Die Huette
der Abend vorrückte, zogen sich Emil und Vicki mit ihrem verschlafen blinzelnden Baby als Erste zurück. Jesse und Sarah boten an, noch ein wenig zu bleiben und dann die Mädchen der Ducettes zu deren Zeltplatz zu bringen. Daraufhin verschwanden die drei Phillips Kinder und die beiden Ducettes unverzüglich in die Geborgenheit des Zeltanhängers, um dort Geschichten und Geheimnisse auszutauschen.
Wie es oft geschieht, wenn man lange am Lagerfeuer sitzt, wandte sich das Gespräch von den humorvollen Seiten des Lebens persönlicheren Dingen zu. Sarah interessierte sich spürbar für Macks restliche Familie, vor allem für Nan.
»Wie ist sie denn so, Mackenzie?«
Mack freute sich über jede Gelegenheit, mit seiner Nan anzugeben. »Also, mal abgesehen davon, dass sie schön ist, und das sage ich nicht nur, sie ist wirklich schön, von innen und von außen ... « Er blickte unsicher auf und merkte, dass die beiden ihn anlächelten. Er vermisste Nan wirklich und war froh, dass die Nachtschatten seine Verlegenheit verbargen. »Ihr voller Name ist Nannette, aber alle nennen sie Nan. Sie hat sich in der Krankenpflege einen ausgezeichneten Ruf erworben, jedenfalls hier im Nordwesten. Sie ist Krankenschwester und betreut Onkologiepatienten - ähm, Krebspatienten ohne Heilungschancen. Das ist wirklich hart, aber Nan liebt diese Arbeit. Sie hat einige Fachartikel darüber geschrieben und Vorträge auf Konferenzen gehalten.«
»Aha? Wovon handeln diese Vorträge?«, wollte Sarah von ihm wissen.
»Sie hilft Menschen dabei, im Angesicht des Todes ihre Beziehung zu Gott zu überdenken«, antwortete Mack.
»Darüber würde ich gerne mehr erfahren«, ermutigte ihn Jesse und fachte mit einem Ast das Feuer an, sodass es mit neuer Kraft aufloderte.
Mack zögerte. Zwar fühlte er sich in Gegenwart der beiden wohl, aber er kannte sie ja nicht wirklich und das Gespräch ging nun ein bisschen tiefer, als ihm lieb war. Rasch suchte er nach einer kurz angebundenen Antwort, die Jesses Interesse befriedigen würde.
»Nan kann das viel besser erzählen als ich. Ich glaube, sie denkt anders über Gott als die meisten Leute. Sie nennt ihn sogar Papa, weil sie sich ihm so nahe fühlt, falls ihr das nachvollziehen könnt.«
»Aber natürlich«, rief Sarah aus und Jesse nickte. »Ist das in eurer Familie üblich, Gott als Papa zu bezeichnen?«
»Nein«, sagte Mack lachend. »Die Kinder haben es sich angewöhnt, aber mir gefallt es weniger. Mir ist diese Anrede irgendwie ein bisschen zu vertraut. Aber andererseits hat Nan einen wunderbaren Vater, deshalb ist es wohl leichter für sie.«
Nun war es ihm herausgerutscht. Mack schauderte innerlich und hoffte, dass die beiden es nicht bemerkt hatten. Doch Jesse schaute ihn an. »Dein Vater war wohl nicht so wunderbar?«, fragte er sanft.
»Stimmt.« Mack schwieg einen Moment. »Man kann wirklich sagen, dass er nicht wunderbar war. Er ist gestorben, als ich noch ein Junge war, und zwar eines natürlichen Todes.« Mack lachte, aber es klang leer. Er sah die beiden an. »Hat sich zu Tode getrunken.«
»Das tut uns leid«, sagte Sarah für sie beide, und Mack spürte, dass sie es aufrichtig meinte.
»Na ja«, sagte er und rang sich ein weiteres Lachen ab, »das Leben ist eben manchmal hart, aber es gibt eine Menge, wofür ich dankbar sein kann.«
Eine unbehagliche Stille folgte, während der Mack sich fragte, warum es wohl diesen beiden so schnell gelang, seine Schutzwälle zu durchbrechen. Ein paar Sekunden später wurde er von einer Schar Kinder gerettet, die aus dem Zeltanhänger herantobte.
Zu Kates großem Vergnügen waren Josh und Amber von ihr und Emmy dabei ertappt worden, wie sie im Dunkeln Händchen hielten, und nun wollte sie, dass die ganze Welt davon erfuhr. Aber Josh war inzwischen so verliebt, dass Kates Hänseleien nicht wirklich zu ihm durchdrangen und das alberne Grinsen aus seinem Gesicht hätten vertreiben können.
Die beiden Madisons umarmten Mack und seine Kinder, wobei Sarah ihn zum Abschied besonders mitfühlend an sich drückte. Dann gingen sie Hand in Hand mit Amber und Emmy davon und verschwanden in der Dunkelheit. Mack sah ihnen nach, bis er ihr gedämpftes abendliches Flüstern nicht mehr hörte und der schwankende Lichtschein ihrer Taschenlampen außer Sichtweite war. Er lächelte still in sich hinein und machte sich daran, seine eigene Brut in die Schlafsäcke zu bringen.
Nach den Gebeten und Gutenachtküssen war nur Kates Gekicher zu hören. Sie unterhielt sich
Weitere Kostenlose Bücher