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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Wahrscheinlich waren alle Mönche bei der Hinrichtung zugegen gewesen.
    »In die Kirche!«, raunte Francesco Angelina zu. Sie rannten zur Pforte und stellten fest, dass sie verschlossen war. Eine der Nebenpforten war angelehnt. Von hier aus gelangten sie in den Innenhof mit dem Kreuzgang und zur Kirche. In dem kahlen Raum mit den Fresken und dem Kruzifix herrschte ein düsteres Zwielicht. Die Brandspuren waren noch deutlich erkennbar.
    »Hier ist der Mönch auch damals verschwunden«, sagte Francesco leise.
    »Ja, durch die Kirchentür an der Seite«, bestätigte Angelina flüsternd. Sie durchschritten langsam die Kirche.
    »Hier führen Stufen hinunter«, bemerkte Francesco. »Da unten ist wahrscheinlich eine Krypta.«
    Die beiden stiegen hinab. Sie gelangten in eine Grabkammer, die von einer blakenden Fackel erleuchtet war. An einer Stelle in der Wand, etwas versteckt, gähnte ein Loch.
    |383| »Das muss ein Geheimgang zu den Kanälen sein«, sagte Francesco. »Botticelli hat mir einmal davon berichtet. Dort habe er Anregungen für seine religiösen Bilder erhalten. Aber ich wusste nie, ob sie nur in seiner Vorstellung bestanden oder ob es sie wirklich gibt.«
    »Lass uns hineingehen«, sagte Angelina.
    Francesco strich sich über das Kinn.
    »Ich weiß nicht, ob das nicht eine Falle ist …«
    »Aber wenn wir es nicht tun, werden wir das Rätsel niemals lösen!«, rief Angelina.
    »Dir zuliebe«, antwortete Francesco. »Aber bleib in meiner Nähe!« Er nahm die Fackel und ging Angelina voran in das Dunkel des Ganges. Der Gang war so hoch, dass sie aufrecht gehen konnten. Bald kamen sie an Nischen in der Wand vorbei, aus denen fahle Schädel und Gebeine schimmerten. Angelina schreckte zurück.
    »Das sind die Knochen der Mönche und Priester dieses Klosters«, erklärte Francesco.
    »Es tut mir leid, dass wir ihre Totenruhe stören«, murmelte Angelina.
    Ihre Knie wurden weich. Sie fühlte sich wie gelähmt, konnte keinen Fuß mehr vor den anderen setzen. Aber sie musste weitergehen, sonst war alles, was geschehen war, umsonst gewesen. Der muffige, feuchte Geruch der Wände machte ihr das Atmen schwer. In der Ferne war das Gluckern von Wasser zu hören. Von rechts und links mündeten immer neue Gänge in den Hauptgang, in dem sie sich befanden. Angelina spähte in einen dieser Gänge hinein. Sie meinte in der Ferne ein schwaches Licht glimmen zu sehen.
    »Wir sollten hier entlanggehen«, raunte sie Francesco zu.
    »Das ist bestimmt nur der Widerschein eines Totenschädels«, meinte er.
    Francesco blieb stehen, um eine neue Fackel an der alten anzuzünden. Angelina, in dem Glauben, er werde ihr gleich folgen, schlich sich vorsichtig in den Gang hinein. Das Licht kam immer näher. Angelina meinte Francescos Schritte hinter sich zu hören. |384| Ihre Augen waren auf den leuchtenden Punkt vor ihr gerichtet. Sie tastete sich im Dunkeln vorwärts, auf diesen Punkt zu. Dann erkannte sie ein Kohlebecken, das an der Wand angebracht war. Daneben stand ein Mensch, ein Mann in der Kleidung der Florentiner Kaufleute. Es war … sie strengte ihre Augen an … Tomasio! Im Schein der glühenden Kohlen sah Angelina das Zucken in seinen Augenwinkeln.
    »Wie kommt Ihr denn hierher?«, fragte sie erstaunt und etwas verlegen, da sie bei ihrer letzten Begegnung so wütend gewesen war. »Folgt Ihr mir nach? Ich danke Euch, doch ich brauche keinen Schutz mehr!«
    Es war Angelina, als hätte sie von weither ein Stöhnen vernommen. Sie wandte den Kopf. Wo blieb eigentlich Francesco?
    »Euer Freund wird gleich hier sein«, sagte Tomasio. »Aber ich möchte Euch vor ihm warnen!«
    »Vor Francesco? Warum in aller Welt wollt Ihr mich vor ihm warnen? Und wie seid Ihr eigentlich hierhergelangt?«
    »Auf dieselbe Art wie Ihr, Angelina. Ich war heute bei Sandro Botticelli, und er bat mich, etwas für ihn aus einem Versteck zu holen, das er sich hier unten eingerichtet hat.«
    Angelina blickte sich abermals nach Francesco um. Doch der Gang blieb dunkel und still. Ob er sich aus dem Staub gemacht hatte? Warum hätte er das tun sollen? Vielleicht hatte er Angst bekommen. Tomasio winkte sie näher zu sich heran.
    »Im nächsten Gang ist eine Kammer, in der sich Botticelli öfter aufgehalten hat«, sagte er. Sein Augenlid zuckte. »Passt auf, so etwas habt Ihr noch nicht gesehen.«
    Tomasio entzündete eine Fackel an der Glut des Beckens und ging Angelina voran. Sollte sie fliehen? Die Dunkelheit des Ganges hinter ihr ließ sie zurückschrecken. Und

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