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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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würde. Dann erkannte Medric, worauf Brambles Blick gerichtet war, und er wirbelte herum.
    »Fursey!« Er machte einen Schritt nach vorn und zog den Mann mit beiden Händen an sich, doch die schmächtige Gestalt
entzog sich seiner Umklammerung, und Fursey schaute ihn mit zur Seite geneigtem Kopf an.
    »Ich dachte, wenn du zurückkommst«, sagte er leise, »kämst du allein. Oder ist das hier deine Frau ?« Seine Stimme klang gehässig.
    Medric zuckte zusammen. »Natürlich nicht. Ich bin ihr gerade erst begegnet. Sie braucht Hilfe, und du bist der Einzige …«
    »Also bist du ihretwegen zurückgekommen, nicht meinetwegen. Wie war es bei deiner Familie?«
    Diese Frage brachte Medric aus der Fassung. »Gut. Papa ist tot. Mama hat wieder geheiratet. Meinen Schwestern geht es gut. Also bin ich deinetwegen zurückgekommen.«
    Die Anspannung, die in der Höhle lastete, schien sich durch diese Worte aufzulösen. »Aber du hasst die Grube«, sagte Fursey.
    »Ja«, bestätigte Medric. »Ich hasse die Grube.«
    »Dann hättest du nicht zurückkehren sollen.«
    Medric senkte den Kopf, wie er es getan hatte, nachdem er den Jäger getötet hatte, und starrte auf den Boden des Tunnels.
    Bramble reichte es mit diesem ganzen Schauspiel. »Ich muss die Tierhöhle finden, die mit den Zeichnungen auf der Wand«, sagte sie, an Fursey gewandt. »Wirst du mir helfen?«
    »Das ist ein heiliger Ort«, sagte Fursey.
    »Ich weiß.« Dieser Mann mochte ein Mensch sein, aber ein merkwürdiger. Nun, sie hatte es ja schon mit merkwürdigeren Dingen zu tun gehabt als ihm. »Ich muss ein paar Knochen finden«, sagte sie.
    »Rufen sie dich?«, fragte er.
    Sehr merkwürdig. Aber auf eine Weise taten sie dies ja.
    »Ja«, sagte sie. »Sie rufen mich seit tausend Jahren.«
    Er nickte. »Dann bringe ich dich hin.«

Medrics Geschichte
    Und so ist es gewesen.
    Es ist kalt und windig. Papas Hand ist das einzig Warme auf der Welt, und so viel Warmes wird es bald nicht mehr für mich geben.
    Der Mann aus der Grube ist nicht besonders beeindruckt; der ist mir zu dürr, sagt er, zu verdammt hungrig. Den essen meine Jungs zum Frühstück. Aber er klimpert mit Münzen in seiner Tasche.
    »Fünf Silberstücke.«
    Papas Händedruck ist wie ein Schraubstock. Ist das zu viel oder zu wenig? Es ist schwer zu sagen. Wie viel sind eigentlich fünf Silberstücke wert?
    »Er ist mehr wert als das«, sagt Papa. »Er ist ein guter Junge, gehorsam. Er ist auch ein fleißiger Arbeiter, nicht wahr, Medric?«
    O ja. Papa handelt hart genug, um das klarzustellen. Er hat eine harte Hand, der Papa.
    »Sag, was meinst du dazu?«
    Der Mann unterbricht Papa, bevor dieser lauter wird. »Fünfeinhalb. Mein letztes Angebot.«
    »Das ist Betrug.« Aber nehmen tut er die Münzen doch.
    Der Mann von der Grube heißt Sami. Er kommt aus dem Norden und hat helles Haar, aber braune Augen. Ein bisschen Wandererblut scheint in seinen Adern zu fließen. Ein
mittelgroßer Mann, der etwas zu dick geworden ist. Ein Mann mit harter Hand. Wenn man einen von ihnen kennen gelernt hat, kennt man die anderen auch.
    »Komm«, sagt er. »Ich stecke dich zu den Schiebern. Die werden dir schon auf die Sprünge helfen.«
    Er geht voran und bringt mich zu einem lang gezogenen, mit Schiefer bedeckten Steinbau. In einer Stadt würde es einen beeindrucken, aber hier ist Stein eben billig. Er kostet bloß die Arbeit, ihn aus dem Boden zu schlagen.
    Während er vor mir durch die Tür schreitet, geht von dem Stein eine Kühle aus. Der Boden im Inneren besteht aus festgetrampelter Erde. Die kleinen Fenster sind so hoch, dass zu dieser Zeit, am späten Abend, kaum noch Licht hereinfällt. Auf beiden Seiten des Raums stehen lange Reihen mit breiten Holzkojen. In ihnen liegen ein, zwei oder drei Jungen in jedem Bett, zehn Jahre alt oder älter, und alle schlafen sie den Schlaf der Erschöpfung. Sie haben einfach alle viere von sich gestreckt, die Arme hängen heraus, die Beine werden von der Decke, die sie sich teilen, nicht bedeckt. Die Signalpfeife der Grube war vor mehr als einer Stunde ertönt, und Papa rannte den steilen Weg zur Grube hinauf und meinte: »Bei allem, was heilig ist, beeil dich.«
    Eine Stunde später hat er die Grube wieder vergessen.
    Papa meinte: »Vergiss deine großen Worte und dein großes Gehabe und Getue, Junge. Du bist zum Arbeiten hier, vergiss mir das nicht.« Ein guter Rat. Der einzige gute Rat, den Papa mir je gab. Ein guter Abschied war das jedoch nicht.
    Sami deutet auf eine Koje ganz

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