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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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hast.«
    »Du interessierst dich für Bier? Seit wann?«
    »Ja, ich will endlich sehen, wo dein Bier reift. Nimmst du mich also mit, nonno ?«
    Jetzt reagierte auch Marie.
    »Du solltest ihr den Wunsch erfüllen, Vater«, sagte sie und nahm seine Hand. »Bitte tu es. Mir zuliebe. Sobald deine Umbauarbeiten abgeschlossen sind.«
    Was blieb ihm anderes übrig, als einzuwilligen?
    Um einiges vergnügter, als er gekommen war, machte er sich auf den Nachhauseweg. Nur ein paar Schritte vom Storchen entfernt sah er eine Frau, die unbeholfen die Seite wechselte. An ihrem Gang war sie leicht zu erkennen. Hanna Hümlin, die das linke Bein nachzog, seit sie als Kind an einer schlimmen Krankheit gelitten hatte.
    »Warte!« Er hatte gerufen, ohne lange zu überlegen. »Ich will mit dir reden.«
    Sie blieb stehen. Er kam ihr nach.
    »Weshalb? Dein Geselle war mehr als deutlich. Es gibt kein Bier mehr, wenn man dafür nicht bezahlen kann. Das hab ich verstanden.«
    »Georg hat es nicht so gemeint ...«
    »Er hat es so gemeint. Und du bist beileibe nicht der Einzige. Jeder, der bisher noch halbwegs barmherzig war mit den Armen dieser Stadt, scheint es sich jetzt anders zu überlegen.«
    »Noch immer kein Grund, uns zu verfluchen, meinst du nicht?«
    Sie lachte. Warf dabei den Kopf nach hinten, dass die Locken flogen. Ihr scharf geschnittenes Gesicht mit den schmalen, bräunlichen Wangen und der kühnen Nase zog ihn an. Sie hatte dunkelblaue Augen, unter denen tiefe Ringe lagen. Sah man genauer hin, stellte man fest, dass sie ganz leicht schielte, was ihrem Blick etwas Geheimnisvolles gab, weil man sich nie ganz sicher sein konnte, ob sie einen nun anschaute oder nicht.
    »Das hat er gesagt, dieser Feigling? Dann richt ihm von mir aus, er soll sich gefälligst die Ohren waschen!«
    »Du hast uns nicht verflucht?«
    Ihr Gesicht wurde ernst.
    »Weißt du nicht, was sie mit meiner Mutter gemacht haben? Glaubst du, ich will landen, wo sie schließlich gelandet ist? Einen Geizhals hab ich ihn genannt. Und einen unverschämten Geilkopf dazu. Denn dass er mir dreist die Brüste betatscht hat, als sei ich eins der willfährigen Bademädchen, davon hat er dir sicher nichts erzählt.« Sie wollte an Pankraz vorbei. »Und jetzt lass mich vorbei. Ich muss nach Hause.«
    »Einen Augenblick noch.« Der Gedanke war plötzlich in ihm aufgestiegen. »Zu verschenken hab ich nichts, aber Lohn könnt ich dir anbieten. Lohn für gute Arbeit.«
    »Und was sollte das sein?« Sie sah ihn furchtlos an.
    »Ich mag kein Gesinde in meinem Haus wohnen haben«, sagte Haller. »Wer es auch ist – irgendwann stört mich ein jeder. Mir reichen schon die vielen Menschen in der Gaststube, zu denen ich Tag für Tag freundlich sein muss. Aber ich bräuchte eine tüchtige Frau, die bei mir daheim nach dem Rechten schaut.« Unwillkürlich glitt sein Blick zu ihrem Bein.
    »Das? Das ist nur manchmal beim Gehen lästig. Bei langen Strecken. Oder wenn es steil bergauf geht. Sonst hat es mich noch an nichts gehindert«, sagte sie. »Mein Leben lang.«
    Er nickte, plötzlich erleichtert.
    »Vierzig Kreuzer in der Woche. Und natürlich einen ordentlichen Krug Bier täglich dazu.«
    Ihr Mund begann sich zu kräuseln. Wenn sie lachte, bekam sie tiefe Grübchen.
    »Wann kann ich bei dir anfangen?«

    « Zu viel Fett und zu viel Bier.« Die Stimme Stoibers klang nüchtern. »Du wirst künftig kürzer treten müssen. Kein Räucherfisch. Keine Innereien, schon gar kein Bries. Nimm dich außerdem in Acht vor weißen Bohnen, Erbsen oder Linsen – es sei denn, du willst den Rest deines Lebens unter höllischen Schmerzen verbringen. Ich kenne Männer, die weder stehen noch sitzen oder liegen konnten. Einem hab ich sogar ein leinenes Gestell gebaut, in dem er den halben Tag hängen musste, weil jede harte Berührung unerträglich für ihn war.«
    Veit Sternen versuchte auf der Holzliege eine halbwegs bequeme Stellung zu finden. Wenigstens war er nicht vergeblich gekommen, wie er schon befürchtet hatte. Längst wurde die Badestube hinter St. Martin nicht mehr alle Tage eingeheizt. Gott sei Dank hatte sie nicht schließen müssen wie so viele andere in Bamberg. Hetzpredigten und die Angst um die öffentliche Moral hatten dafür gesorgt. Zu der Badestube Im Sand, eine der größten und komfortabelsten in der Stadt, mochte er nicht gehen, weil ihm nicht danach war, womöglich seinem Schwiegervater zu begegnen.
    Er war froh, dass sie in einem Nebenraum waren, nicht im großen Badesaal,

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