehr, wir wären wieder jung, Mortimer«, gestand er scheinbar unvermittelt.
    Sein Gast zog die Stirn in Falten. »Ist das wirklich wahr? Ich wünsche mir das nie. Was würdest du denn anders machen?«
    »Gar nichts«, erwiderte Raymond achselzuckend. »Aber ich möchte alles noch mal erleben.«
    »Ich fürchte, John hatte doch nicht so Unrecht. Du versauerst, Raymond. Und wirst schwermütig. Tu irgendwas. Geh ein paar Monate nach London. Oder nach Norden. Besuch Joanna in Burton und zieh mit Ed gegen die Schotten.«
    Raymond winkte ab. »Nein, ich denke, ich habe keine Lust mehr, mich zu schlagen.«
    »Das kann ich wirklich nicht glauben.«
    »Was ist so falsch daran, dass ich hier mal zur Ruhe komme und zur Abwechslung über ein paar ernsthafte Dinge nachdenke?«
    »Du denkst nicht nach, du grübelst. Ich glaube nicht, dass dir das bekommt. Es ist nicht die Jugend, der du nachtrauerst, sondern die Vergangenheit. Und Harry natürlich. Aber da weder die Zeit noch der König

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