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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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ausstrahlen konnten, und sie verfehlte ihre Wirkung auf die einfachenLeute selten. Mit grimmiger Belustigung beobachtete er den unsicheren Blick, den die Wachen tauschten.
    Dann verbeugte der Mann zur Rechten sich. »Folgt mir, Mylord.«
    John nickte dem anderen hochnäsig zu. »Stell meinen Gaul irgendwo unter, wo es trocken ist, und du bekommst einen Penny.«
    »Natürlich, Sir.«
     
    Die Londoner sagten, wer durch das Newgate gehe, betrete die schönste Stadt der Welt, aber wer in das Newgate gehe, betrete die Hölle.
    John war der Wache noch keine zehn Schritte in das finstere Gemäuer gefolgt, als er ihnen Recht geben musste. Das Erste, was ihn ansprang wie eine wilde Bestie, war der Gestank. Die Luft im Newgate war feuchtkalt und doch geschwängert mit den üblen Gerüchen von Fäulnis, menschlichen Ausscheidungen und Angstschweiß. John hatte geglaubt, dass es nach all den Jahren im Krieg keine bösen Überraschungen für seine Nase mehr geben könnte, aber er hatte sich getäuscht.
    Der Wachsoldat nahm eine Fackel aus einem Ring an der Wand, warf ihm über die Schulter einen Blick zu und konnte sich ein Grinsen nicht ganz verbeißen. »Ihr werdet’s nicht glauben, aber man gewöhnt sich dran.«
    »Du hast Recht. Das glaube ich nicht.«
    Im flackernden Fackelschein folgte er dem Mann durch eine dunkle, niedrige Vorhalle zur Treppe. Ein Dutzend schmaler, ausgetretener Steinstufen brachte sie ins erste Obergeschoss. Zu beiden Seiten erstreckte sich ein von Fackeln spärlich erhellter Gang, hin und wieder unterbrach eine eisenbewehrte Tür die gemauerten Wände. Es war so still wie in einem Beinhaus.
    »Hört sich an, als wären sie alle tot«, bemerkte John und bemühte sich, das Unbehagen aus seiner Stimme zu halten.
    Der Wachsoldat schnaubte. »Nein, nein. Das wünschen sie sich höchstens. Hier ist es, Mylord.« Er hielt vor einer Tür an der Stirnseite des Flurs. »Wartet einen Moment.« Er klopfte,und auf eine brummige Aufforderung von drinnen steckte er den Kopf durch die Tür. »Ein Gentleman, der Euch zu sprechen wünscht, Master Talbot.«
    »Wer ist es? Ich bin beschäftigt.«
    John stieß den Wachmann beiseite und trat ungebeten näher. »Ich nehme doch nicht an, dass du mich vergessen hast, William Talbot?« Er hatte Warwicks einstigen Bogenschützen schon an der Stimme wiedererkannt. Und er war alles andere als überrascht. »Hat die Rolle als Kerkermeister dir so gut gefallen, dass du dich gar nicht mehr davon trennen konntest? Sag mir, ist das Londoner Gesindel genauso schwer zu bändigen wie die kleine Jungfrau?«
    Talbot starrte ihn entgeistert an. »Sir John …«
    »So ist es.« John sah sich kurz um. Es war ein großer Raum mit einem der winzigen Fenster, die das Newgate von außen so abweisend wirken ließen. Weder Pergament noch Holzladen hielten die feuchte Novemberkälte fern – vermutlich weil hier jede Frischluftquelle willkommen war. Offenbar handelte es sich um eine Art Wachkammer. Unter dem Fenster standen ein Tisch und ein paar Schemel, ein angebissenes Stück Brot lag neben einer dicken Scheibe Wurst auf der Tischplatte. An der Mauer hinter dem Tisch hingen Ketten und Schellen unterschiedlicher Größe und eigentümliche Instrumente, über deren Zweck John überhaupt nichts Näheres wissen wollte. Unfreiwillig fiel sein Blick auf eine Daumenschraube, und er spürte sein Gesicht kalt werden vor Entsetzen. Es war lange her. Aber er hatte nichts vergessen.
    John befahl dem Wachmann, der unsicher an der Tür stand: »Lass uns allein und warte draußen.«
    Der Mann sah fragend zum Kerkermeister, der ihm wortlos zunickte.
    Talbot wartete, bis die Tür sich geschlossen hatte. »Also? Ich bin wirklich neugierig.« Es klang feindselig. Nachdem er sein Erstaunen über den unerwarteten Besucher überwunden hatte, war ihm anscheinend wieder eingefallen, dass er noch eine Rechnung mit John of Waringham offen hatte.
    Der kam ohne Umschweife zur Sache. »Ich will Owen Tudor. Ich nehme ihn mit, und zwar jetzt.«
    »Ich habe keine Ahnung, von wem Ihr sprecht.«
    John winkte angewidert ab. »Du weißt ganz genau, von wem ich spreche. Er ist seit Juni verschwunden, und im Juni bist du aus einer armseligen Holzhütte in ein nagelneues Haus an der Holborn Street gezogen, hab ich von deinen Nachbarn gehört. Eine Sau und eine Kuh stehen in deinem Stall. Welch seltsamer Zufall, Talbot. Was würden die Sheriffs wohl sagen, wenn sie wüssten, dass einer ihrer Kerkermeister sich von Gloucester hat kaufen

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