Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
viele würden sie nicht mehr respektieren, aber das war auch nicht anders gewesen, bevor die Wölfin in ihr Leben trat. Und natürlich würde sie keine guten Beziehungen mehr zu der Beschwörer-Familie haben und diese Künste auch erst einmal nicht mehr ausüben können. Pinaa seufzte. Aber mit der Zeit würde sich hoffentlich alles wieder beruhigen. Und weiter wollte sie eigentlich noch gar nicht denken. Sie wollte nur ihren Vater in die Arme schließen. Aber dafür musste sie die Wölfin verlassen. Das konnte sie sich immer noch nicht vorstellen. Sie vertraute Asha und wusste, dass es die Wölfin bei ihr gut haben würde. Aber sie waren eine Einheit gewesen. Sie hatten Tag und Nacht zusammen verbracht, sich gewärmt und beschützt, wie konnte sie sie jetzt einfach so zurücklassen? Es zerriss ihr das Herz. Asha bemerkte, dass Pinaa widersprüchliche Gefühle durchlebte. Sie sagte nur wenig und drückte ab und zu ihre Hand.
Die Wölfin wurde nervös. Sie spürte Freude, Trauer, Angst und Aufregung gleichzeitig bei ihrem Menschenweibchen. Das war fast zu viel für sie. Hätte das einsame Weibchen nicht mit ihrer Ruhe und Kraft die Führung übernommen, wäre die Ordnung des Rudels in Gefahr gewesen. Die Einsame war auch traurig, blieb aber gelassen und behielt den Überblick. Sie gingen zum Lager des Menschenrudels zurück. Die Wölfin beschnüffelte Stellen, die sie auf dem Hinweg passiert hatten. Offenbar wollte ihr Menschenweibchen wieder in den Schoß des Rudels zurückkehren.
Die Einsame forderte sie erneut auf, den Rückweg zu finden. Und die Wölfin suchte nach der Witterung ihres ehemaligen Menschenrudels. Schließlich fand sie den Eingang zu der Höhle, an deren anderem Ende sich das Lager der Menschen befand.
Das kleine Menschenweibchen wurde jetzt von Trauer überwältigt. Ihr Gesicht drückte Schmerz aus. Sie kam auf ihre Höhe, drückte sie fest an sich und gab viele seltsame Laute von sich. Die Wölfin ließ das über sich ergehen. Das Menschenweibchen richtete sich wieder auf und wandte sich zu der Höhle. Sie ging ein paar Schritte, dann drehte sie sich um und bedeutete der Wölfin zu bleiben. Die Einsame stellte sich vor die Wölfin und zeigte an, dass sie hier bleiben würden. Sie verstand. Der kleine Mensch verließ ihr neues Rudel, um zu seinem alten Menschenrudel zurück zu gehen. Aber das war nicht ihr Plan gewesen. Die Wölfin hatte die Nähe der Menschen gesucht. Die Nähe eines großen Menschenrudels. Sie wollte ihr Leben mit ihnen teilen, mit ihnen jagen, spielen und schlafen. Das neue Rudel würde nur aus ihr und der Einsamen bestehen. Sie fiepte leise und machte einen Schritt in Richtung Höhle, aber die Einsame verstellte ihr den Weg und das kleine Weibchen zeigte erneut, dass sie bleiben sollte. Sie verabschiedeten sich, dann ging der kleine Mensch zur Höhle und die Einsame zog die Wölfin in den Wald.
Asha hatte Pinaa gezeigt, wo sie ihr erstes Nachtlager auf dem Rückweg aufschlagen wollte, es war nicht weit, so dass Pinaa, falls die Sippe sie tatsächlich nicht wieder aufnehmen würde, direkt wieder zu ihnen stoßen konnte. Sie hatte ihr eine der Masken mitgegeben sowie einige der gelben Blüten gegen das Keuchen, da Pinaa ihr von ihrem Traum erzählt hatte. Ansonsten wollte Asha keinen langen Abschied. Nachdem Pinaa sich von der Wölfin gelöst hatte, gab es nur eine kurze Umarmung. Dann hatte Asha die Wölfin am Kragen gepackt und sanft mit sich in den Wald gezogen.
Pinaa wurde noch eine Weile von Tränen geschüttelt, während sie durch die große Höhle zurück zum Lager ihrer Sippe lief, aber schließlich siegte die Vorfreude auf ihren Vater und Minoo. Als sie die richtigen Abzweigungen erkannte, ging sie immer schneller. Sie passierte den Ausgang zur Schlucht und den Gang, der zu den Gruben der Toten führte und schließlich war es nur noch eine Biegung, dann erreichte sie den Teil der Höhle, in dem die Sippe zu den Göttern sprechen konnte. Als sie noch darüber nachdachte, wen sie wohl als erstes in die Arme schließen könnte, stand sie plötzlich Anatoo gegenüber. Vor Schreck ließ sie die Maske fallen, die ihr Asha zum Abschied gegeben hatte. Anatoo hatte offenbar gerade eine Jagdzeremonie vorbereitet. Sie starrte ihn erschrocken an. Er hingegen schien keineswegs erstaunt. Vielmehr sagte sein Gesichtsausdruck, dass er nichts anderes erwartet hatte. "Ja, natürlich." sagte er dann auch. "Das ist es doch, was ich mir gewünscht habe." Dann suchte er den Gang hinter
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