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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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stieß. Hier war es, hier hatte ihn jemand überfallen und von dort zu dem unterirdischen Kanal geschleift, um ihm den Rest zu geben. Er erinnerte sich an den Ort. Francesco lief den Gang zurück, bis er wieder zu der Krypta kam. In der Kirche war es inzwischen stockdunkel, doch zum Glück stand die Seitenpforte offen, so dass er aufatmend ins Freie gelangte.
    Die dünne Sichel des Mondes hing am Abendhimmel, umgeben von unzähligen Sternen. Ein frischer Wind blies über die Piazza San Marco. Es war niemand mehr unterwegs. Wie spät mochte es sein? Wie zur Antwort dröhnten die Glocken von San Marco neun Mal. Francesco eilte durch die Gassen zum Turm von Rinaldo und seinen Töchtern. Sie befanden sich in ihrer Wirtschaft, die sie kürzlich wiedereröffnet hatten. Pallina rümpfte die Nase bei seinem Anblick und brachte ihm eine Waschschüssel, Handtuch und Seife, die er hastig mit in sein Zimmer nahm. Mit frischer Kleidung angetan, kehrte er in die Wirtschaft zurück und berichtete den anderen, was sich ereignet hatte.
    |391| »Kann sich jemand von euch vorstellen, wo der Mönch Angelina hingebracht haben könnte?«, fragte er in die gespannten Gesichter um sich herum.
    »Ich weiß es nicht«, meinte Rinaldo. »Vielleicht kann Botticelli uns etwas sagen, er hat doch öfter mit Angelina gesprochen.«
    »Willst du nicht zu ihren Eltern gehen?«, drängte Pallina.
    Francesco hatte sich das selbst schon überlegt. Aber erstens würden sie keinerlei Verständnis für ihn aufbringen, nachdem er ihre Tochter in diese Lage gebracht hatte, und zweitens hatten sie nie genug am Leben Angelinas teilgenommen, um zu wissen, wo sie sich aufhalten könnte.
    »Ich werde zu Botticelli gehen«, erklärte er.
    Von den guten Wünschen der Familie begleitet, lief er zur Tür hinaus. Er rannte, so schnell er konnte. Die Straßen waren erfüllt von Menschen, die den Tod Savonarolas mit Freudenfeuern feierten oder ihn mehr oder weniger heimlich beweinten. In der Via Nuova pochte Francesco ungestüm an die Tür von Botticellis Werkstatt. Der Maler öffnete ihm selbst, er sah aus wie ein Häuflein Elend. Seine roten Haare standen wirr um den Kopf. Am Tisch, auf dem eine Karaffe mit rotem Wein und drei Becher standen, saßen Sonia und Lucas, die sich bei Francescos Eintreten erhoben. Er umarmte sie und fragte, wie sie hierhergekommen seien.
    »Vor einigen Tagen, als wir von Savonarolas bevorstehender Hinrichtung hören, haben wir unsere Zelte in Siena abgebrochen und sind hierher zurückgeeilt«, sagte Lucas.
    »Denn Florenz ist unsere Heimat«, setzte Sonia hinzu.
    »Aber wie siehst du denn aus? Hat dich jemand verletzt?«, wollte Lucas wissen.
    Francesco berichtete ihnen in aller Kürze, was geschehen war. Botticelli hörte kaum richtig hin. Er trauerte um Savonarola.
    »Wir müssen an die Lebenden denken, Sandro«, sagte Franceso eindringlich. »Kannst du dir einen Ort vorstellen, an den man Angelina gebracht haben könnte?«
    »Nein, mir fällt kein derartiger Ort ein«, sagte Botticelli müde.
    |392| »Kennst du dich denn nicht in den Kanälen aus?«
    »Nun, ich habe mich ehrlich gesagt dort unten noch nicht umgesehen.« Botticelli hüstelte. »Ich hatte es immer vor.«
    »Angelina hatte doch im Kloster Corona eine Äbtissin, mit der sie sehr vertraut war«, warf Sonia ein. »Vielleicht solltest du die einmal fragen.«
    Francesco sattelte sein Pferd, trabte durch die Stadt und galoppierte den Weg nach Fiesole hinauf. Als die Glocken die zwölfte Stunde schlugen, kam er vor dem Kloster an. Er hatte Glück, Mutter Elisa war noch wach.
    »Ja, ich erinnere mich«, sagte sie. »Angelina war sehr krank. Eines Tages ist sie entwichen und wurde in einem Weinkeller gefunden, in einem aufgelösten Zustand. Sie hat oft davon gesprochen, dass sie als Kind in einem solchen Keller gefangengehalten wurde.«
    »Wisst Ihr, wo sich dieser Keller befindet, ehrwürdige Mutter?«, fragte Francesco.
    »Ich führe Euch hin.«
    Mutter Elisa holte zwei Fackeln und schritt mit Francesco in die dunklen Weinberge hinein. Nach einiger Zeit bedeutete sie Francesco, anzuhalten.
    »Hier war es«, sagte sie. Sie näherten sich im Licht der Fackel einer hölzernen Tür. Sie war verschlossen. Von innen drang kein Laut nach draußen. Francesco ging näher heran, pochte an die Tür.
    »Angelina, bist du da drinnen? Um Himmels willen, gib ein Zeichen, dass du noch am Leben bist!«
    Alles blieb ruhig. Francesco nahm einen Anlauf und rammte mit seiner Schulter gegen die Tür.

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