Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Mädchen, das bei uns gearbeitet hat und von der mein Weib behauptet, sie hätte gestohlen?«, wollte Mindermann am Ende des Berichts wissen.
»Genau die.«
Constantin Mindermann war überrascht. »Dann schulde ich euch beiden mein Leben. Und …« Er nahm den Becher Wein entgegen, den der Bürgermeister ihm hinhielt. »Hab Dank«, sagte er und wendete sich wieder Laurenz zu. »Und ich muss wissen, wer dieser Mann ist, der mir nach dem Leben trachtet und mir so eine niederträchtige Lüge unterstellt.«
»Sein Name ist Ludwig Hastedt. Lena kennt ihn und weiß, wo wir ihn finden. Aber dazu müssen wir wieder nach Hoya.«
»Auf was warten wir dann noch?«, wollte Mindermann von Doneldey wissen.
»Gemach, mein Freund. Wir brechen morgen früh auf. Doch zuvor müssen wir die anderen überzeugen.«
Mindermann nickte finster.
Als sich die übrigen Herren schließlich eingefunden hatten, musste Laurenz die Geschichte ein drittes Mal erzählen, aber er wurde nicht müde dabei. Doneldey und Dettenhausen waren freudig überrascht, Erich von Geestemünd hingegen schien nicht überzeugt.
»Wer sagt, dass es nicht alles erstunken und erlogen ist und diese Leute, ein Büttel, der seine Stadt in größter Not im Stich lässt, und eine Hure, uns nicht in eine Falle bugsieren?«
Die Männer debattierten, bis die Talglichter heruntergebrannt waren und ein müder Diener neue aufstellte, doch dann wurden sie sich einig. Ein Ratsherr und der Vogt würden in der Stadt bleiben und der Bürgermeister mit den Übrigen und einer kleinen Truppe Soldaten nach Hoya aufbrechen. Niemand durfte ein Wort über die Sache verlieren, bis sich alles aufgeklärt hatte.
Nachdem die Versammlung sich aufgelöst hatte, wollte auch Mindermann nach Hause, doch Laurenz hielt ihn davon ab.
»Eure Frau steckt mit in der Geschichte, und niemand weiß, dass Ihr frei seid. Bleibt lieber hier und regelt das mit ihr, wenn wir zurück sind.«
Widerwillig gab sich Mindermann geschlagen, und so brachen sie am nächsten Morgen in Richtung Hoya auf.
* * *
Nachdem auch die letzten Gäste abgereist und die Burg wieder in Ordnung gebracht war, atmete man dort sichtlich auf. Lena jedoch hatte nur noch eine Sache im Kopf, seit Laurenz fort war. Sie hoffte, dass er unversehrt Bremen erreicht hatte und es rechtzeitig schaffen würde, den Ratsherrn zu warnen. Mehrmals am Tag hielt sie Ausschau, doch Laurenz war nicht zu sehen.
Wenn er zurückkäme, mussten sie versuchen, Hastedt gefangen zu nehmen und notfalls aus ihm herauszuprügeln, wo er Veronika versteckt hielt. Wenn erst ihre Tochter wieder bei ihr war, konnte Laurenz mit dem Mann verfahren, wie er wollte. Später würde sie mit ihrer Familie erst einmal auf das kleine Stück Land ziehen, das Thomas’ Schwester gehörte. Vielleicht würde Thomas Lenas Mutter dort heiraten. Alles Weitere würde sich dann finden. So weit ging ihr Plan, und es klang so einfach, doch das war es nicht. Zu viele Hindernisse lagen auf ihrem Weg.
Einen Tag, nachdem sie Thomas gebeten hatte, Laurenz zu befreien, hatte er die frohe Nachricht gebracht, dass er das kleine Holzpferd an einen Hauptmann verkaufen konnte. Er hatte einen guten Preis bezahlt, und Thomas konnte von dem Geld die Wachmänner bestechen und Laurenz befreien. Es war sogar noch etwas Geld übrig, das er Lena geben wollte, doch sie hatte abgelehnt. Er sollte es als Mitgift für ihre Mutter betrachten, mit der er sich inzwischen sehr regelmäßig traf.
Auch Kurt schien Thomas sehr zu mögen. Er besuchte ihn, während er Dienst auf dem Hof oder auf dem Wehrturm hatte. Thomas erklärte ihm dort sehr geduldig seine Aufgaben. Es waren gute Voraussetzungen für eine glücklichere Ehe als die vorherige, und Lena freute sich für die drei.
Sie selbst verbrachte jede freie Minute damit, Ludwig Hastedt zu beobachten. Doch außer dass er einen Hang zum Prahlen und zum Glücksspiel hatte, entdeckte sie nichts Neues. Er verließ die Burg nicht mehr, ritt nicht aus und schien sehr für sich zu sein. Seine einzige Begleitung war nach wie vor die Hübschlerin aus dem hiesigen Töchterhaus.
Einen Tag, nachdem Laurenz sich auf den Weg gemacht hatte, wurden mehrere Gefangene krank. Sie litten an Übelkeit und Erbrechen. Als am Abend bereits ein Drittel der Gefangenen die gleichen Leiden zeigten, wurde es zur Gewissheit. Die Ruhr war in der Burg ausgebrochen. Niemand außer einigen Priestern, die ihnen das Essen brachten, durfte mehr in den Kerker hinab. Auch drei Wachtmeister
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