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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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senkte vertraulich seine Stimme.
    »Mein Herr hat noch mehr solcher Bilder, auch Bücher und andere Dinge, die man in diesen Zeiten besser verbergen sollte. Kommt mit mir, ich bringe Euch zu ihm.«
    Angelina und Francesco folgten ihm in das Nachbarhaus. Sein Herr saß in einem rotseidenen Gewand auf einem Sessel und hielt ein Buch in der Hand. Auf einem zierlichen Tisch daneben standen eine Schale mit Konfekt und eine mit Äpfeln. Er trug ein schwarzes Barett mit Pfauenfedern. Angelina konnte ihn nur von hinten sehen.
    »Willkommen«, sagte der Hausherr, wandte sich um und stand auf. Es war Tomasio! Genau die fleischige Nase, die wulstigen Lippen. Und jetzt zuckte er auch noch mit seinem linken Lid!
    Angelina wich unwillkürlich einen Schritt zurück. »Signor Venduti! Ich dachte, Ihr hättet die Stadt verlassen!«
    |324| »Weil ich den Laden am Dom mit Brettern vernagelt habe? Ich wollte nicht zulassen, dass der Pöbel am Ende meine schönen Stoffe aus den Regalen zieht und auf den Scheiterhaufen wirft!«
    »Das ist auch sinnvoll«, erwiderte Francesco. »Die Menge dort ist außer Rand und Band!« Angelina kniff ihn in den Arm. ›Was machst du denn?‹, doch er fuhr fort: »Wir nehmen Eure Gastfreundschaft gerne an.«
    »Ihr seht, dass mein Palazzo weder äußerlich noch innen prunkvoll eingerichtet ist«, fuhr Tomasio fort. »Aber nicht wegen der
Fanciulli
oder wegen Savonarola, sondern deswegen, damit meine adeligen Nachbarn nicht in Neid ausbrechen.«
    »Ich dachte immer, Ihr wohnt am Dom«, brachte Angelina hervor. »Ich habe Euch nur ein einziges Mal in dieser Gegend gesehen.«
    »Ich dagegen habe Euch oft auf der Straße gesehen, Signorina Girondo«, lächelte Tomasio vergnügt. »Und Euch in letzter Zeit auch, Signor Rosso. Meine Familie lebt schon seit Generationen hier«, fuhr er fort. »Ich bin in diesem Haus geboren.«
    Der Diener brachte kleine, gebackene Fische, Wein in einer Karaffe und Gläser. Von draußen kam der Lärm der ersten Heimkehrenden. Der Diener schenkte ein.
    Angelina war immer noch misstrauisch. Irgendetwas stimmte nicht »Aber wieso seid Ihr dann so selten hier?«
    »Meine Geschäftsreisen haben in letzter Zeitüberhandgenommen. Nicht zuletzt wegen Savonarola.« Sein Augenlid zuckte abermals.
    Francesco biss herzhaft in einen Backfisch. »Ich weiß nicht, ob es früher besser war«, meinte er, »aber man durfte doch zumindest tun und lassen, was man wollte.«
    »So ist es«, bestätigte Tomasio. »Und jetzt zeigt mir doch einmal das Bild, das Ihr da tragt. Habe ich Euch nicht kürzlich schon damit gesehen?« Er stutzte. »Ihr habt Euch verbrannt. Habt Ihr es aus den Flammen gerettet?« Er winkte dem Diener, Verbandszeug zu holen. Tomasio nahm das Bild in beide Hände und betrachtete es. Sein Blick wanderte hinüber zu Angelina. Er pfiff durch die Zähne.
    |325| »Euch ist ein sehr gutes Werk gelungen, Signor Rosso«, sagte er. »Es zeigt nicht nur die Schönheit unserer Signorina hier, sondern auch die Feinheit meiner Tuche und die Kunst meines Schneiders. Meisterhaft! Wenn es meines wäre …«
    »Nein, nein, es gehört meinen Eltern«, unterbrach ihn Angelina hastig.
    »… dann würde ich es in der Anprobe meines Schneiders aufhängen, damit alle Welt sieht, was für großartige Kleider man bei mir bekommt!«, fuhr Tomasio begeistert fort, als hätte er sie nicht gehört.
    »Es ist doch gar nicht Euer Eigentum«, warnte Francesco.
    »Natürlich nicht, ich weiß.« Tomasio lächelte wehmütig. »Aber ich habe schon gehört, dass Ihr nach einem Versteck sucht, und würde mich glücklich schätzen, es für Euch in meinem Hause zu verwahren. Es wird gewiss nicht mehr lange dauern, bis dieser Gottesstaat sein Ende gefunden hat.«
    Von draußen ertönte ein Spottlied auf Savonarola.
    »Auf das Ende von Savonarola!«, sagte Francesco und hob sein Glas. Angelina blickte ihn erstaunt an.
    »Auf sein Ende!«, erwiderte Tomasio ohne Zögern und leerte seinen Becher.
    »Wir sind Euch zu tiefem Dank verpflichtet, Signor Tomasio«, sagte Angelina. Sie aß einen der gebratenen Fische und nahm einen Schluck Wein. »Doch eines müsst Ihr mir erklären, verzeiht meine Dreistigkeit. Ich muss es wissen. Seid Ihr nun in diesem Haus geboren oder nicht?«
    Diesmal kniff Francesco sie in den Arm.
    Angelina sah mit Erstaunen, dass Tomasio rot wurde. »Jetzt habt Ihr mich ertappt«, lachte er verlegen. »Nein, ich stamme von einem ländlichen Adelsgeschlecht ab.«
    Angelina runzelte die Stirn, und er

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