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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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daran gezogen«, versetzte sie vorwurfsvoll.
    Er verzog gekränkt das Gesicht.
    »Nur aus Spaß – ich habe dir nie wehgetan. Dein Bruder William hat dich auch an den Zöpfen gezogen.«
    Bei der Erwähnung von Matildas Bruder trat einen Moment lang Stille ein – fast, als hätten Stephens Worte den vom Meer zerfressenen Leichnam des jungen Mannes im Hafen von Barfleur auferstehen lassen. »Möge seine Seele in Frieden ruhen«, fügte Stephen hastig hinzu. »Ich denke immer noch oft an ihn und unsere früheren gemeinsamen Spiele.«
    »Neffe, du bist mir ein Trost und eine große Stütze«, warf Henry ein, dessen scharfen grauen Augen wie üblich nichts entging. »Ich weiß, dass ich immer auf dich zählen kann, und gehe davon aus, dass sich deine Loyalität ab jetzt auch auf meine Tochter erstreckt.«
    »Selbstverständlich, Sire.« Stephen verneigte sich erst vor Henry, dann vor Matilda.
    Das Gespräch wandte sich Boulogne und Stephens dortigen Fortschritten als oberster Lehnsherr zu. Matilda empfand angesichts der offenkundigen Kameradschaft, die zwischen ihrem Vater und seinem Neffen herrschte, eine leise Besorgnis. Stephens Gesten wirkten selbstsicher und beredt, und er wusste, wie er das Interesse ihres Vaters wecken und ihn zum Lachen bringen konnte. Die Männer in seinem Umkreis fielen stets in dieses Lachen mit ein – abgesehen von ihrem Bruder Robert, der sich zurückhaltend und wachsam verhielt. Stephens kleine, plumpe Frau hing an seinen Lippen, als wären seine Worte aus Gold, doch obwohl sie ein schickliches, bescheidenes Verhalten an den Tag legte, beobachtete sie die Männer in ihrer Umgebung abschätzend und spitzte die Ohren, um ihren Gesprächen zu lauschen.
    Matilda hielt Stephens Vorstellung für allzu geschliffen. Wie viel davon ein bloßes Lippenbekenntnis und wie viel ehrlich gemeint war, blieb abzuwarten.
    Matilda blickte sich in der ihr zugewiesenen Kammer um. Die größeren Möbel und Gepäckstücke, die vorausgeschickt worden waren, waren schon im Zimmer arrangiert worden: ihr Bett mit dem Bettzeug und den Vorhängen, die kostbaren Wandbehänge aus ihren kaiserlichen Gemächern, die Lampen, Kerzenleuchter, Truhen und Kisten. Auch das leichtere Gepäck, das sie selbst mitgebracht hatte, konnte nun ausgepackt werden. Danach würde sie die Tür schließen und sich – wenn auch nur einen Moment lang – einreden, sie sei wieder in Deutschland. Ein plötzlicher Anflug von Heimweh bewirkte, dass sich ein Kloß in ihrer Kehle bildete.
    »Ich hoffe, du hast alles, was du brauchst«, vergewisserte sich Adeliza besorgt. »Ich möchte, dass du dich hier zu Hause fühlst.«
    »Du bist sehr nett zu mir.«
    »Ich erinnere mich noch gut, wie mir zumute war, als ich aus Louvain hier eintraf und alles fremd und neu für mich war. Es hat mich sehr getröstet, vertraute Dinge um mich zu haben.«
    Adelizas Stimme glich dem silberhellen Klang eines Glöckchens. Ihre Zierlichkeit und unschuldige Ausstrahlung verliehen ihr die Aura eines Kindes, aber Matilda vermutete, dass die Frau ihres Vaters über mehr Facetten verfügte, als auf den ersten Blick ersichtlich war.
    »Du hast Recht, mir geht es genauso«, bestätigte sie. »Ich bin dir für deine Umsicht sehr dankbar.«
    Ohne zu zögern, zog Adeliza Matilda warmherzig an sich.
    »Ich freue mich so, mich einer anderen Frau in der Familie anvertrauen zu können.«
    Voller Verwirrung erstarrte Matilda, aber sie wich auch nicht zurück. Adeliza duftete nach Blumen. Ihre eigene Mutter hatte nie Parfüm benutzt. Sie war eine strenge, asketische Frau gewesen, die sich nur ihren Studien und der hingebungsvollen Anbetung Gottes gewidmet hatte. Matilda konnte sich nicht erinnern, dass sie etwas Weiches, Zärtliches an sich gehabt hätte. Jegliche Zuneigungsbekundung war kühl und kalkuliert gewesen, daher trieb ihr diese liebevolle Umarmung fast die Tränen in die Augen.
    Ein kalter Luftzug wehte herein, als die Tür aufgerissen wurde und ihr Vater erschien. Er winkte ab, als die Frauen in einem tiefen Knicks versinken wollten, stemmte die Hände in die Hüften und sah sich um, als wolle er eine Bestandsaufnahme machen, obwohl er die meisten Möbelstücke bereits gesehen haben musste, als Adeliza die Kammer eingerichtet hatte.
    »Bist du gut untergebracht, Tochter?« Sein barscher Ton verlangte eine positive Antwort. »Hast du alles, was du brauchst?«
    »Ja, danke, Sire.«
    Er ging zu dem tragbaren Altar, den sie in ihrem persönlichen Gepäck mitgebracht hatte,

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