Die Hueterin der Krone
haben.«
»Was ist mit dem Bischof von Salisbury, Sire?«, wandte Brian ein. »Er hat der Kaiserin zwar den Eid geschworen, aber keinen Zweifel daran gelassen, dass dies nur unter der Bedingung geschah, dass eine Ratsversammlung einberufen wird, um über einen potenziellen Heiratskandidaten zu diskutieren, und sie nicht außerhalb der Landesgrenzen vermählt wird.«
Henrys Antwort fiel frostig aus.
»Der Bischof von Salisbury mag mein Berater und mein Kanzler sein, aber er ist auch mein Untertan und dürfte als solcher seinen Platz kennen. Ich werde mich selbst um ihn kümmern.«
»Gedenkst du überhaupt, das Thema im Rahmen einer Ratsversammlung öffentlich zur Sprache zu bringen?«, fragte Robert.
Henry schüttelte den Kopf.
»Ich werde die Angelegenheit zur Diskussion stellen, wenn ich die Zeit dafür gekommen sehe, und keinen Tag früher. Außerdem benötige ich eine Antwort aus Anjou, bevor ich irgendetwas unternehme.«
8
Chinon, Anjou, April 1127
Geoffrey, der Sohn von Fulke of Anjou, streichelte das weiche gesprenkelte Brustgefieder des jungen Wanderfalkenweibchens auf seiner behandschuhten Hand.
»Du hast mich rufen lassen, Vater?« Seine Stimme klang hell; sie überschlug sich immer noch, wenn er unter Druck stand, obwohl er vor fast einem Jahr in den Stimmbruch gekommen war. Er wäre viel lieber mit seinem Falken draußen im Freien gewesen und hätte ihn mit dem Federspiel trainiert, aber er hütete sich, eine väterliche Aufforderung zu missachten.
Sein Vater hatte vor dem Kamin gestanden und nachdenk lich in das Feuer gestarrt, aber jetzt drehte er sich um. Sein rotes Haar schimmerte an den Schläfen grau, Silberstreifen durchzogen seinen Bart, trotzdem war er noch im besten Mannesalter.
»Ich habe Neuigkeiten für dich.« Er deutete auf die leere Sitzstange in der Nähe des Fensters. Geoffrey nahm den Falken und ließ ihn auf die Stange hüpfen, wo er einen Moment lang herumflatterte. Das Schlagen der Flügel zerriss das drückende Schweigen. Geoffrey streichelte das Tier mit dem Zeigefinger, um es zu beruhigen, während er sich innerlich wappnete. Er wusste, was er gleich zu hören bekommen würde. Aus dem Beutel an seinem Gürtel förderte er einen Fleischbrocken zutage und fütterte den Vogel damit.
»Wirst du auf König Baldwins Angebot eingehen und Prinzessin Melisande heiraten?«
Sein Vater verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
»Das hängt davon ab, ob ich Anjou in sicheren Händen zurücklassen kann.«
Geoffrey schlenderte zu dem Büfett hinüber, um sich einen Becher Wein einzuschenken. Dann nahm er eine betont männliche Pose ein, indem er einen Fuß vorschob.
Sein Vater bedachte ihn mit einem kühlen Blick. »Nicht die Kleider oder die Haltung machen einen Mann aus, sondern seine Worte und Taten. Ich muss wissen, ob du imstande bist, Anjou wie ein Erwachsener zu regieren, wenn ich fort bin.«
Geoffreys Groll wurde durch die Aussicht auf Macht und den Grafentitel besänftigt. Er straffte sich und schob das Kinn vor, auf dem die ersten kupferfarbenen Barthaare zu sprießen begannen.
»Ich bin ein Mann«, verkündete er selbstsicher.
»In Wort und Tat, mein Sohn?«
»Ja, Vater. Du kannst dich auf mich verlassen.«
Die Miene seines Vaters erhellte sich. Er löste sich vom Kamin und begann mit schweren, zielsicheren Schritten auf und ab zu gehen.
»Ich freue mich, das zu hören, denn ich habe eine Aufgabe für dich, die mehr erfordert als die Weisheit, Anjou zu regie ren.« Er blieb vor der Vogelstange stehen und sah zu, wie der Falke sein Gefieder putzte, dann trat er zu Geoffrey und drehte das Gesicht seines Sohnes zum Fenster, um seine Züge im vollen Tageslicht zu studieren. Das Haar des jungen Mannes wies einen satten, rötlichen Goldton auf und schimmerte so gesund wie ein dichtes Federkleid. Seine Augen waren meerblau, durchsetzt mit grünen Sprenkeln; Fulke las darin sowohl wache Intelligenz als auch Arroganz und Leidenschaft. Er war schlank und hatte für sein Alter eine klare, glatte Haut. Ein Sohn, auf den man stolz sein konnte. Ob er auch fähig war, die Last großer Verantwortung auf sich zu nehmen, würde sich im Lauf der Zeit zeigen. »Kannst du das für mich tun? Ich frage mich …« Fulke trat zurück und musterte Geoffrey forschend. »Der König von England hat mir ein Angebot unterbreitet.«
»Was für ein Angebot?« Geoffrey beäugte seinen Vater misstrauisch, während er von seinem Wein trank.
»Eine ehemalige Kaiserin und zukünftige Königin
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