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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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noch immer das Bier seines Vaters zapfen. Alles, was er heute ist, verdankt er uns.« Sein Tonfall bekam etwas Drohendes. »Keiner sollte seine Herkunft vergessen. Und wem er was schuldet – keiner!«
    Eine Weile blieb es still.
    »Es ist lange her, Exzellenz, dass jemand mich an meine jüdische Herkunft erinnert hat.« Jetzt lagen Grüns Hände ganz ruhig im Schoß. »Im Orden sind conversos wie ich so selbstverständlich, dass man es über all den Tagesgeschäften manchmal fast vergisst. Aber was ich nie vergesse, ist, woher ich komme. Und wem ich Dankbarkeit schulde.«
    »Den Ort, Grün! Wo finde ich Thies?«
    Josef Grün war langsam aufgestanden.
    »Er hat mein Versprechen, ihn nicht zu verraten«, sagte er. »Gleichgültig, wer nach ihm fragt. Und daran halte ich mich. Aber ich kann mich mit der Ordensleitung in Verbindung setzen, wenn Ihr es wünscht. Ihr bekommt die Antwort, Exzellenz, sobald ich sie in Händen halte.«
    Eine leichte Verneigung. »Gelobt sei Jesus Christus!«
    Er ging zur Tür, ohne Keller eines Blicks zu würdigen, und war verschwunden.
    Fuchs von Dornheim starrte ihm hinterher.
    »Nun, was sagst du zu diesem Exemplar?«, fragte er schließlich.
    Keller kam langsam näher.
    »Eines der interessantesten Horoskope, das ich je in Händen halten konnte. Zu schade nur, dass wir nicht seine Geburtsstunde wissen! Aber nach allem, was ich eben gesehen und vor allem gehört habe, steht der Aszendent für mich ohnehin fest. Ich darf doch einmal ganz kurz, Exzellenz?«
    Er zog die Zeichnung unter einem Stapel anderer Papiere hervor, die sie verdeckt hatten.
    »Eindeutig Wassermann! Diese Freiheit im Denken, der Mut, diese ... Ihr verzeiht! ... strahlende Unverschämtheit, das kann nur der Wassermannaszendent. Und das Starke, das Beharrende, das muss die Stiersonne sein. Seht Ihr, Exzellenz? Hier! Dazu kommt ein Merkur im dritten Haus, das bedeutet ...«
    »Meinst du, er schafft ihn her?«, unterbrach ihn der Fürstbischof. »Wird er kommen?«
    »Thies? Ich bin ganz sicher, er wird nicht wagen, sich Euch zu widersetzen!«
    »Und wenn doch?« Fuchs von Dornheim war aufgestanden und schaute zum Fenster hinaus. »Wenn doch, und mein schönes Bamberg am Ende in Rauch und Flammen aufgeht?«

    Es blieb ein Traum, ein schwebender, atemloser Zustand, wie sie ihn niemals zuvor erlebt hatte, und jedes Mal, wenn Ava erwachte und den Platz neben sich leer fand, überfiel sie die Angst, sie sei unwiederbringlich daraus erwacht.
    Dann musste sie schnell etwas tun, um sich Veits Gegenwart zurückzuholen. Die Nase in das Wams pressen, das sie ihm gleich am ersten Abend abgeluchst hatte, und seinen Geruch einatmen. Die Hände auf ihre Brüste legen und sich vorstellen, es wären seine. Die Augen schließen und sich in Erinnerung rufen, was er gesagt hatte – und was er nicht mehr hatte sagen können, weil ihre Küsse ihn zum Schweigen gebracht hatten.
    Feierlich und fröhlich waren ihre gemeinsamen Nächte, voller Lust und fast schüchterner Zärtlichkeit zugleich, als rührten sie beide an etwas Zerbrechliches, das sich in Luft auflösen würde, wenn sie nicht sorgsam damit umgingen. Es glich der Reise in ein neues Land, in dem es viel Unbekanntes zu erforschen gab, und erinnerte gleichzeitig an eine Heimkehr, so sicher und vertraut fühlte es sich an. Wenn er sie berührte, reagierte ihr Körper sofort, nahm ihn auf, als sei er ein Teil von ihr, aber Ava vergaß keinen Augenblick, wie fremd sie sich noch immer waren.
    Worte spielten keine große Rolle dabei. Manchmal kam es Ava sogar vor, als seien Worte ihre einzigen Feinde, weil sie das Draußen in ihre verzauberte Welt trugen. Drinnen gab es Blicke, Gesten, Liebkosungen. Veit kannte das leise Seufzen ihres Atems. Er wusste, dass sie im Schlaf stöhnte oder fremdartige Laute vor sich hin murmelte, dass ihre Arme ständig in Bewegung waren, als wollten sie ihr Gesicht, ihren Leib schützen. Wenn sie aufschrie, weil sie wieder einmal vom Feuer geträumt hatte, streichelte er die wulstige Narbe an ihrem linken Bein, und sie wurde ruhiger. Gefragt, was dies alles zu bedeuten habe, hatte er Ava noch nicht. Sie würde es ihm erzählen, eines Tages, wenn die Zeit dafür gekommen war.
    Sie vergaß zu essen, konnte kaum noch schlafen. Fing tausenderlei verschiedene Dinge an, um plötzlich mittendrin abzubrechen und mit offenen Augen vor sich hinzustarren. Etwas Fiebriges hatte sich ihrer bemächtigt, das sie nicht mehr zur Ruhe kommen ließ – bis sie endlich wieder

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