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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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zu, aber sie war seine Frau und würde ihn nicht mit scharfen Worten und Vorwürfen auf die Reise schicken. Sie küsste ihn und bat ihn, auf sich Acht zu geben, aber diese Bemerkung war nur ein Abklatsch der intimen Nähe, die sie letzte Nacht erlebt hatte, und sie hasste das Gefühl der Distanz zwischen ihnen.
    Sie begleitete ihn in den Hof, um ihn gemäß ihrer Rolle als Burgherrin formell zu verabschieden, wohl wissend, dass es für alle seine Gefolgsleute so aussah, als billige sie sein Tun, und sie fühlte sich elend.

35
    Wallingford, November 1139
    Brian stand mit seinem Burgvogt William Boterel in dem großen unterirdischen Gewölbe von Wallingford Castle und begutachtete die aufgestapelten Vorräte, die er seit König Henrys Tod zusammengetragen hatte. Selbst als er Stephen die Treue geschworen hatte, waren seine Leute damit beschäftigt gewesen, Nahrungsmittel einzukaufen und zu überlegen, wie sie haltbar gemacht werden konnten. Er beäugte die Ballen getrockneten Stockfischs. Sie waren hart wie Stein.
    »Daraus könnte man Mauern bauen, und sie würden nicht einstürzen.« Boterel zog einen Fisch aus dem Ballen und schlug ihn gegen seine Handfläche. »Der hält sich jahrelang.« Ein schwacher fischiger Staub stieg den beiden Männern in die Nase, und Brian schnitt eine Grimasse. Stockfisch gehörte zu den abscheulichsten Lebensmitteln dieser Welt, aber als Grundvorrat für Zeiten der Belagerung und der Entbehrung gab es nichts Besseres.
    Außer dem Stockfisch hatten sie Fässer mit Rindfleisch in Salzlake, geräucherte und getrocknete Wurstringe, irdene Tiegel mit Honig, Blasen voll Schweineschmalz, Talg, Bienenwachs, Butter und Käse, außerdem Hafer und Getreide. In einer Ecke standen zwei steinerne Handmühlen, damit auch im Fall einer Zerstörung der Mühle Mehl gemahlen werden konnte. Ferner lagerten hier Waffen. Fässer mit Pfeilen stapelten sich an einer Wand, und der Pfeilmacher war eifrig damit beschäftigt, weitere herzustellen. Und Brian hatte Kettenhemden von Matilda bekommen. Sie waren von berühmten Waffenschmieden von Argentan angefertigt und in Ledersäcken als Ballast auf den Schiffen aus der Normandie hergeschafft worden. Eines war ein persönliches Geschenk von Matilda. Die schwarzen Nieten schimmerten und waren mit Bronze eingefasst – eine schöne, kostbare Arbeit, geschmeidig wie eine Schlangenhaut. Dazu gehörte ein Helm. Brian hatte das Kettenhemd angelegt, um zu sehen, ob es ihm passte, die Bewunderung in den Augen seiner Männer gesehen und sich selbst nicht wiedererkannt. Obwohl er zum Krieger ausgebildet worden war, hatten von Kindheit an nur die Tintenflecke des geschriebenen Wortes an seinen Händen geklebt, nie das Blut anderer Menschen.
    »Wir können notfalls jahrelang hier ausharren«, stellte Will grimmig fest.
    Brian verzog das Gesicht. »Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt.« Er verließ das Gewölbe und trat in die raucherfüllte Herbstluft hinaus. Seine Frau kam gerade mit einem Korb voll Eiern vom Hühnerstall zurück. Zu dieser Jahreszeit legten die Tiere nicht mehr so viele Eier, aber es reichte für die Tafel des Lords. Maudes Kleid war mit Stroh übersät, ihre Figur glich einem Sack mit einem Knoten in der Mitte. Sie maß die Männer mit einem abschätzenden Blick. Zuvor hatte sie Brian in seiner schmucken Rüstung gemustert, die Nase gerümpft und bemerkt, es komme nicht auf den äußeren schönen Schein an, sondern auf das, was darin stecke.
    »Zwei Hennen legen nicht mehr«, knurrte sie. »Zeit, ihnen den Hals umzudrehen. Wir können es uns nicht leisten, sie durchzufüttern, wenn sie nicht zu unserem Lebensunterhalt beitragen.«
    Brian biss sich auf die Innenseite seiner Wange. Er wusste nicht, ob dies ein Seitenhieb oder die Bemerkung auf ihre angeborene Sparsamkeit zurückzuführen war. »Dann kann ich mich ja schon auf Brathuhn freuen«, gab er mit einem höflichen Lächeln zurück. »Ich weiß es wirklich zu schätzen, wie umsichtig du unsere Vorräte verwertest.«
    Sie bedachte ihn mit einem harten Blick. »Jemand muss es ja tun. Kostbare Kettenhemden haben ihren Preis, vor allem wenn sie in Form von Geschenken eintreffen.«
    Oben auf der Mauer ertönte ein Schrei, und ein Sergeant lief über den Burghof auf Brian zu.
    »Sir, König Stephens Armee ist hier!«, keuchte er. »Sie steht direkt vor den Mauern!«
    Brian eilte mit William im Schlepptau zur Brustwehr hinüber. Als er zwischen den Zinnen hindurchspähte und die näher rückenden silbernen

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