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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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steckten sich an. Sie wurden außerhalb der Burg untergebracht.
    Täglich starben tapfere Männer, und die Krankheit breitete sich immer weiter aus. Die Menschen auf der Burg wurden von Panik ergriffen, und man tat alles, um die Seuche einzudämmen, denn immerhin waren die Gefangenen das Kapital des Grafen. Auf Anraten der Kirchenmänner, der Bader und Ärzte wurden die Gesunden von den Kranken getrennt. Das Wasser in der gesamten Burg wurde mehrmals täglich ausgetauscht und abgekocht, das alte Wasser wurde weit weserabwärts entsorgt. Die Gefangenen bekamen frisches Stroh, und das alte verbrannte man einfach mit den Leichen der Verstorbenen. Doch das alles schien zumindest in den ersten drei Tagen nichts zu nützen, denn immer neue Männer erkrankten.
    Lena befürchtete ernsthaft, dass Laurenz sich noch angesteckt haben konnte. Die Warterei auf seine Rückkehr wurde zu einer zermürbenden Geduldsprobe, zumal jeder jeden argwöhnisch beäugte, wenn man einmal öfter als gewöhnlich den Abtritt aufsuchte.
    Lena zählte die Tage, hielt Augen und Ohren offen. Dabei erfuhr sie erst sehr spät, dass am Tag nach Laurenz’ Flucht eine Abordnung der Bremer beim Grafen gewesen war. Doch sie sollten noch am selben Tag unverrichteter Dinge wieder abgereist sein. Sicher hatte Hastedt seinen Plan bei der Gelegenheit in die Tat umgesetzt.
    Lena hatte die Bremer nicht gesehen, da sie sich mit dem Grafen wegen der Ruhr vor der Burg getroffen und über die Gefangenen verhandelt hatten. Sie erfuhr außerdem durch eine Unterhaltung der Diener, dass seit ihrer Ankunft in Hoya schon dreimal eine Abordnung vor der Burg gewesen war, doch die ersten beiden Male wurde sie vom Grafen gar nicht erst empfangen. Es hieß, dass der Graf ein fuchsiger Taktiker sei, der wusste, wie man den Preis in die Höhe trieb. Ob Mindermann bei einer der Abordnungen gewesen war, konnte Lena nicht in Erfahrung bringen.
    Während des Tages stürzte sie sich in die Arbeit, um nicht an ihre Tochter oder Laurenz denken zu müssen. Sie verrichtete ihre Aufgaben so gut, dass Frau Gudrun sie eines Abends ansprach.
    »Du bist wirklich ein sehr tüchtiges Mädchen. Darum möchte ich dir anbieten, hier im Hause des Grafen zu bleiben. Wir würden dir einen guten Mann an die Seite stellen, vielleicht einen Knecht oder sogar einen Diener.«
    Lena ließ sich nicht anmerken, wie überrascht sie war. »Ich danke für dieses Angebot, aber ich möchte eines Tages mit meiner Mutter fortgehen. Ich bin nicht für ein Leben auf einer Burg geschaffen.«
    »Was für ein Leben wird das sein? Du hast hier die Möglichkeit, dir einen Mann auszusuchen. Abseits der Burg musst du nehmen, was man dir zuweisen wird. Ob es ein Greis oder ein Junker wird, ist, gelinde ausgedrückt, Glückssache.«
    »Ich weiß darum, und dennoch, ich kann hier nicht leben.«
    »Viele Mädchen wären froh, wenn man ihnen ein solches Angebot unterbreiten würde.« Ihre Stimme bekam einen beleidigten Unterton.
    »Auch das weiß ich. Nehmt Mariechen. Sie ist fleißig und liebt das Leben hier. Die Feste, die Soldaten und alles drum herum.«
    Mariechen war eine nette Küchenmagd, die gut zupacken konnte und immer fröhlich schien. Sie war im gleichen Alter wie Lena, himmelte die Soldaten an und würde sich alle Finger nach einem Leben auf der Burg lecken.
    »Wie du meinst.« Damit drehte sich Frau Gudrun pikiert um und ließ Lena stehen. Ein komisches Gefühl beschlich sie, doch sie konnte nicht sagen, woher es kam. Vielleicht war es ihre Angst, dass man sie für die Ablehnung bestrafen würde, vielleicht auch Angst, dass man sie sogar zwingen würde, hierzubleiben. Energisch fegte sie die letzten Blätter zusammen.
    »Was wollte Frau Gudrun?«, fragte Judith, als sie mit einem Eimer Wasser vom Brunnen kam.
    »Mich hierbehalten, weil ich so fleißig bin, wie sie sagt. Aber ich habe abgelehnt.«
    »Dann hoffen wir, dass sie es dir nicht verübelt.«
    »Ja, das hoffe ich auch. Ihr Tonfall war jedenfalls am Ende nicht sehr gnädig.« Lena seufzte und stellte ihr Kehrblech in die Ecke neben der Treppe. »Und wie steht es mit dir und Thomas?«
    Das Gesicht ihrer Mutter begann jedes Mal zu strahlen, wenn sein Name fiel. »Er ist ein wirklich liebenswürdiger Mann. Heute hat er um meine Hand angehalten.«
    Lena machte große Augen. »Na, ihr habt es aber eilig.« Sie zwinkerte. »Du hast ihm doch sicher schon geantwortet?«
    »Ja, das habe ich. Allerdings wird dir sicher nicht gefallen, was ich dir jetzt zu sagen

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