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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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frühherbstlichen Gartens, auf den er von seinem Fenster im ersten Stock einen ausgezeichneten Blick hatte.
    »Pater Grün? Seine Exzellenz der Fürstbischof lassen bitten!«
    Kein Zeichen des Erstaunens, dass ihn ausgerechnet der Hofastrologe in das Audienzzimmer führte. Und auch nicht, dass Damian Keller keinerlei Anstalten machte, es anschließend wieder zu verlassen, sondern sich wie ein Wächter neben der Türe postierte.
    Fuchs von Dornheim saß an einem Schreibtisch, den Löwenfüße zierten. Vor ihm, auf der makellos polierten Tischplatte, lagen verschiedene Papiere.
    »Ihr wisst, weshalb ich Euch habe rufen lassen?«
    »Ich bin überzeugt, ich werde es gleich erfahren.«
    Eine Handbewegung, die ihn aufforderte, gegenüber Platz zu nehmen. Der Pater setzte sich auf den harten Stuhl und wartete.
    »Es gibt Aufruhr in unserer Stadt«, sagte der Fürstbischof. »Die Menschen machen die Druten für die Schäden in Feld und Flur verantwortlich. Es wirkt wie ein gerechter Zorn. Es spricht sogar einiges dafür, dass sie Recht haben könnten mit ihren Anschuldigungen. Aber nun verlangen sie eine Hexenjagd – von mir, ihrem Fürsten. Und schon die Kirchenväter wussten, dass jeder Aufruhr stets den Keim des Bösen in sich birgt.«
    Grün neigte seinen schmalen Kopf.
    »Wo Feuer ist, da ist für gewöhnlich auch Rauch. Und Ihr habt jemanden hier, der kräftig einschürt, Exzellenz.« Er machte eine kleine, wirkungsvolle Pause. »Mit Eurer vollen Einwilligung, wie ich doch annehmen darf?«
    »Weihbischof Förner? Er hat sein Leben nun mal der Beseitigung der Hexensekte geweiht. Und er weiß schlagkräftige Argumente anzuführen, denen man sich nur schwerlich entziehen kann. Genau zu diesem Punkt würde mich Eure Meinung interessieren.«
    »Theologische Spitzfindigkeiten überlasse ich grundsätzlich den Spezialisten. Ich bin nur ein einfacher Lateinlehrer, nichts weiter.« Seine Hände unterstrichen gestenreich, was er soeben gesagt hatte.
    »Und das ausgerechnet von einem wie Euch, der jahrelang in der Neuen Welt gelebt hat? Der den Dschungel kennt und Wilde furchtlos missioniert hat? Manche Bescheidenheit, verehrter Pater, ist nichts als verkappter Hochmut!«
    »Ihr kennt die Regeln unseres Ordens, Exzellenz. Wir Jesuiten gehen dorthin, wo wir gebraucht werden. Demütig. Ohne nach Gründen zu fragen.«
    »Dann will ich deutlicher werden. Natürlich bin ich dafür, dem Drutenpack das Handwerk zu legen. Aber ich möchte, dass es dabei zu keinerlei Überhitzungen kommt, versteht Ihr? Und erst recht zu keiner Revolte. Schließlich haben wir Gesetze. Beamte. Prozessordnungen. Alles soll legal geschehen.«
    »Dann hättet Ihr vielleicht schon bei den Hexenkommissaren damit beginnen sollen. Schließlich ist Dr. Vasoldt überall bekannt für ...«
    »Ich kenne Vasoldt! Aber an seiner Bestellung ist nun nichts mehr zu ändern, zumindest nicht in nächster Zeit. Doch mir liegt sehr daran, diesem Gremium eine andere Kraft entgegenzusetzen. Jemanden, der mit der heiklen Materie bestens vertraut ist. Jemanden, der furchtlos durchgreifen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, sich in Leidenschaften und Fanatismus zu verstricken. Jemanden, der die hiesigen Gegebenheiten kennt. Jemanden schließlich, der jung genug ist, um noch nicht unter meinen Vorgängern gedient zu haben, die eine entgegengesetzte Politik verfolgten.«
    »Da fragt Ihr ausgerechnet mich?« Die Hände hatten ihr Spiel wieder aufgenommen.
    »Ihr seid sein alter Lehrer. Und der Einzige, der weiß, wo Adam Thies sich aktuell befindet.«
    Grüns Blick glitt über die dunkel tapezierten Wände, die prachtvollen Gemälde, die goldenen Kandelaber. Dann schaute er ruhig den Fürstbischof an, bevor er antwortete.
    »Adam hat sich zu Exerzitien zurückgezogen. Zu ausführlichen Exerzitien. Auf seinen persönlichen Wunsch hin. Und mit ausdrücklicher Empfehlung der Ordensleitung. Wem wäre damit gedient, wenn er sie vorzeitig unterbräche?«
    »Uns allen. Denn jetzt ist nicht die Zeit für Fasten und stille Einkehr.« Dornheims Gesicht, das langsam rot anlief, verriet seine innere Erregung. »Also: Wo steckt er?«
    »Er hat Schweres hinter sich, das solltet Ihr nicht vergessen. Seine Seele braucht Ruhe. Besinnung. Die Hexenprozesse in Köln haben ihn viel Kraft gekostet ...«
    »Er ist jung. Er hat sich längst wieder erholt. Außerdem ist Thies ein Kind dieser Stadt. Und hätte die Kirche ihm in jungen Jahren nicht wohltätig unter die Arme gegriffen, er würde im Löwen

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