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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sehr gut verstehen, wenn man sich nur ein bisschen Mühe gibt. Soll ich meinem Mann etwas von Harlan ausrichten, wenn er aufwacht?«
    »O ja, das hätte ich beinahe vergessen.« Agnes’ hellblaue Augen wurden noch runder. »Sag ihm, das Holz sei da. Genau so, wie er es bestellt hat. Im Lager. Dann weiß Veit schon Bescheid.«
    »Ich schicke Simon morgen vorbei.« Maries Stimme klang ruhig.
    »Aber das ist doch ganz allein Veits Sache! Er wird nicht dulden, dass man ihm alles aus der Hand nimmt.«
    »Veit liegt krank in unserer Kammer. Und bis er wieder gesund ist, vertritt ihn unser Sohn.«
    Agnes hatte es plötzlich sehr eilig aufzubrechen.
    »Hat meine Stimme wieder sehr komisch geklungen?«, sagte Selina. »Ich kann es nicht ausstehen, dieses dumme Weib. Sie lächelt, aber ihr Mund sagt dabei ganz hässliche Dinge.«
    »Es ist besser, wenn du langsam redest. Die Worte laufen dir doch nicht davon. Und die Menschen erst recht nicht.«
    Selinas Lippen bildeten einen geraden Strich.
    »Manche schon.« Sie wischte ihre Tafel mit dem Rockzipfel sauber. »Und dafür hasse ich sie.«

    Seite an Seite verließen Pankraz Haller und der Kanzler des Hochstifts das Rathaus.
    »Es geht wieder los«, sagte Kilian Haag, als sie die hölzernen Verkaufsstände auf der Oberen Brücke hinter sich gelassen hatten, wo Schmuck und bunte Bänder angeboten wurden und sie keine unliebsamen Mithörer mehr fürchten mussten. »Drüben, in Zeil, haben sie zwei Frauen ins Loch geworfen. Dabei hab ich so sehr zu allen Heiligen gebetet, dass es für immer vorbei sein möge!«
    »Wovon sprichst du?«
    »Vorgestern gab es auch hier bei uns zwei Anzeigen. Heute eine. Ausgerechnet gegen die junge Hümlin – als hätte sie damals nicht schon genug mitgemacht. Sie soll Hühner verhext haben. Drei davon lagen plötzlich tot im Stall.«
    »Mein abergläubischer Braugeselle behauptet, uns habe sie verflucht«, sagte Haller. »Den ganzen Storchenbräu. Jetzt muss ich ihn ständig daran hindern, geweihte Kreide in mein Bier zu werfen.«
    »Du glaubst doch nicht etwa diesen Unsinn?«
    »Ebenso wenig wie du. Aber andere tun es. Es gibt zu viele wie ihn in Bamberg.«
    »Die beiden Frauen sollen Hagel gehext haben. Zum Glück war ich persönlich anwesend, hab es aufgenommen und konnte auch gleich dafür sorgen, dass es dorthin kommt, wo es hingehört: zwischen zwei Aktendeckel, die keiner jemals wieder aufschlagen wird. Aber was wird morgen sein, Pankraz?«
    »Ich weiß es nicht. Das sind keine guten Nachrichten, denn du kannst nicht überall gleichzeitig sein«, sagte der Braumeister. »Leider leben wir nicht mehr unter der gütigen Herrschaft von Bischof Gebsattel. Würden er und seine Mätressen noch regieren, würde ich mir keine Sorgen machen. Aber du hast dir schon unter Aschhausen Feinde gemacht, Kilian. Nachtragende Feinde, die nur darauf lauern, dich endlich ans Messer zu liefern.«
    »Du sprichst von Förner?«
    Pankraz Haller zog den Hut vor einem Bekannten, dann drängte er den Kanzler in einen schattigen Innenhof, wo sie ungestört waren.
    »Man munkelt, er säße bereits an neuen Hexenpredigten. Aber ob es wahr ist oder nicht – der Weihbischof gibt nicht auf. Regelrecht besessen ist er davon.«
    »Finis coronat opus  – Das Ende krönt das Werk. Und Förner besitzt das Zeug, um Menschen aufzuhetzen«, sagte Haag. »Wenn er predigt, kann man die Teufel in der tiefsten Hölle jaulen hören.«
    »Vergiss nicht, seine Rechnung mit dir ist noch nicht beglichen. Du bist ein versierter Jurist, der seine Rechte kennt. Das zieht er sicherlich ins Kalkül. Aber er könnte versuchen, dich am schwächsten Glied zu treffen – bei deiner Frau. Deiner Mutter, wie er es schon einmal versucht hat. Oder deinen Kindern. Was tust du dann?«
    »Du willst mir Angst machen?«
    »Ganz im Gegenteil! Warnen will ich dich, Kilian. Sieh dich vor. In der Stadt gärt es. Die Leute suchen Schuldige für die Frostnacht – und sie werden sie finden. Wenn es Förner gelingt, sich ihrer zu bedienen, könnten alle Schranken fallen. Dann steht uns etwas bevor, was ich mir nicht einmal auszumalen wage.«
    »Aber was sollen wir dagegen tun? Weißt du eine Lösung?«
    »Vielleicht«, sagte Haller. »Auf keinen Fall darfst du weiterhin als Einzelgänger agieren. Das ist viel zu gefährlich. Wir müssen versuchen, eine Mehrheit im Rat zu finden.«
    »Du denkst, das wäre möglich?«
    »Weshalb denn nicht? Zwei sind wir schon mal. Und auf Anhieb fallen mir noch eine Reihe

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