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Die Huette

Die Huette

Titel: Die Huette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William P. Young
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habe dir gesagt, dass ich dir etwas zeigen will, etwas, worum du mich selbst gebeten hast. Wir sind hier, um Missy nach Hause zu bringen.«
    Plötzlich ergab alles einen Sinn. Er schaute auf Sarayus Geschenk und erkannte, was es war. Irgendwo in dieser trostlosen Landschaft hatte der Mörder Missys Leiche versteckt, und sie waren hergekommen, um sie zu holen.
    »Danke« war alles, was er zu Papa sagen konnte, während aus einem scheinbar unerschöpflichen Reservoir erneut ein Wasserfall seine Wangen herabrollte. »Wie ich das hasse - ständig zu flennen und herumzustammeln wie ein Idiot, all diese Tränen«, stöhnte er.
    »Oh Kind«, sagte Papa sanft. »Schätze niemals das Wunder deiner Tränen gering. Sie können heilende Wasser sein und ein Strom der Freude. Manchmal sind sie die besten Worte, die das Herz sprechen kann.«
    Mack schaute Papa ins Gesicht. Noch nie hatte er eine solche Güte, Liebe, Hoffnung und lebendige Freude erblickt. »Aber hast du nicht versprochen, dass es eines Tages keine Tränen mehr geben wird? Darauf freue ich mich.«
    Papa lächelte, streckte die Hand aus und strich Mack sanft die Tränen aus dem Gesicht. »Mackenzie, diese Welt ist voller Tränen, aber vergiss nicht: Ich habe versprochen, dass ich es sein werde, der sie euch trocknen wird.«
    Während Macks Seele sich in der Liebe seines Vaters immer mehr öffnete und heilte, gelang ihm ein Lächeln.
    »Hier«, sagte Papa und reichte ihm die Wasserflasche. »Nimm einen Schluck. Ich möchte nicht, dass du einschrumpelst wie eine Pflaume, ehe das alles vorüber ist.«
    Mack musste unwillkürlich lachen, was so völlig fehl am Platze schien, aber als er darüber nachdachte, wurde ihm klar, dass dieses Lachen vollkommen angemessen war. Es war ein Lachen der Hoffnung und wiedergefundenen Freude ... und es passte zu diesem Prozess des Abschließens und Loslassens.
    Papa ging voraus. Bevor sie den Hauptweg verließen und einem schmalen Pfad folgten, der zwischen verstreut liegenden Steinblöcken hindurchführte, blieb Papa stehen und klopfte mit seinem Wanderstock gegen einen großen Stein. Er schaute Mack an und forderte ihn durch wortlose Gesten auf, sich den Stein genauer anzusehen. Da war er wieder, der gleiche rote Bogen. Und nun wurde Mack klar, dass der Mann, der ihm die Tochter geraubt hatte, auf diese Weise den Pfad markiert hatte. Während sie weitergingen, erklärte Papa ihm, dass die Leichen der Mädchen nie gefunden worden waren, weil dieser Mann sorgfältig Verstecke ausgesucht hatte, manchmal schon Monate vor der Tat.
    Auf halbem Weg durch das Geröllfeld verließ Papa den Pfad und führte Mack durch ein Labyrinth aus Geröll und steilen Felswänden, bis sie schließlich wieder auf eines der inzwischen vertrauten roten Zeichen stießen. Diesmal hatte der Mörder es auf eine Felswand gemalt. Die Markierungen waren so angebracht, dass sie für alle, die nicht genau wussten, wonach sie suchten, leicht zu übersehen waren. Zehn Minuten später blieb Papa vor einer Spalte stehen, die durch zwei gegenüberliegende Felsvorsprünge gebildet wurde. Davor lag ein kleiner Steinhaufen, und auf einen der Steine hatte der Mörder sein Symbol gemalt.
    »Fass bitte mit an«, sagte Papa zu Mack und machte sich daran, die Steine wegzuräumen. »Dahinter verbirgt sich ein Höhleneingang.«
    Als sie die Steine weggeschafft hatten, hackten und schaufelten sie Erde und Kies beiseite, die den Eingang blockierten. Plötzlich gab der restliche Schutt nach, und eine Öffnung wurde sichtbar, hinter der eine kleine Höhle lag, die vermutlich einmal einem Tier als Winterquartier gedient hatte. Verwesungsgeruch stieg Mack in die Nase und raubte ihm den Atem. Papa zog ein Stück Leinen in der Größe eines Halstuches aus dem Bündel, das Sarayu Mack mitgegeben hatte. Er band es Mack um Mund und Nase, und sofort durchschnitt ein süßer Duft den Gestank der Höhle.
    Die Höhle war so niedrig, dass sie nur kriechend in sie vordringen konnten. Papa entnahm seinem Rucksack eine starke Taschenlampe und zwängte sich vor Mack hinein, der ihm mit Sarayus Geschenk folgte.
    Sie brauchten nur ein paar Minuten, um den bittersüßen Schatz zu finden, der hier versteckt war. Auf einem kleinen Felsvorsprung lag ein Körper, und Mack ahnte, dass es seine Missy sein musste. Der Körper lag auf dem Rücken, von einem schmutzigen und verrottenden Laken bedeckt. Doch die sterblichen Überreste waren nur wie ein alter Handschuh, dem die Hand fehlte, die ihn mit Leben erfüllt

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