Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
Vom Netzwerk:
erkannte, dass er einen Edelmann vor sich hatte, verwandelte sein Argwohn sich in Verwunderung. »Ihr könnt sie kaufen, Mylord«, bot er an. »Vater wollte sie vor Martinus schlachten, aber da hatte sie Fieber. Jetzt ist sie wieder munter und gesund, und Mutter sagt, wir können sie nicht durch den Winter füttern.«
    John lächelte auf ihn hinab. Mit gütigem Wohlwollen, so hoffte er. Seine Hände waren feucht. Ihm wurde ganz elend bei dem Gedanken an sein Vorhaben. Juliana würde ihm das niemals verzeihen, wenn sie davon erfuhr. Tudor würde nie wieder ein Wort mit ihm sprechen. Und er war keineswegs sicher, ob er sich selbst vergeben konnte. Also versuchte er, so wenig wie möglich nachzudenken.
    »Ist dein Name William Talbot?« Natürlich war es geraten. Eine der vielen Schwachstellen in seinem Plan. Aber das Risiko war überschaubar gewesen, und wie er gehofft hatte, nickte der Junge.
    »Alle nennen mich Will.«
    »Gut, dass ich dich gefunden habe. Komm mit mir, Will. Dein Vater schickt nach dir.«
    Der Knirps war ein waschechter Londoner – misstrauisch und nicht so leicht hinters Licht zu führen. »Mein Vater? Ihr kennt ihn?«
    John nickte. »Wir waren zusammen im Krieg.«
    »Ach so.« Das war offenbar eine einleuchtende Erklärung dafür, dass der Vater einen so vornehmen Mann mit solch einem Pferd kannte. Trotzdem fragte Will verständnislos: »Und wieso schickt er nach mir? Das tut er nie.«
    John hob die Brauen. »Das wird er dir selbst erklären. Willst du wirklich, dass ich unverrichteter Dinge zu ihm zurückkehren und ihm sagen muss, dass du nicht gehorchen wolltest?«
    Will war ein heller Kopf und hatte gut entwickelte, gesunde Instinkte. Doch er war noch zu klein, um dem strengen Blick dieses Fremden und dem drohenden Zorn seines Vaters die Stirn zu bieten. »Nein, lieber nicht, Sir«, erwiderte er kleinlaut, kippte das restliche Schweinefutter in den Trog und folgte John in die Dämmerung hinaus.
    Ohne sich zum Haus umzuwenden und ohne verdächtige Hast saß John auf, beugte sich dann zu Will hinunter und packte ihn beim Oberarm. »Sitz auf, mein Junge.« Er zog ihn hoch und setzte ihn vor sich in den Sattel. »Bist du je auf solch einem Pferd geritten, Will?«
    »Nein, Mylord.« Es klang unruhig.
    John legte einen Arm um den Jungen, damit er nicht herunterpurzeln oder fliehen konnte, nahm die Zügel in die Rechte und schnalzte Ägeus zu, der fast aus dem Stand angaloppierte und John und seine kleine Geisel in Windeseile die Straße entlang trug.
    »Das ist der falsche Weg«, sagte Will über die Schulter, als sie noch keine zehn Längen weit geritten waren.
    John antwortete nicht.
    »Sir? Ihr müsst wenden!«
    »Ich weiß schon, wo es lang geht.«
    »Aber das Newgate liegt da hinten runter!« Es klang erstickt. Will hatte längst erkannt, dass er einen verhängnisvollen Fehler gemacht hatte, als er zu dem Fremden aufs Pferd stieg. »Sir …«
    »Sei still, Junge«, raunte John ihm ins Ohr. Sie bogen von Norden in die Shoe Lane. »Wir reiten nicht zum Newgate. Aber hab keine Angst. Dir geschieht nichts, du hast mein Wort.«
    »Vater hat Euch gar nicht geschickt.« Es war keine Frage, sondern eine Erkenntnis.
    »Nein.«
    Der kleine Kerl fing an zu schluchzen, krallte die Hände in Johns Ärmel und versuchte vergeblich, sich zu befreien.
    »Sei still, hab ich gesagt«, wiederholte John barsch. »Du hast keinen Grund, dich zu fürchten. Ich werd dir nichts tun. Aberwenn du jetzt nicht auf der Stelle den Mund hältst, muss ich dich knebeln, hast du verstanden?«
    Es wirkte. Das verängstigte Kind verstummte und presste den Unterarm vor den Mund, um sein Schluchzen zu ersticken. John fühlte sich lausig. Gott, vergib mir, dachte er mutlos, aber mir ist einfach kein anderer Weg eingefallen. Er war erleichtert gewesen, dass das erste von Talbots Kindern, das ihm in die Hände fiel, ein Knabe gewesen war. Er hatte sich eingebildet, mit einem Jungen sei es leichter. Doch er hatte sich getäuscht.
    Es war indessen zu spät, um jetzt noch umzukehren. Im Schutz der zunehmenden Dunkelheit ritten sie in den Hof, und John glitt eilig aus dem Sattel und verschloss das Tor. Dann hob er den Jungen vom Pferd.
    »Hör mir zu, Will. Du musst ein paar Stunden hier bleiben, das ist alles. Ich weiß, dass du dich fürchtest, aber dazu besteht kein Grund. Versuch dich ein bisschen zusammenzunehmen. Sei ein Kerl, Junge. Mach deinen Vater stolz.«
    Will hatte ihm mit gesenktem Kopf gelauscht. Jetzt schaute er auf, und zwei

Weitere Kostenlose Bücher