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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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habe.«
    »Was ist es?« Lena konnte sich nichts Schlimmes an dem Antrag vorstellen.
    »Er fragte mich, ob wir im Haus seiner Schwester leben wollen oder hier, und ich habe mich, auch wegen deiner Brüder, für die Burg entschieden. Hier habe ich die Hoffnung, dass ich eines Tages von ihnen hören werde.«
    »Ich würde genauso handeln wie du.«
    »Dein Verständnis ist mir sehr wichtig, Lena. Leider weißt du, wie es ist, wenn man sein Kind vermisst.«
    Lena senkte traurig den Kopf. »Ja, das weiß ich. Ich glaube allerdings inzwischen, dass sie mich nicht mehr erkennt, wenn ich sie wiederfinde.«
    Judith stellte den Wassereimer ab und nahm ihre Tochter in den Arm. »Sag so etwas nicht. Es dauert vielleicht noch, bis du sie findest, und sie muss dich vielleicht erst wiedererkennen, aber ein Kind vergisst die Mutter nicht so schnell.«
    Lena nickte, denn der Kloß in ihrem Hals hinderte sie am Sprechen.
    »Ich bin mir ganz sicher, dass er sie zu irgendjemand gebracht hat, der auf sie aufpasst, während er hier ist. Im schlimmsten Fall hat er sie verkauft oder einfach irgendwo ausgesetzt.«
    »Oh Mutter, ich hoffe, dass sie noch am Leben ist. Nur weiß ich nicht, wie ich ihn dazu bringen kann, mir zu sagen, wo.«
    »Es wird sich eine Gelegenheit bieten. Vertrau auf die Heilige Jungfrau.«
    Lena wollte tun, was die Mutter ihr riet, und betete lange ein stummes Gebet. Vielleicht würde es helfen.
    Am Abend schlich sie erneut zur Kammer von Ludwig Hastedt, doch hinter der Tür war alles still. Vielleicht waren er und die Frau unten in der Halle. Sollte sie es wagen, in seine Kammer zu gehen? Zaghaft klopfte sie, doch nichts rührte sich. Da niemand auf dem Gang zu sehen war, öffnete sie die Tür, die widerstandslos aufsprang.
    Die Kammer war aufgeräumt, das Bett gemacht, die Kleider lagen zusammengefaltet auf einem Hocker. In der Ecke stand eine Truhe, daneben lag ein Tuchbeutel. Lena vergewisserte sich noch einmal mit einem Blick nach draußen, dass niemand kam, dann trat sie ein und schloss die Tür hinter sich. Ihr Herz klopfte wild in ihrer Brust, als sie die Taschen der Uniform durchsuchte.
    Außer einem Schriftstück förderte sie nichts Aufschlussreiches zutage. Lena verfluchte sich, dass sie nicht besser lesen konnte, aber sie erkannte die Unterschrift von Constantin Mindermann. War dies etwa das Schreiben, das Hastedt vom Schreiber hatte aufsetzen lassen? Vielleicht hatte dieser Hastedt genau wie sie erst spät erfahren, dass die Bremer Abordnung bereits da war, und es noch nicht übergeben können. Sie überlegte, ob sie das Schreiben einfach mitnehmen sollte, aber dann würde der Beweis, dass Hastedt im Besitz dieses Schreibens war, am Ende fehlen, und so schob sie es in die Tasche zurück.
    Plötzlich hörte sie Schritte und Stimmen auf dem Gang. Ihr Herz drohte stehen zu bleiben. Panisch kroch sie unter das Bett, dem einzigen Versteck, das sich hier bot. Sie rechnete jeden Augenblick damit, dass sich die Tür öffnete, doch die Schritte entfernten sich langsam, und die Stimmen verstummten. Zitternd kroch Lena wieder unter dem Bett hervor und wischte sich den Staub vom Kleid. Schnell untersuchte sie den Tuchbeutel, doch dieser gehörte offenbar der Hübschlerin.
    In der Truhe machte Lena einen interessanten Fund: ein kleiner Lederbeutel, der offenbar ein wenig getrocknete Wolfswurz enthielt. Was wollte er damit – noch jemanden töten? Lena konnte nicht riskieren, länger hier zu verweilen, und schlich wieder nach draußen. Gerade als sie die Tür leise hinter sich zugezogen hatte, hörte sie ein Rascheln. Es kam aus der Nische, in der sie sich beim letzten Mal versteckt hatte. Die Nische lag im Dunkeln, und sie konnte nicht sehen, ob sich dort jemand versteckte. Sie wollte nachsehen, doch am anderen Ende des Korridors öffnete sich eine Tür, und Stimmen wurden laut. Lena machte, dass sie fortkam, und eilte die Treppe hinunter.
    In den beiden folgenden Tagen gab es keine neuen Erkrankungen, und man atmete langsam auf. Vielleicht hatten sie die Krankheit endlich im Griff. Siebzehn Männer, zwei Kinder und eine Frau hatte sie das Leben gekostet, und es hätte noch weitaus schlimmer kommen können. Trotzdem machte man keine großen Jubelsprünge, denn die, die noch an der Krankheit litten, waren noch nicht über den Berg.
    Lena widmete sich der Arbeit und wartete immerzu auf die Ankunft einer Abordnung. Falls Laurenz es überhaupt geschafft hatte, sich nach Bremen durchzuschlagen, und falls man ihm

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