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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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in der Ecke, wo noch zwei andere Jungen liegen. »Nav und Fursey. Quartier dich heute Abend bei ihnen ein, dann zeigen sie dir morgen alles. Du wirst schieben. Hol dir drüben in der Küche was zum Abendessen.«
    Er weist nach Norden durch die Steinwand. Dann überlegt
er. »Gib mir lieber deinen Rucksack. Die klauen hier alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Keine Sorge, ich passe darauf auf. Wenn du gehst, bekommst du ihn zurück.«
    Stimmt. In sieben Jahren, mit neunzehn. Dann werden mir diese Kleider hier sehr nützlich sein.
    Sami grinst. Ein Schlag auf das Ohr ist offenbar seine Art, sich von einem zu verabschieden. Es könnte schlimmer sein.
    Die Küche ist vom Schein des Feuers erhellt, aber viel zu essen ist nicht mehr übrig. Grummelnd füllt mir der Koch eine Schüssel mit Linsen und stöbert dann noch ein Stück Brot dazu auf. Heiß ist das Essen auch nicht mehr, aber deftig. Sättigend. Schließlich muss man Jungen gut füttern, wenn man will, dass sie am nächsten Tag einen Berg abbauen.

    Nav und Fursey murren beide darüber, einen Neuankömmling anlernen zu müssen, aber bloß Nav meint es ernst. Nav ist ein Stadtjunge aus Turvite, er hat böse Augen und ist misstrauisch. Er wurde verkauft, um die Spielschulden seines »Onkels« zu bezahlen. Seine Mutter ließ ihn wortlos ziehen, sagt er, weil sie Angst hatte, sein »Onkel« werde sie verlassen, falls sie Einwände erhob.
    »Sie ist eine blöde Schlampe«, sagt er, »und zu nichts nutze. Ich komme gut ohne sie aus.«
    Fursey ist Waise, hat keinen Ort, an den er gehört, und niemanden, über den er sich beschweren könnte. Er hat gelbes Haar und blaue Augen. Seine Familie muss also aus dem Süden stammen, aber mehr weiß er auch nicht. Er ist hier, seit er fünf ist, an die Zeit davor kann er sich nicht erinnern.
    »Ich war irgendwo anders«, sagt er. »Ist mir egal. Jetzt bin ich hier.« Er lächelt gleichgültig.
    Fursey ist der kleinste von den Schiebern, trotzdem lassen ihn die anderen in Frieden.

    »Sei bei ihm vorsichtig«, sagt Nav leise. »Er sieht zwar aus, als wäre er ein Weichling, aber wenn er sich gegen dich wendet, bringt er dich um. Er vergisst nie etwas und er vergibt auch nie etwas.«
    Fursey schaut den Leuten in die Augen, selbst den Hauern. Er lächelt wie ein viel kleinerer Junge, doch seinem starren Blick hält selbst Sami nicht lange stand. Deswegen schaut Sami ihn überhaupt nicht an.
    »Los jetzt«, schreit Sami uns alle an. »Meint ihr vielleicht, ihr macht hier Urlaub?«
    Fursey geht als Erster hinein. Schieber schieben nicht wirklich, sondern ziehen die mit Erz beladenen Loren über die steilen, steinigen Rampen aus der Grube heraus. Ihre Zugriemen haben sie sich um die Brust geschnallt, und ein langer Lederstreifen läuft über ihre Stirn und wird an der Seite der Lore befestigt. Ein geübter Zwölfjähriger, der sich mit seinem ganzen Gewicht in seinen Lederriemen stemmt, kann eine voll beladene Lore in zweiundzwanzig Minuten anderthalb Kilometer die Grubenrampe hinaufziehen. So schnell jedenfalls ist Fursey. Aber das weiß Sami nicht. Fursey bleibt nämlich jedes Mal auf halber Strecke, an der dunkelsten Stelle der Rampe stehen und schaut sich ein bisschen um.
    Der Lederriemen schneidet in die Haut ein. Die Rampe ist steinig, und man zerschneidet sich die nackten Füße. In der Grube ist es nicht wirklich kalt, nicht so wie draußen, wo einem der Wind durch die Kleider schneidet, als wären sie aus Papier. Aber dunkel ist sie. Bei den Göttern, da ist es dunkler als irgendwo sonst. Eine Finsternis, die sich schwer auf dich legt, wie dickes Tuch auf deinem Mund. Das blasse Gelb der Kerzen an den Kehren der Rampe kann man kaum erkennen. Da ist bloß eine schwarze, bedrohliche Finsternis. Man hat das Gefühl, als würde einem die Decke auf den Kopf fallen.

    »Achte auf das Gold«, sagt Fursey eindringlich. Seine Hand ist warm. Sein jungenhafter Geruch wirkt beruhigend.
    »Was?«
    »Achte auf das Gold. Es funkelt immer, sogar hier. Aus diesem Grund bleibe ich stehen, um nach dem Gold zu schauen.«
    Da sind wirklich Funken. Winzige Funken, die man aus den Augenwinkeln schimmern sieht. Kaum wahrzunehmen.
    »Da hinten ist eine Ader«, sagt Fursey und deutet auf die Wand. »Aber diese Narren da oben ahnen nichts davon.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß es eben«, sagt Fursey und legt sich den Lederriemen wieder um die Stirn. »Geh zu deiner Lore, Medric. Folge mir. Ich werde langsam machen.«
    Wenn man den Riemen an

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