Die Hure Und Der Moench
nach den Vorräten um. In einem Tontopf entdeckte sie ein großes Bruststück vom Rind. Sie stellte einen Topf auf den Herd, erhitzte Olivenöl darin und briet das Fleisch rundherum an. Derweil wies sie die beiden Mädchen an, Karotten, Zwiebeln und Sellerie kleinzuhacken. Angelina nahm das Fleisch heraus und stellte es beiseite. Sie dünstete das Gemüse an und tat Schinken, Wacholderbeeren, Pfefferkörner und Lorbeerblätter dazu. Weil keine frischen oder getrockneten Weintrauben vorhanden waren, goss sie Wein und Brühe von der Suppe dazu. Damit es langsam köcheln konnte, nahm sie etwas von der Glut des Ofens weg. Während das Fleisch schmorte, ging Angelina in das Turmzimmer hinüber, fegte es aus und bat Gratiosa, frische Binsen zu besorgen. In der Küche scheuerte sie Pfannen und Töpfe. Gegen Mittag trafen die ersten Gäste zum Essen ein, Handwerker und Bürger, denen man ansah, dass sie dem Essen zugetan waren. Angelina stand der Schweiß auf der Stirn. Hatte sie auch alles richtig gemacht? Sie schnitt das Fleisch, das jetzt so zart war, dass es vom Messer fiel, in dünne Scheiben, gab Butter zum Gemüse, würzte mit Salz, Zitronensaft und Zimt und richtete alles auf einer Platte an. Pallina trug die Platte hocherhobenen Hauptes in die Schankstube. Gleich darauf erschien sie wieder und verlangte eine neue Platte. Innerhalb einer halben Stunde war das
Stracotto
ausverkauft, und die später Gekommenen mussten sich mit Rindssuppe und Stockfisch begnügen. Pallina erschien abermals in der Küche, in der Angelina damit beschäftigt war, die Reste aus dem Topf auf vier Teller für sie und die Mädchen zu verteilen.
»Die Männer wünschen die Köchin zu sehen, die so wundervoll kochen kann!«, sagte Pallina.
|203| »Fangt schon an zu essen, aber lasst mir etwas übrig«, scherzte Angelina und begab sich in den Gastraum. Erwartungsvolle Augen blickten ihr entgegen.
»Ihr kocht aber vorzüglich«, sagte ein bärtiger Mann im Gewand eines Gerbers. »Wo habt Ihr das gelernt?«
»Bei meiner Mutter«, entgegnete Angelina.
»Diese Köchin wird gewiss noch andere Vorzüge haben«, rief ein anderer.
Alle lachten. Angelina staunte über sich selbst, dass sie nicht rot wurde.
»Diese Vorzüge werden aber nicht an jedermann vergeben«, sagte sie ruhig, »genauso wenig wie meine Kochkünste.«
»Hört, hört«, ertönte es von allen Seiten.
»Schlagfertig ist sie auch noch, die Kleine«, meinte der Gerber und wandte sich an seinen Nachbarn. »Hier werden wir jetzt öfter zum Essen herkommen, nicht wahr, Giovanni?«
»Genau, wir werden es weitersagen«, äußerte sich der Angesprochene.
Angelina nutzte die Gelegenheit, um in die Küche zurückzukehren und mit den anderen zu essen. Die Gaststube leerte sich, am Nachmittag würden nur Vorübergehende nach Wein oder Bier verlangen. Die Mädchen spülten das Geschirr und räumten auf. Gerade als Angelina sich in das Turmzimmer zurückziehen wollte, tauchte Rinaldo auf. Er brachte zusammen mit den Mädchen die Lebensmittel in die Küche.
»Das Fleisch und die Butter in den Keller«, bedeutete er Verena. »Was wollt Ihr für heute Abend zubereiten, Angelina?«, fragte er. »Ich habe unterwegs schon gehört, wie gut den Gästen das Essen geschmeckt hat.«
»Nackte Ravioli und Brotsalat«, gab Angelina zur Antwort. Bis zum Abend war sie mit der Zubereitung beschäftigt. Sie bereitete einen dünnen Teig, rollte ihn aus und schnitt Vierecke, die sie mit gehacktem Spinat, Ricotta und verschlagenen Eiern belegte. Eine Prise Muskat rundete den Geschmack ab. Die Ränder der Teigtaschen |204| verklebte sie mit Eiweiß. Für den Brotsalat nahm sie alte Brotreste, weichte sie ein, vermischte alles mit gekochten Möhren, roten Zwiebeln, Essig und Olivenöl. Gegen Abend war die Gaststube voll, der Lärm drang bis zu Angelina in die Küche. Gratiosa und Verena halfen ihr nach Kräften, denn es wurde immer mehr von den Speisen verlangt. Pallina eilte mit Schüsseln und Platten zwischen Küche und Gaststube hin und her. Rinaldo, der auch mit dem Ausschenken kaum nachkam, zeigte sich zwischendurch bei den Frauen.
»Es sind zwei Gäste da, ein Mann und eine Frau, die Euch zu sprechen wünschen«, sagte er zu Angelina. Wer mochte das sein? Sie drückte Gratiosa ihr Messer in die Hand, wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und ging nach vorne in die Gaststube. In einem Winkel saßen zwei vertraute Gestalten, die ihr zuwinkten. Es waren Lucas und Sonia.
»Du hast dich hier aber gut
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