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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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wenn Tomasio recht hatte? Ihre alten Befürchtungen und Ängste stiegen in ihr auf. Wie, wenn Francesco alles nur vorgegeben hätte? Vielleicht hatte er doch Fredi und Matteo ermordet. Aber warum hätte er Eleonore umbringen sollen? Zu dem Zeitpunkt war Francesco ja gar nicht in |385| Florenz gewesen. Er könnte allerdings auch einen gedungenen Mörder damit beauftragt haben, so wie er die
Fanciulli
dazu gebracht haben könnte, ihn zu verprügeln. In diesem Moment schoss der Gedanke Angelina erstmals durch den Kopf: Was, wenn es zwei Mörder gab und nicht nur einen? Was, wenn der Priester einen Komplizen hatte?
    Angelina folgte Tomasio in den Gang. Er schloss eine hölzerne Tür auf, die mit schweren Eisenstäben beschlagen war. Knirschend drehte sich der Schlüssel im Schloss. Angelina trat hinter Tomasio ein, dieser entzündete gerade mehrere Leuchter an den Wänden. Sie war überrascht von der Behaglichkeit, die der Raum ausstrahlte. Tomasio bat Angelina, auf einem der Stühle Platz zu nehmen. Er setzte sich ihr gegenüber.
    »Wo ist Francesco?«, fragte sie.
    »Jetzt hört Euch erst einmal an, was ich zu sagen habe«, sagte Tomasio.
    Er lächelte sie an. »Erinnert Ihr Euch an das Fest, das Euer Vater auf seinem Landsitz bei Fiesole veranstaltete?«
    Angelina erinnerte sich sehr gut daran. »Damals wurde mein künftiger Ehemann Fredi ermordet.«
    »Francesco hat ihn getötet, weil er Euch für sich haben wollte«, meinte Tomasio. »Aber nicht, weil er Euch liebte. Er hatte es einzig und allein auf Eure Mitgift abgesehen.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«, fragte sie stockend. Es war, als hätte sich der Boden unter ihr aufgetan.
    »Das tut nichts zur Sache. Ich habe es von jemandem gehört, der vertrauenswürdig ist.«
    »Und wer hat Matteo umgebracht und wer Eleonore?«
    »Francesco war anwesend, als der Gatte Eleonores starb. Ihr seid doch miteinander an den Lago Trasimeno gegangen. Wer anders als er sollte einen Grund dafür gehabt haben?«
    »Was meint Ihr damit?« Angelina ballte die Fäuste.
    »Nun, es ist doch ein offenes Geheimnis, dass Francesco und die Gräfin Scroffa sich ziemlich … nahestanden.«
    |386| Obwohl sie dieser letzte Satz traf wie ein Schlag in die Magengrube, zwang sich Angelina, Tomasio auf eine offensichtliche Ungereimtheit hinzuweisen.
    »Wenn er Eleonore für sich haben wollte, wieso sollte er sie dann kurz darauf umbringen?«
    »Nun«, sagte Tomasio und legte die Fingerspitzen aneinander, »die größte Liebe kann verfliegen, wenn man herausbekommt, dass der Liebhaber den eigenen Ehemann heimtückisch umgebracht hat. Sie hat es herausgefunden.«
    »Aber als Eleonore starb, war Francesco gar nicht in der Stadt!«
    »Kennt Ihr nicht die Giftmorde der Borgia und anderer römischer und florentinischer Familien?«, fragte Tomasio zurück. »Glaubt Ihr, sie hätten das Gift jeweils selber ins Essen gemischt? Für Geld lässt sich so mancher kaufen!«
    »Ich glaube es nicht, ich will es nicht glauben«, rief Angelina. Sie hoffte, er würde ihr die Verwirrung nicht anmerken.
    »Den Überfall durch die
Fanciulli
hat er selbst in die Wege geleitet«, fuhr Tomasio fort. »So dachten alle, dass der Mörder von außen gekommen wäre. Er war aber mitten unter euch.«
    »Und was ist mit diesem Mönch?«, wollte Angelina wissen.
    »Der Verrückte, der Euch bedroht hat?«
    »Das war nicht das erste Mal, müsst Ihr wissen.« Angelina seufzte. »Ich bin so froh, dass Ihr mit meinem Vater im Dom aufgetaucht seid!«
    »Ein Wahnsinniger!« Tomasio schüttelte mitleidig den Kopf. »Das ist gewiss ein glühender Anhänger Savonarolas gewesen. Dieser Ketzer hat vielen die Sinne vernebelt! Gott sei Dank ist dieser Teufel jetzt gerichtet und schmort in der Hölle!«
    Tomasios Augen flackerten. »Ich aber, Angelina, ich habe Euch von Anfang an geliebt und wollte Euch immer vor allem Bösen beschützen. Wenn Ihr es nur zugelassen hättet!«
    In Angelina war eine Welt zusammengebrochen. Und sie hatte Francesco vertraut, hatte geglaubt, dass er sie liebe, nachdem er ihr Bild aus den Flammen gerettet hatte!
    |387| »Ach, hätte ich doch niemals das Kloster verlassen«, sagte sie mehr zu sich selbst.
    »Ihr könnt es Euch immer noch überlegen«, sagte er. Sein Augenlid zuckte heftiger. »Ich warte nun schon so lange auf Euch. Und ich gebe Euch weitere Bedenkzeit. Wollt Ihr meine Frau werden?«
    »Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen«, sagte Angelina. »Aber ich habe beschlossen, Euch nicht zu heiraten.

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