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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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eintreten will.«
    Sie hörte, wie der Priester hart die Luft ausstieß. »In welches Kloster willst du eintreten?«, fragte er.
    »In das Kloster Corona della Santa Maria bei Fiesole«, sagte Angelina.
    »Damit hast du wohlgetan«, beschied der Priester. »Aber sag mir, wie du darauf kommst, dass du in deiner Kindheit gesündigt hättest.«
    »Durch meine Träume, hochwürdiger Herr Pater«, antwortete sie. Es war ihr, als hielte sie ihm ihr Herz entgegen, und er würde es durchbohren.
    »Träume sind durchaus dazu geeignet, uns unsere Sünden vor Augen zu führen«, antwortete der Priester. »Sag mir, was du in deinen Träumen gesehen hast. Aber verschweige mir nichts, ich warne dich!«
    Angelina fühlte sich eigenartig erregt.
    |234| »Ich befand mich in einer Höhle oder einem Keller und konnte nicht hinaus«, sagte sie. »Es war dunkel und ich hatte Angst vor dem Tod. Wenn meine Hände die Wände berührten, griffen sie in etwas Feuchtes. Auch der Boden war feucht.«
    »Wonach roch dieses Feuchte?«
    Angelina dachte angestrengt nach. Es bereitete ihr fast körperliche Schmerzen, daran zu denken. Sie verstummte, weil eine schwarz verschleierte alte Frau an ihnen vorüber zum Altar ging, um zu beten.
    »Es roch nach Regenwasser.«
    »Konntest du noch etwa anderes riechen?«
    Angelina erschrak bis in die Zehenspitzen. Was wollte der Priester damit andeuten? Sie versuchte sich zu erinnern.
    »Es roch auch nach Feuer«, sagte sie kaum hörbar.
    »Was hast du gesehen?«
    Angelina begann zu zittern.
    »Sag, was du gesehen hast!«
    »Ich sah einen Toten.«
    »Wer war es?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du hast möglicherweise ein Verbrechen begangen«, sagte der Priester, »oder warst Zeuge eines solchen. Die bösen Geister lassen dich nicht mehr los. Aber du warst noch ein Kind.«
    Angelina brach am ganzen Körper der Schweiß aus. »Können Kinder keine Sünden begehen?«, fragte sie.
    »Oh doch, das können sie. Bereust du deine Tat?«
    »Was auch immer ich getan habe, ich bereue es von Herzen«, sagte Angelina.
    »Wenn du also bereust, werde ich dir die Absolution erteilen. Dir wird aber eine Buße auferlegt. Du wirst in dieses Kloster bei Fiesole eintreten und täglich ein Bußgebet für deine Sünden sprechen. Jeden Monat erwarte ich dich einmal zur Beichte.«
    Angelina neigte den Kopf tiefer und sprach die ihr wohlbekannten Worte:
    |235| »Ich bereue, dass ich Böses getan und Gutes unterlassen habe. Erbarme dich meiner, o Herr. Amen.« Dieses Sühnegebet erleichterte sie nicht. Es war, als ob es alles nur noch schlimmer machte.
    »Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden. Durch den Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden. So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.«
    Angelina fühlte sich wie ausgelaugt. Was war das für ein Geheimnis, und warum schien dieser Priester es zu kennen? Sie fürchtete ihn, und trotzdem zog es sie mit aller Macht zu ihm hin. Irgendetwas band sie wie mit unsichtbaren Fäden an diesen Mann. Und sie hatte noch nicht einmal sein Gesicht gesehen. Wie der Mann in ihren Träumen! Als er den Beichtstuhl verließ, hastete sie mit aller Macht hinter ihm her, um einen Blick auf ihn zu erhaschen, doch er war schon zu weit fort. Angelina wandte sich steifbeinig dem Ausgang der Kirche zu.
     
    Sie verließ die Stadt durch die Porta San Niccolo. Es war, als würde ihr bisheriges Leben vollkommen von ihr abgestreift. Nein, sie hatte das nicht gewollt, sie hatte weder den Tod Fredis noch den von Matteo gewollt noch den von Eleonore. Aber sie trug eine Schuld daran, wusste nur nicht, welche. Wie kam dieser Mann, der sich als Priester ausgegeben hatte, dazu, etwas über ihre Kindheit wissen zu wollen? War es damals wirklich um einen Mord gegangen?
    Sie wusste es nicht, konnte sich an nichts erinnern. Ihre einzige Antwort darauf konnte sein, sich selbst aus dem Spielkreis der Figuren zu entfernen. Ihre Augen waren auf den Weg gerichtet, der sich zwischen Weinbergen hinzog. In den Tälern flossen Bäche. Das Spätherbstwetter ließ die Landschaft noch einmal aufleuchten, aber Angelina hatte keinen Blick dafür. Musste sie nicht auch an sich selber denken? Hatte sie nicht alles verloren, was ein Mensch nur |236| verlieren konnte? Sie hoffte, in dem Kloster Aufnahme zu finden, denn sie hatte keine Kraft

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