Die Hueter Der Rose
möchte, dass du mir dein Wort darauf gibst, und zwar jetzt gleich.«
»Aber … aber … ich liebe sie!«
»Das Schlimme mit dir ist, dass du alle Frauen liebst, Raymond.«
»Sie ist anders.«
»Dann hättest du sie heiraten sollen.«
» Heiraten ?« Raymond schnaubte. »Der König hätte mir den Kopf abgerissen. Ich wäre ein für alle Mal erledigt gewesen.«
»Vielleicht. Vielleicht hätte er dir auch irgendwann verziehen. Ich hätte es jedenfalls nicht verboten, und das weißt du. Aber du hast es vorgezogen, sie zu benutzen und mit einem Bastard zu beglücken. Damit ist jetzt Schluss. Und wo wir gerade davon sprechen: Du wirst auch die Finger von der kleinen Maud lassen. Ich möchte lieber nicht wissen, wieso sie zwei Wochen lang ohne Unterlass geheult hat, nachdem du das letzteMal hier warst, aber ich rate dir, sorge dafür, dass es nicht wieder passiert.«
Raymond sank matt auf einen der Brokatsessel. »Du meine Güte … bist du jetzt bald fertig?«
»Gleich. Du glaubst offenbar, dass du ein ungeheurer Glücksfall für alle Frauen bist, für den sie es gern in Kauf nehmen müssten, ihre Ehre und jede Chance auf ein normales Leben zu verlieren. Aber du irrst dich. Du meinst darüber hinaus, dass die Regeln von Moral und Anstand für dich nicht gelten, weil du der nächste Earl of Waringham sein wirst. Aber sei gewarnt, Raymond: Dein Bruder Edward ist mein ältester Sohn, und keine Macht der Welt kann mich daran hindern, ihm alles zu hinterlassen, was ich besitze.«
Betroffen starrten Raymond und John ihren Vater an. Der ältere der Brüder ließ sich zurücksinken und verschränkte die Finger unter dem Kinn. »Puh. Ich glaube, so hab ich dich noch nie erlebt, Mylord.«
»Tatsächlich nicht? Dabei hat es keins meiner Kinder je so wie du verstanden, mich in Rage zu bringen. Ich hoffe, du machst nicht den Fehler, auf die leichte Schulter zu nehmen, was ich gesagt habe.«
»Todsicher nicht.« Raymond stand auf und schlenderte zur Tür. »Es wird wohl besser sein, ich betrinke mich nicht ausgerechnet vor deinen Augen. Nicht einmal dein Wein ist es wert, dafür enterbt zu werden.« Er ging hinaus, und Robin schaute ihm kopfschüttelnd nach, wie immer unfreiwillig amüsiert über sein Enfant terrible .
Nur John hatte bemerkt, dass Raymond sich aus dieser Situation gewunden hatte, ohne seinem Vater das geforderte Versprechen zu geben.
Liz’ Heirat hatte Raymond weit mehr erschüttert, als er für möglich gehalten hätte. Er kam sich verlassen vor. Verraten. Keiner anderen Frau war er über so viele Jahre zugetan, zu keiner je so ehrlich gewesen. Sie hatte in seinem Leben eine besondere Rolle gespielt, und das war ihr gewiss nicht verborgengeblieben. Trotzdem hatte sie ihn vor dieses Fait accompli gestellt, ohne ihm Gelegenheit zu geben, sich dazu zu äußern. Hinter seinem Rücken hatte sie den erstbesten Kerl geheiratet, der trotz ihres Bastards gewillt war, sie zu nehmen. Dabei war sie eine Unfreie, war praktisch Raymonds Eigentum oder würde es zumindest eines Tages werden. Ein solcher Akt des Widerstandes kam einer Hörigen nicht zu, fand er.
Auf dem Weg zu seiner Kammer wies er Howard, seinen Knappen, an, den größten Krug der ganzen Burg ausfindig zu machen, bis zum Rand mit Wein zu füllen und ihm zu bringen. Howard stand schon vier Jahre in seinem Dienst und kannte seinen Herrn ganz genau. Darum beeilte er sich mit seinem Auftrag, denn er spürte, dass Raymond gefährlicher Stimmung war.
Nachdem Raymond den Wein bekommen hatte, schickte er den Jungen mit einem Blick hinaus, verriegelte seine Tür, betrank und bedauerte sich. Er vertrieb sich die Zeit damit, Rachepläne zu schmieden. Es gab Dutzende von Wegen, wie er Liz und dem verfluchten Schmied das Leben zur Hölle machen konnte. Eine Idee war abscheulicher als die andere, und je länger Raymond darüber brütete, desto widerwärtiger fand er sich selbst. Als der große Zinnkrug leer war, schleuderte er ihn gegen die Tür und brüllte: »Howard, du verdammter Hurenbengel! Mehr Wein!«
Aber der Knappe hatte sich längst verdrückt, in der festen Absicht, seinem Herrn nicht mehr unter die Augen zu kommen, bis der wieder halbwegs bei Verstand war.
John wartete am Torhaus der Burgmauer. Es dämmerte schon, und ein kalter, böiger Ostwind wehte Regenwolken von der nahen See heran. Gerade als der Junge Liz über den Mönchskopf kommen sah, fielen die ersten Tropfen. Die junge Frau blieb einen Moment stehen, um sich ihr Schultertuch
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