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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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erklärte: »Aber Ihr wisst ja, wie wenig der Landadel von der städtischen Gesellschaft anerkannt wird. Sie wollen ihren Platz behaupten, koste es, was es wolle! Aus diesem Grund habe ich schon bei passenden Gelegenheiten behauptet, einer der Ihren zu sein.«
    |326| Angelinas lächelte. »Ihr müsst achtgeben, wem Ihr was erzählt«, gab sie zurück. »Ich hörte von Euch beide Versionen!«
    Tomasio knetete seine Hände. »Ich möchte mich entschuldigen, Signorina. Es war der kindische Versuch, Euch zu beeindrucken.«
    Da sagte Angelina etwas, was sie selbst erstaunte: »Ich freue mich, dass wir Nachbarn sind, Signor Venduti.« Tomasio lächelte verlegen und nickte. Ich habe es ihm nicht leicht gemacht, dachte Angelina. Wahrscheinlich macht das keiner. Nur wegen dieses Zuckens am Auge.
    Venduti ging zum Fenster und öffnete es. Brandgeruch kam herein; über der Piazza della Signoria lag ein rötlicher Schein.

|327| 41.
    Domenian stand neben Savonarola am Feuer und betete. Der Prior ließ seinen Blick über die Menge schweifen.
    »Bürger von Florenz«, rief er aus. »Dieses Feuer soll euch ein Zeichen sein, ein Zeichen, das ich euch als Vertreter des wahren Gottes gesetzt habe. Es ist die reinigende Kraft der Verwandlung, die in ihm steckt, jeder, der ihm seine Eitelkeiten übergeben hat, ist frei von Sünde.«
    »Du wirst selber brennen, Savonarola!«, rief ein Mann aus der Menge.
    »Und sollte das Gottes Ratschluss sein, so gebe ich mich ihm gerne hin«, war Savonarolas Antwort.
    Domenian starrte in die Flammen; sie knisterten und sangen, es knackte und krachte, roch nach verbranntem Holz und Wachs. Domenian erinnerte sich an etwas. Auch im letzten Jahr, beim ersten Fegefeuer der Eitelkeiten, hatte sich seiner eine merkwürdige Stimmung bemächtigt. Er sah … Domenian kniff die Augen zusammen, hob sie zu dem Teufel an der Spitze des Holzstoßes … er sah einen Menschen brennen. War es der Teufel da oben gewesen? Nein, es war jemand anders. Er konnte sein Gesicht nicht erkennen.
    Lange stand er so und starrte in die Flammen, bis der Haufen heruntergebrannt war und Savonarola zur Heimkehr ins Kloster rief. Höhnisch schauten die Masken, die nicht ganz zum Raub der Flammen geworden waren, Domenian nach. Ihm war übel. Er folgte Savonarola und den anderen Brüdern ins Kloster San Marco, wo er sich auf seine Strohmatratze warf. Was würde geschehen, wenn Savonarola tatsächlich hingerichtet werden würde? War dann der Gottesstaat zerschlagen? Sollte all ihr Mühen umsonst gewesen sein? Aber Savonarola hatte gesagt, er stürbe gern und ginge gern |328| ins Paradies ein. Er wird ein Märtyrer, dachte Domenian, vielleicht ist er es schon. Ein Heiliger, über den man noch Hunderte von Jahren nach seinem Ableben sprechen, den man verehren und dem man nachstreben wird.
    Und er, Domenian? Was sollte mit ihm geschehen? War auch ihm ein Tod auf dem Scheiterhaufen beschieden? Er konnte sich nicht vorstellen, wie ein Leben ohne seinen Prior aussehen sollte. Warum nur wollte Savonarola nicht fliehen? Fürchtete er, als Feigling zu erscheinen? Nein, er war kein Feigling, würde niemals einer sein! Und auch er, Domenian, war kein Feigling. Er hatte alles zusammen mit seinem Herrn durchgestanden. Hatte den Auftrag, den ihm ein Höherer gegeben hatte, fast bis zum Ende erfüllt. Der Keller kam ihm in den Sinn. An jenem Ort hatte er seinen Weg begonnen, der ihn ins Kloster und zu den jetzigen Geschehnissen führte. Es hatte ihm leidgetan, aber er musste es tun. Der Tod und das Feuer waren die Pfandstücke für ein höheres, ein anderes Leben.

|329| 42.
    In dieser Nacht schlief Angelina besonders gut, obwohl ihr im Traum wieder Eleonore erschien. Gleich am Morgen beschloss sie, ihr Grab zu besuchen. In der Frühe wanderte sie durch die Gassen, in denen noch der Geruch des Brandes hing. Auf dem Friedhof waren alte Frauen damit beschäftigt, Blumen an die Plätze vor den mehr oder weniger prunkvollen Grabhäusern zu legen. In den Dachfirst von Eleonores Grab war neben ihrem Namen der von Matteo hineingemeißelt. So hatte man ihn also vom Lago Trasimeno hierher überführt. Angelina betrachtete die Engelsstatue. Eleonore war wie ein Engel davongeflogen. Aber sie hätte nicht so früh sterben dürfen, in der Blüte ihrer Jahre. Angelina dachte an die Zeit am See, sah Eleonore vor sich, wie sie im Kreis ihrer Freunde saß, spielte, lachte, erzählte, sah die Landschaft, roch den Geruch des Thymians, den nach Zitronen und gebratenen

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