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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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Und wo ein Feuer schwelte, würden weitere aufflammen. Waleran hatte einen Zwillingsbruder, und die Interessen der Familie umfassten sowohl England als auch die Normandie. Weben, dachte sie. Alles drehte sich darum, die Fäden miteinander zu verflechten und ein Auge auf lose Enden zu haben, während es galt, zugleich anderen das Handwerk zu legen, die ihre eigenen Muster woben.
    Nachdenklich betrachtete sie Brian. Ihr Vater hielt ihn eindeutig für einen nützlichen Mann und hatte ihm den Aufstieg ermöglicht. Durch die arrangierte Heirat mit Maude of Wallingford war er zum Herrn über mehr als hundert Ritterle hen geworden. Aber welchen Eindruck hatte sie während dieses kurzen Gesprächs von ihm gewonnen? Bei seiner Ankunft hatte er sich reichlich tollpatschig gezeigt, aber William D’Albini schien der Meinung zu sein, sie solle nicht zu vorschnell über ihn urteilen. Sie vermutete, dass er seine Gedanken geschickt zu verbergen wusste und dass diese Tiefgang hatten. Nein, bei diesem Mann handelte es sich nicht um einen tumben Tölpel, auch wenn ihre erste Begegnung den Schluss nahegelegt hatte.
    Als Brian seinen Becher abstellte, fiel ihr Blick erneut auf die Tintenflecken an seinen eleganten Fingern.
    »Seid Ihr Euer eigener Schreiber, Mylord?«
    »Manchmal«, erwiderte er mit einem zaghaften Lächeln. »Mit einer Feder in der Hand fällt mir das Nachdenken leichter, und ich mache mir gern Notizen, auch wenn ein Schreiber die Endfassung anfertigt. Meine Erziehung und Ausbildung verdanke ich Eurem Vater, dafür stehe ich tief in seiner Schuld.«
    »Er schätzt Euch offensichtlich sehr.«
    »So wie ich ihn ehre und ihm nach Kräften diene.« Brian räusperte sich, bevor er sich erhob. »Ich bitte Euch, mich jetzt zu entschuldigen, Herrin. Ich muss dafür sorgen, dass morgen früh alles bereit ist.«
    »Ihr dürft gehen«, erwiderte sie hoheitsvoll. »Ich hoffe, dass Eure Bemühungen auch die Suche nach einem passenden Pferd für mich einschließen.«
    »Das ist mein erstes und vordringlichstes Bestreben, Herrin.« Er verneigte sich und verließ das Zelt.
    Sowie er fort war, eilten Matildas Zofen Emma und Uli herbei. Sie halfen Matilda aus ihrem Kleid und kämmten ihr das Haar. Dann entließ Matilda sie mit einem Fingerschnippen, weil sie allein sein wollte, um in Ruhe nachzudenken. Sie zog die Decke von ihrem Bett und schlang sie um sich. So eingehüllt setzte sie sich auf den Stuhl, zog die Knie an und presste eine Faust gegen die Lippen.
    Draußen stand Brian im Wind und stieß hart den Atem aus, um seine Anspannung zu lindern. Er hatte sich die Tochter des Königs nicht so temperamentvoll und scharfsichtig vorgestellt. Sie hatte eine messerscharfe Zunge, und er kam sich vor, als habe er zum Beweis dafür am ganzen Leibe Schnittwunden davongetragen. Bei seiner Ankunft hatte sie ihn gemustert wie einen unfähigen Tölpel, was immer noch an ihm nagte. Er hoffte, die Situation gerade noch gerettet zu haben, aber er wusste, dass sein Ruf endgültig ruiniert sein würde, wenn er morgen früh kein Pferd für sie bereithalten konnte. Ihm blieb keine andere Wahl, er würde ihr sein Schlachtross überlassen und sich mit dem Pferd seines Knappen begnügen müssen. Der Junge konnte mit einem der Sergeanten reiten.
    Der weißhaarige Ritter, der Matildas Eskorte anführte, trat aus seinem Zelt, in dem er anscheinend auf Brian gewartet hatte.
    »Meine Herrin reagiert jedes Mal gereizt, wenn nicht alles so glatt läuft, wie sie es wünscht.« Die Worte waren nicht als Entschuldigung für ihr Verhalten, sondern eher als Tadel gemeint.
    »Ich habe mich entschuldigt und mein Bestes getan, um alle Fehler zu beheben«, gab Brian zurück. »Seid versichert, dass die Kaiserin in voller Würde in Rouen einziehen wird.«
    Der Ritter maß ihn mit einem harten Blick.
    »Sire, Ihr werdet noch herausfinden, dass meine Herrin keine Kompromisse kennt.«
    Brian verbiss sich eine scharfe Antwort.
    »Die Kaiserin wird mit dem Empfang zufrieden sein, der ihr bereitet wird.«
    »Ich diene meiner Herrin, seit sie ein Kind war«, antwortete der Ritter. »Ich habe verfolgt, wie sie zur Frau herangereift ist und als Gefährtin eines Kaisers Macht ausgeübt hat. In ihr wohnt wahre Größe.« Er spähte zu dem Zelt hinüber, das Brian soeben verlassen hatte, und dämpfte die Stimme. »Aber innerlich ist sie zart und zerbrechlich und bedarf liebevoller Fürsorge. Wer soll ihr diese zuteilwerden lassen, wenn ihr Stolz ihr Schild wie auch ihr Schwert ist?

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