Die Hueter Der Rose
wird den alten Krieg gegen Frankreich wieder anfachen? Viele bei Hof sagen das.«
»Sei versichert, während du und ich hier sitzen und plaudern, werden Rüstungen geschmiedet, Pfeile geschnitzt und Schiffe gebaut, um Harrys Feldzug vorzubereiten.« Robin seufzte verstohlen.
»Du denkst, es ist falsch?«, fragte John besorgt.
»Ich bin ein alter Mann, John, und ich habe in meinem Leben zu viele Schlachtfelder gesehen, um ihnen noch irgendetwas abgewinnen zu können. Aber ich sehe die Notwendigkeit ein. Harry muss handeln, um wenigstens die Gascogne für England zu retten – das Einzige, was uns von Aquitanien geblieben ist –, denn er kann nicht darauf verzichten. Und um seinen Krieg zu gewinnen, muss er mit einer der verfeindeten französischen Fraktionen paktieren. Dabei spielen Heiraten eine wichtige Rolle.«
John nickte. Sein Vater hatte es seit jeher verstanden, ihm komplizierte Sachverhalte so zu erklären, dass er sie begreifen konnte. Im Gegensatz zu seinen großen Brüdern hatte sein Vater ihn nie mit einem »Dafür bist du zu klein, das verstehst du nicht« abgespeist. Weil John von Natur aus ein nachdenklicher Junge war, hatte er immer viele Fragen gehabt, aber sein Vater war ihrer nie überdrüssig geworden. Oder zumindest hatte er es sich nie anmerken lassen. Erst seit John bei Hofe lebte, hatte er gelernt, für diese Geduld dankbar zu sein, dieihm früher so selbstverständlich erschienen war. Denn er hatte inzwischen gehört oder auch gelegentlich gesehen, wie manche Väter waren, und war so zu der Erkenntnis gelangt, dass es durchaus auch Vorteile hatte, einen Vater mit Großvaterqualitäten zu haben.
»Wieso kann der König nicht auf Aquitanien verzichten?«, wollte er wissen.
»Weil es ein reiches Land ist. Vor allem durch den hervorragenden Wein. Die Krone braucht diese Einkünfte, denn sie ist – wie üblich – hoch verschuldet. Aber das ist nicht der wichtigste Grund. Aquitanien steht unserem König aufgrund des Erbrechts zu, genau wie England. Wenn er es nicht verteidigt, wird die Welt ihn für schwächlich halten und vielleicht auf den Gedanken kommen, dass er auch England nicht verteidigen könnte, wenn man es angriffe. Verstehst du? Es ist eine Frage der Ehre ebenso wie der politischen Notwendigkeit. Und was für Aquitanien gilt, gilt streng genommen auch für die Normandie. Aber das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel.«
»Der König ist ein ehrgeiziger Mann«, bemerkte John.
»Glaubst du?«, fragte Robin interessiert.
»Oh ja.« John nickte lächelnd. »Und wenn er so Krieg führt, wie er Tennis spielt, dann bin ich froh, kein Franzose zu sein.«
Robin lachte in sich hinein und fuhr seinem Jüngsten kurz über den schwarzen Schopf. »Und wie geht es mit dem Bogenschießen, hm?«
»Oh, schon besser. Ich habe …«
John brach ab, weil die Tür krachend aufflog. Raymond trat mit einem langen Schritt über die Schwelle. »Was soll das heißen, du hast ihr erlaubt zu heiraten?«, polterte er.
»Raymond, ich frage mich, wie alt du werden musst, um endlich zu lernen, dich zu beherrschen«, erwiderte Robin stirnrunzelnd. »Was mag es sein, das dich so erzürnt?«
»Das weißt du verdammt gut!«
Robin erhob sich ohne Eile und trat auf seinen Zweitältesten zu, bis er direkt vor ihm stand. Wortlos sah er ihm in die Augen. Schließlich senkte Raymond den Blick.
»Also? Was quält dich, mein Sohn?«
»Ich war bei ihr. Aber sie war nicht daheim. Und als ich bei den Nachbarn fragte, sagte man mir, sie habe vor zwei Monaten Matthew den Schmied geheiratet und wohne daher nun in der Schmiede.«
Robin tat, als ginge ihm ein Licht auf. »Ah. Es ist Liz Wheeler, von der wir sprechen.«
Raymond schaute auf, und für einen Moment sah er so aus, als wolle er in Tränen ausbrechen. »Wie konntest du das tun?«
»Raymond. Es wurde höchste Zeit für das Mädchen, sie ist doch gewiss schon Mitte zwanzig. Kurz vor Weihnachten ist dem Schmied die Frau gestorben. Vor ein paar Wochen kam er zu mir und bat um meine Erlaubnis, Liz zu heiraten. Ich habe sie gefragt, und sie wollte. Sie hat sich verliebt, und das ist kein Wunder, denn Matthew ist ein ebenso prächtiger, anständiger Kerl wie sein Vater und sein Großvater. Herrgott noch mal, schau mich nicht an wie ein vernachlässigtes Fohlen! Du solltest froh für sie sein. Und eins sag ich dir: Du wirst sie fortan zufrieden lassen. Ist das klar? Du wirst sie nicht mit irgendwelchen üblen Machenschaften erpressen, in dein Bett zurückzukehren. Ich
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